• Die Bahn-Trasse zwischen Hamburg und Berlin wird ab August saniert. Für Pendler im Norden von Sachsen-Anhalt dauert es länger – oder wird teurer.
  • Sachsen-Anhalts Verkehrsministerin spricht von einer "echten Herausforderung" – und sieht Bund und Bahn in der Pflicht.
  • Der Fahrgastverband Pro Bahn ist verärgert – und will, dass auch im ICE Tickets für den Nahverkehr anerkannt werden.

Jette Niemeyer aus Salzwedel graut es schon vor dem nächsten Berufsschul-Unterricht in Magdeburg. Wie sie es machen wird, wenn kein Regionalzug mehr auf der Strecke bis Stendal fährt, weiß die angehende Immobilienkauffrau noch nicht. Denn Busse brauchen deutlich länger. "Ich sträube mich davor so ein bisschen, weil ich Angst habe, dass ich da wirklich sehr früh los muss und dann doch vielleicht in diesem Wohnheim wohnen muss. Ich kaufe mir auch kein Auto deswegen."

Jette nutzt das Deutschlandticket. In den ICE zu steigen, wäre zwar möglich, aber ihr definitiv zu teuer. Und damit steht die junge Frau vor dem gleichen Problem wie viele Pendlerinnen und Pendler im Norden Sachsen-Anhalts, wenn die Trasse Hamburg-Berlin bis Ende April 2026 generalsaniert wird.

Landrat: "Wir wollen alle ordentliche Verbindungen haben"

Natürlich sei das eine große Einschränkung, sagt Landrat Steve Kanitz (SPD), aber: "Wir wollen alle ordentliche Verbindungen haben. Das gilt für Straßen wie für Schienen. Und natürlich müssen die auch mal gebaut werden. Das Grundübel ist ja im Grunde, dass die Hamburg-Amerika-Linie noch nicht zweigleisig ausgebaut ist. Wenn sie das wäre, hätten wir das Problem ja nicht."

Weil der Bahnverkehr auf dieser Strecke eben nur auf einem Gleis verläuft, ist da ab dem 1. August bloß für den Fernverkehr Platz.

Bus statt Bahn – oder im teuren ICE

Jetzt räche sich der schleppende Ausbau der Bahn – und nicht nur dort, sagt Sachsen-Anhalts Verkehrs- und Infrastrukturministerin Lydia Hüskens. Weil sie Umleitungsverkehr kaum aufnehmen können und deshalb Busse eingesetzt werden müssen. "Von daher ist das eine Phase, die für jeden Pendler eine echte Herausforderung ist", sagt die FDP-Politikerin. "Und wir können als Landesverkehrsminister hier gerade alles geben, um auf den Bund einerseits und die Bahn andererseits einzuwirken, um das Angebot so gut wie möglich zu machen. Ich habe ein bisschen Zweifel daran, dass es dann in der Realisierung wirklich so wird."

Durch die Umleitung des Fernverkehrs gibt es zwar deutlich mehr ICE-Halte in Salzwedel und Stendal – das Deutschlandticket aber wird in den schnellen Zügen nicht akzeptiert. Eine Ausnahme für die von der Trassensanierung besonders betroffenen Altmärker sei trotz aller Bemühungen nicht möglich gewesen, heißt es.

Pro Bahn: Fahrgäste in Salzwedel werden im Stich gelassen

Ein Unding, findet Tom Bruchholz vom Fahrgastverband Pro Bahn. Dass Fahrgäste, die dort täglich pendeln müssten zur Arbeit im Regionalverkehr, so im Stich gelassen würden, das gehe überhaupt nicht, schimpft er. "Da muss die Deutsche Bahn Kulanz zeigen, da müssen die Nahverkehrstickets anerkannt werden – egal, ob das das Deutschlandticket oder eine andere Schülerfahrkarte oder was auch immer ist. Es kann nicht sein, dass die Kunden sozusagen für die Versäumnisse der Bahn bezahlen müssen, indem sie teilweise doppelt so lange Fahrzeiten in Kauf nehmen müssen."

Er befürchtet, viele Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV zu verlieren und den Erfolg des Deutschlandtickets einzubüßen, weil unter diesen Umständen dann doch wieder das eigene Auto genutzt werden wird.

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