Inhalt des Artikels:

  • Bezahlkarte häufig nur in Erstaufnahmeeinrichtungen
  • Sachsen-Anhalt hat Bezahlkarte flächendeckend eingeführt
  • Thüringen führt flächendeckende Karte ab dem Sommer ein
  • Sachsen: Einheitliche Karte für Städte verpflichtend
  • Merz: Bundesweite Bezahlkarte soll kommen
  • Kritik: Bezahlkarte als Diskriminierungsinstrument

Mehr als anderthalb Jahre nach dem die Bundesländer die Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge beschlossen haben, wird sie trotzdem nicht deutschlandweit genutzt. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes unter den zuständigen Landesministerien ergab, ist die Karte längst nicht in allen Kommunen verfügbar – auch wenn sie inzwischen alle Länder außer Berlin eingeführt haben.

Teilweise sind technische Probleme der Grund, andernorts sperren sich auch Kommunen gegen das Bezahlsystem. Insbesondere in den Flächenländern kommt die Karte den Angaben zufolge aktuell vor allem in den Erstaufnahmeeinrichtungen zum Einsatz.

Bezahlkarte häufig nur in Erstaufnahmeeinrichtungen

Die Ersteinrichtungen werden von den Ländern getragen, während die Unterbringung anerkannter Flüchtlinge die Kommunen verantworten. So erhalten unter anderem in Rheinland-Pfalz bisher nur neu ankommende Asylbewerber die Karte. Das zuständige Ministerium in Schleswig-Holstein teilte mit, dass das Fehlen zuverlässig funktionierender Software-Schnittstellen die Verbreitung in die Kommunen hinein bislang verhindert habe. Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es die Karte bislang nur in den Landesaufnahmeeinrichtungen.

In Niedersachsen wehren sich Städte wegen befürchteten Mehraufwands gegen die Karte. Osnabrück prüft eine Klage vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof. Bayern meldet eine flächendeckende Einführung.

Was die Bezahlkarte bringen soll

Die Bundesländer hatten sich im Herbst 2023 auf die Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge geeinigt. Asylbewerber erhalten mit der Bezahlkarte einen großen Teil der staatlichen Leistungen zum Lebensunterhalt als Guthaben über die Karte und dafür weniger Bargeld. So soll unter anderem verhindert werden, dass Migranten Geld an Schlepper oder an Familie und Freunde im Ausland überweisen.

Sachsen-Anhalt hat Bezahlkarte flächendeckend eingeführt

In Sachsen-Anhalt ist die Einführung der Bezahlkarte nahezu abgeschlossen. Das teilte das Innenministerium in Magdeburg mit. Insgesamt seien bisher rund 8.500 Karten ausgegeben worden.

Vor allem durch den Wegfall der monatlichen Bargeldzahlungen helfe die Karte den Verwaltungsaufwand und die Arbeitsbelastung vor Ort zu reduzieren, hieß es. Dies hätten auch die Erfahrungen im Rahmen eines Pilotprojekts in Magdeburg gezeigt, das im März 2024 begonnen worden war.

Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) sieht die Einführung der Bezahlkarte als "klares Zeichen für mehr Steuerung und Ordnung in der Migrationspolitik". Sie trage dazu bei, Fehlanreize zu vermeiden und die Verwendung von staatlichen Leistungen transparenter zu gestalten.

Thüringen führt flächendeckende Karte ab dem Sommer ein

In Thüringen wird es ab dem Sommer eine landeseinheitliche Bezahlkarte für Asylbewerber geben. Landesregierung und Kommunen unterzeichneten dazu eine Rahmenvereinbarung. Dafür sind nach Angaben des Justizministeriums rund 120.000 Euro im aktuellen Landeshaushalt vorgesehen. In der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl haben bereits die ersten Geflüchteten die einheitliche Bezahlkarte erhalten.

Doch auch mit der Rahmenvereinbarung können die Landkreise und kreisfreien Städte am Ende selbst entscheiden, ob sie sich dem Modell anschließen oder einen eigenen Weg gehen. Es gibt keine Pflicht.

Das einheitliche Modell sieht den Angaben nach vor, dass Geflüchtete 50 Euro Bargeld monatlich abheben können. In begründeten Fällen kann davon aber auch abgewichen werden. Die Karte soll nur in der jeweiligen Region funktionieren. 

Fast alle Thüringer Landkreise hatten bereits eine Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt, es gibt aber derzeit unterschiedliche Modelle im Freistaat. Einige kreisfreie Städte haben bisher noch keine Bezahlkarte.

Sachsen: Einheitliche Karte für Städte verpflichtend

In Sachsen gibt es seit Beginn des Jahres eine einheitliche Karte für Asylbewerber, die in den Erstaufnahmeeinrichtungen ausgegeben wird und die auch danach weiter genutzt werden kann. Wie die Zeitung "Die Sächsische" berichtet, löst die Karte alle bisherigen Kartenmodelle ab, die zuvor in den sächsischen Landkreisen im Rahmen von Pilotprojekten eingeführt wurden. Außerdem sei sie künftig in den drei kreisfreien Städten Dresden, Leipzig und Chemnitz verpflichtend.

Wie bei den bisherigen Pilotprojekten können den Angaben zufolge mit der Karte pro Monat höchstens 50 Euro Bargeld abgehoben werden. Alle anderen Ausgaben müssten per Kartenzahlung getätigt werden. Neu sei, dass die 50-Euro-Höchstgrenze nun auch für Minderjährige gilt. Außerdem kann die neue Karte demnach künftig deutschlandweit für bargeldloses Bezahlen eingesetzt werden.

Merz: Bundesweite Bezahlkarte soll kommen

Bundeskanzler Friedrich Merz hält die Einführung einer bundeseinheitlichen Bezahlkarte nach eigenen Worten für überfällig. "Wir werden das in der Koalition noch mal auf den Prüfstand stellen und die Frage klären, ob wir da nicht zu einer einheitlichen Lösung kommen", kündigte der CDU-Politiker an. Er könne sich vorstellen, die Bezahlkarte über das Asylbewerberleistungsgesetz einheitlich für alle Bundesländer zu regeln.

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte erneut, die Bezahlkarte müsse in ganz Deutschland eingeführt werden.

Kritik: Bezahlkarte als Diskriminierungsinstrument

Kritik an der Bezahlkarte gibt es unter anderem vom Verein "Pro Asyl". Damit solle den Menschen das Leben schwer gemacht und sie abgeschreckt werden. Ohne die Möglichkeit, Überweisungen zu machen, würden Flüchtlinge aus dem Alltagsleben ausgegrenzt und hätten zum Beispiel Probleme einen Handyvertrag abzuschließen.

Auch, dass nur ein bestimmter Betrag Bargeld zur Verfügung steht, kritisiert der Verein. "Wer in Deutschland ohne Bargeld lebt und nur wenige Dinge in wenigen Läden kaufen kann, verliert an Selbstbestimmung", schreibt "Pro Asyl" auf seiner Website.

Darüber hinaus gebe es Probleme, weil die Karte nicht überall nutzbar sei. Das schränke die Freizügigkeit der Betroffenen ein, etwa wenn sie Freunde treffen oder einen weiter entfernten Facharzt besuchen wollten.

epd, dpa (akq)

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