Dauerstreit im Landtag: Wie wichtig ist eigentlich der Richterwahlausschuss?
Wird der neue Richterwahlausschuss des Landtags nun eigentlich gebraucht oder nicht? Bei dieser Frage gehen die Meinungen auseinander. Fakt ist, dass die Thüringer Verfassung ausdrücklich den Richterwahlausschuss als zu beteiligendes Gremium erwähnt.
In Artikel 89, Absatz 2 steht: "Über die vorläufige Anstellung der Richter entscheidet der Justizminister, über deren Berufung auf Lebenszeit entscheidet er mit Zustimmung des Richterwahlausschusses."
Das heißt: Richter können auf Probe eingestellt werden, ohne dass Justizministerin Beate Meißner (CDU) dabei den Richterwahlausschuss beteiligen muss. Bei der Anstellung auf Lebenszeit müsste die Ministerin aber das Votum des Gremiums einholen.

Auf Probezeit folgt Anstellung auf Lebenszeit
Anders bewerten Juristen des sogenannten Verfassungsblogs den Sachstand. Sie weisen darauf hin, dass Richter laut deutschem Richter-Gesetz nach einer fünfjährigen Probezeit ohnehin auf Lebenszeit angestellt werden müssen, egal, ob der Ausschuss seinen Segen gibt oder nicht.
Das Deutsche Richtergesetz sei höherrangig. Der Ausschuss habe lediglich ein begrenztes Vetorecht. Justizministerin Meißner könne also nach fünf Jahren Probezeit auch ohne Zustimmung des Ausschusses Richter auf Lebenszeit ernennen.
Ministerium setzt weiter auf Ausschuss-Votum
Eine Sprecherin des Justizministeriums sagte MDR THÜRINGEN, Richter nach Ablauf von fünf Jahren ohne Ausschuss-Votum auf Lebenszeit anzustellen, sei juristisch vertretbar. Das Ministerium sehe ein solches Vorgehen aber trotzdem kritisch, unter anderem, weil die jungen Richterinnen und Richter in der Regel schon früher auf Lebenszeit ernannt würden.
Das geschehe, um jungen Richtern Planungssicherheit zu geben: "Ein pauschales Zuwarten bis zur Fünfjahresgrenze würde zu erheblicher Unruhe im Justizdienst führen und den Justizdienst als Arbeitgeber für qualifizierte Bewerber deutlich unattraktiver machen."
Planungssicherheit für Richter gefährdet
Ähnlich sieht das der Thüringer Richterbund. Verbandschef Holger Pröbstel: "Jemand, der sich jetzt in Thüringen bewirbt, weiß gar nicht, ob er in fünf Jahren wirklich ernannt wird. Weil es möglicherweise keinen Richterwahlausschuss gibt, könnte den einen oder anderen davon abhalten, sich in Thüringen zu bewerben. Und wir suchen ja händeringend Nachwuchs. Ich habe schon gehört, manche Assessoren machen um Thüringen wegen der politischen Verhältnisse einen Bogen und gehen lieber woanders hin. Das kann's ja nicht sein."
Pröbstel geht zwar auch davon aus, dass zurzeit ausgesprochene Ernennungen auf Lebenszeit "wohl nicht unwirksam" sind. Aber seiner Ansicht nach haben solche Ernennungen ohne Ausschuss-Votum ein "Gschmäckle".

AfD blockiert Wahl neuer Richterinnen und Richter
Pröbstel, selbst Richter am Landgericht Erfurt, kritisiert zudem die Blockade-Situation im Landtag. Hier hat die AfD eine sogenannte Sperrminorität, ohne sie kann der Richterwahlausschuss nicht besetzt werden.
Die AfD fordert im Gegenzug, dass ihre Kandidaten in die Geheimdienstgremien PKK und G10 gewählt werden - was die anderen vier Landtagsfraktionen ablehnen. Aus Sicht von Richterbundchef Pröbstel ein bedenklicher Vorgang: "Die Blockadehaltung ist meiner Ansicht nach ein klarer Angriff auf den Rechtsstaat. Wir sind darauf angewiesen, dass junge Kolleginnen und Kollegen in den Dienst kommen und zu Lebenszeit ernannt werden können. Und wenn das mit Forderungen gekoppelt wird, die damit überhaupt nichts zu tun haben, dann halte ich das für einen unhaltbaren Zustand."
MDR (woh/mm)
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke