Ein paar Tausend bis eine Million Euro: Was Hilfseinsätze der Bundeswehr kosten
Inhalt des Artikels:
- Jede CH53-Flugstunde muss bezahlt werden
- Es geht auch günstiger: Beispiel Helme-Hochwasser
- Bundeswehr hilft nach dem Prinzip der Subsidiarität
- Hilfszusagen nicht garantiert
Die Rechnung der Bundeswehr hat im Rathaus von Wernigerode Anfang dieses Jahres wohl einen Schock verursacht: Rund 1,3 Millionen Euro verlangt die Truppe für den mehrtägigen Einsatz eines großen CH53-Hubschraubers bei Löscharbeiten auf dem Brocken im Harz. Auf dem Berggipfel hatte es im September 2024 tagelang gebrannt. Und, wie häufig bei solchen katastrophalen Ereignissen, wurde die Bundeswehr um Hilfe gebeten.
Auch bei dem Waldbrand in der Gohrischheide in Sachsen war die Bundeswehr mit einem CH53-Hubschrauber im Einsatz. Beim zeitgleichen Waldbrand im ostthüringischen Gösselsdorf halfen hingegen ausschließlich Hubschrauber der Polizei bei den Löscharbeiten. Zwar stand die Bundeswehr nach eigenen Angaben für Amtshilfe bei der Waldbrand-Bekämpfung bereit. Sie wurde jedoch nicht angefordert.

Jede CH53-Flugstunde muss bezahlt werden
Die Bundeswehr-Hilfe ist nicht kostenlos. Wie viel ein solcher Hilfseinsatz kostet, ist allerdings von Fall zu Fall sehr unterschiedlich und hängt vom Charakter des Einsatzes ab. Wird etwa ein CH53-Löschhubschrauber angefordert, so muss laut Bundeswehr die anfordernde Behörde jede Flugstunde bezahlen.
Wie viel eine CH53-Flugstunde kostet, will die Bundeswehr nicht mitteilen. Man äußere sich nicht zu "einzelnen Aspekten der Kosten für Amtshilfe", sagte hierzu ein Sprecher des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr auf Anfrage von MDR Investigativ.
Es geht auch günstiger: Beispiel Helme-Hochwasser
Im Vergleich zur Millionen-Rechnung an die Stadt Wernigerode geht es aber auch deutlich günstiger. Beispiel: Helme-Hochwasser vom Jahreswechsel 2023/24.
Nach ergiebigen Regenfällen war vor anderthalb Jahren die Helme in Nordthüringen und im Süden Sachsen-Anhalts über die Ufer getreten und hatte vor allem im Landkreis Mansfeld-Südharz große Flächen überschwemmt.
Der Landkreis hatte die Bundeswehr um Hilfe gebeten, und die schickte gut 100 Soldaten und Soldatinnen vor allem aus Bad Frankenhauen und Erfurt, die beim Sichern von Deichen halfen. Der Landkreis und seine Einwohner seien sehr dankbar für die Hilfe der Bundeswehr, sagt Landrat André Schröder (CDU) im Gespräch mit dem MDR.

Einsatz als Ausbildungsmaßnahme deklariert
Für den Einsatz der Bundeswehr hat der Landkreis später eine Rechnung von der Truppe erhalten. Der darin geforderte Betrag lag "deutlich unter 10.000 Euro", sagt Schröder. Grund sei nach seiner Kenntnis, dass die Bundeswehr den Einsatz als Ausbildungsmaßnahme für die beteiligten Einheiten deklariert habe und deshalb nur Materialkosten in Rechnung gestellt habe.
Laut Schröder hat das Helme-Hochwasser Schäden und Kosten von 8,5 Millionen Euro verursacht. Da dürfte sich die Bundeswehr-Forderung verschwindend gering ausnehmen.
Ansprechpartner für die zivilen Behörden ist in Sachen Amtshilfe das jeweilige Landeskommando der Bundeswehr. Jedes dieser Landeskommandos - das für Thüringen hat seinen Sitz in der Henne-Kaserne in Erfurt - verfügt in allen Landkreisen seines Bundeslandes über sogenannte Kreisverbindungskommandos.
Das sind in der Regel Reserveoffiziere, die im Katastrophenfall aktiviert werden und dem örtlichen Krisenstab als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Über sie gelangen Hilfsanträge der zivilen Behörden über das Landeskommando zum Operativen Führungskommando der Bundeswehr in Schwielowsee. Das entscheidet dann letztlich, ob die Bundeswehr hilft, mit welchem Personal und welcher Technik.
Bundeswehr hilft nach dem Prinzip der Subsidiarität
Grundsätzlich gelte für Hilfseinsätze der Bundeswehr das Prinzip der Subsidiarität, erläutert Oberstleutnant Claus Richter vom Landeskommando Thüringen. Das bedeute: Die Bundeswehr komme nur dann zum Einsatz, wenn alle Möglichkeiten der zivilen Stellen erschöpft sind. Oder wenn nur die Bundeswehr über geeignete Technik verfügt. Das können zum Beispiel Berge- oder Pionierpanzer sein.
Zuletzt hatten das Versorgungsbataillon 131 aus Bad Frankenhausen und das Panzerpionierbataillon 701 aus Gera zwei solcher Panzer ins Waldbrand-Gebiet in der Gohrischheide geschickt, die in unwegsamem Gelände sogenannte Brandschneisen zogen - also mehrere Meter breite Streifen quasi rodeten, um eine weitere Ausbreitung des Feuers am Boden zu verhindern.

Eher ungewöhnlich war im Januar 2018 der Einsatz eines Marder-Schützenpanzers des Panzergrenadierbataillons 391 aus Bad Salzungen. Er wurde zur Bergung eines tödlich verunglückten Feuerwehrmanns eingesetzt, der nach dem Sturm "Friederike" in der Nähe von Bad Salzungen von einem umstürzenden Baum getroffen wurde.
Weil viele weitere umgestürzte Bäume den Zugang zum Unfallort für zivile Kräfte mit ihren Fahrzeugen unmöglich machten, rückte die Bundeswehr mit einem Schützenpanzer an. Der brach sich buchstäblich seinen Weg durch das Gestrüpp aus umgestürzten Bäumen und brachte einen Rettungstrupp sicher zur Unfallstelle.
Was diese und weitere Einsätze von Thüringer Bundeswehr-Soldaten und -Technik gekostet haben, darüber schweigt sich die Bundeswehr aus. Hauptmann Renzo Di Leo von der Panzergrenadierbrigade 37 - zu ihr gehören die Einheiten in Bad Frankenhausen und Bad Salzungen - verweist auf Anfragen dazu auf das Amtsgeheimnis und "Aspekte der militärischen Sicherheit".
Immerhin: Durch die Kreis- und Bezirksverbindungskommandos würden den Antragstellern schon frühzeitig Hinweise zu erwartbaren Kosten der gewünschten Amtshilfe gegeben.
Hilfszusagen nicht garantiert
Die neue sicherheitspolitische Lage seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine hat auch Folgen für die Hilfseinsätze der Bundeswehr. Dimensionen wie zu Zeiten des Flüchtlingszustroms im Jahr 2015 oder der Corona-Pandemie, als bundesweit zeitweise hunderte Soldaten und Soldatinnen in Flüchtlingsunterkünften oder Impfzentren aushalfen, dürfte es auf absehbare Zeit wohl nicht mehr geben.
Die Bundeswehr müsse sich wieder stärker auf ihre Kernaufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung konzentrieren, ist seit gut zwei Jahren immer wieder aus der Bundeswehr zu hören. Das könne dazu führen, so Landeskommando-Sprecher Richter, dass angeforderte Ressourcen "im Einzelfall nur eingeschränkt oder gar nicht zur Verfügung gestellt werden können".
MDR (dr)
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