Diskussion um Polizei-Software Palantir erreicht Mitteldeutschland
- Die US-Software Palantir wurde bisher in drei Bundesländern getestet. Die GdP spricht von positiven Erfahrungen.
- Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hat Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Software verstoße gegen Grundrechte und sei ohne Kontrolle.
- Die Innenminister der Länder planen eine eigene Software, die europäischen Regeln unterliegt.
Wenige Wochen nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff darauf gedrängt, dass die Polizei Zugriff auf mehr Daten bekommt. Er sprach von einem gemeinsamen Datenraum für alle Polizeien in ganz Deutschland. Genau das, wofür sich das Innenministerium in Sachsen nun auch einsetzt. Die Hoffnung dahinter: Straftaten wie den Anschlag in Magdeburg in Zukunft verhindern zu können.
Polizei machtlos: Kriminelle sind technisch im Vorteil
Auch die Gewerkschaft der Polizei sieht mit Blick auf die technische Ausstattung dringenden Handlungsbedarf, erklärt der stellvertretende Bundesvorsitzende Alexander Poitz: "Wir sind als Sicherheitsbehörden noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Wir können diesen Massenanfall an Daten so nicht mehr beherrschen und sind momentan geradezu machtlos, was das kriminelle Milieu anbetrifft, das aus dem Vollen schöpfen kann."
Palantir in drei Bundesländern: Positive Erfahrungen
Abhilfe schafft in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen bereits die Software Gotham von Palantir, die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Informationen aus verschiedensten Datenbanken verknüpfen und auswerten kann.
Poitz berichtet über positive Erfahrungen: "Ein aktueller Fall war der Anschlag in München auf das israelische Konsulat, wo durch eine automatisierte Datenauswertung gewisse Täterbewegungen festgestellt werden konnten, eine Kommunikation festgestellt werden konnte und eine Handlungssicherheit für die Kollegen hergestellt werden konnte. So war die Lage durch die Polizei München relativ schnell in der Hand und konnte beendet werden."
Zweifel an Effektivität der Verbrechensprävention
Dass solche Analyse-Programme auch Straftaten verhindern können, stellt der Kriminologe Tobias Singelnstein in Frage. Es sei sehr anspruchsvoll, so etwas in die Zukunft zu prognostizieren: "Ich glaube, da werden uns die neuen Formen der Datenauswertung, die insbesondere KI verspricht, auch nur sehr bedingt weiterhelfen. Der Kommissar Computer ist an dieser Stelle im Prinzip Science Fiction, wenn wir uns den kriminologischen Forschungsstand dazu anschauen."
Verfassungsbeschwerden: Keine Kontrolle und Transparenz
Deutliche Kritik am Einsatz der Software von Palantir übt die Gesellschaft für Freiheitsrechte, die dadurch Grundrechte verletzt sieht. Nach einer Verfassungsbeschwerde des gemeinnützigen Vereins hatte das Bundesverfassungsgericht 2023 Leitplanken für den Einsatz solcher Analyse-Programme gesetzt. In den drei Ländern, in denen Palantir eingesetzt wird, sind auch aktuell Verfassungsbeschwerden der Gesellschaft anhängig.
Die Juristin des Vereins, Franziska Görlitz spricht von fehlenden Kontrollen und mangelnder Transparenz: "Wir wissen nicht, was der Code kann und wie der Code analysiert. Im schlimmsten Fall kann das bedeuten, dass wir nicht wissen, ob es nicht irgendwelche Datenlecks gibt, ob es Möglichkeiten zum Missbrauch gibt oder ob es Möglichkeiten gibt, dass unbefugt auf Daten zugegriffen werden kann. Wir sprechen ja hier über polizeiliche Daten, die sehr sensibel sind."
Innenminister: Polizeisoftware muss in europäische Hand
Dass durch den Einsatz der Software Grundrechte verletzt werden, sieht Alexander Poitz von der Gewerkschaft der Polizei nicht. Bedenken gegenüber Palantir selbst, dessen Mitgründer Peter Thiel der Trump-Regierung nahesteht, hat aber auch die GdP: "Weil Palantir eben ein US-Unternehmen ist, das aus wirtschaftlichen Interessen handelt und nicht zu 100 Prozent gewährleisten kann, was mit den Daten passiert. Diese Hoheit abzugeben in ein Unternehmen außerhalb der Europäischen Union halte ich persönlich für den falschen Weg."
Poitz zufolge sei Palantir für die Polizei in Deutschland nur eine Übergangslösung. Die Innenminister hätten sich bei ihrem letzten Treffen darauf verständigt, eine europäische Lösung zu suchen. Die brauche es, wie Poitz sagt, so schnell wie möglich.
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