• Die Intel-Pläne für die Chip-Fabriken in Magdeburg sind endgültig geplatzt.
  • Das Unternehmen steckt in der Krise, macht Milliardenverluste und hat Massenentlassungen angestoßen.
  • Für Sachsen-Anhalt kommt die Entwicklung wenig überraschend – und doch hatte eine ganze Region große Hoffnungen in das Projekt gesteckt.

Der kriselnde Chip-Konzern Intel gibt die milliardenschweren Pläne für seine Fabriken in Magdeburg auf. Geplante Projekte in Deutschland und Polen sollen nicht weiter vorangetrieben werden, um die Produktionskapazitäten zu optimieren, wie Intel mitteilte.

Intel stoppt Chipfabrik in Magdeburg: Das ist der Grund

Im vergangenen September hatte es noch geheißen, der Fabrikbau werde sich voraussichtlich um zwei Jahre verzögern. Doch seitdem wurde die Lage von Intel noch komplizierter, der damalige Chef Pat Gelsinger musste das Unternehmen Ende 2024 verlassen. Sein Nachfolger Lip-Bu Tan griff zu einem harten Sparkurs, um die Bilanz in den Griff zu bekommen.

Juni 2023: Bundesregierung und Intel hatten bereits eine Unterstützungs-Vereinbarung zur Ansiedelung in Magdeburg mit knapp 10 Milliarden Euro öffentlicher Förderung unterschrieben. Im Bild: Pat Gelsinger (ehemaliger CEO), Keyvan Esfarjani (Chief Global Operations Officer), Olaf Scholz (früherer Bundeskanzler) und Jörg Kukies (früherer Staatssekretär im Bundeskanzleramt).Bildrechte: IMAGO/Chris Emil Janßen

Intel gab das Aus der Pläne in Deutschland zusammen mit den Zahlen für das vergangene Quartal bekannt. Demnach stagnierte der Umsatz im Jahresvergleich bei 12,9 Milliarden Dollar (10,98 Mrd. Euro). Unterm Strich gab es einen Verlust von 2,9 Milliarden Dollar nach roten Zahlen von 1,6 Milliarden Dollar ein Jahr zuvor. Außerdem kündigte das Unternehmen Massenentlassungen an: Ein Viertel der bislang knapp 100.000 Stellen sollen gestrichen werden. Ein Großteil der Kündigungen sei bereits Anfang Juli ausgesprochen worden.

Die Intel-Aktie hatte innerhalb des vergangenen Jahres gut ein Viertel an Wert verloren. Nach der Mitteilung am Donnerstag sackte der Kurs nachbörslich bereits weiter ab.

Milliarden-Investition geplatzt: So reagiert Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sprach mit Blick auf das Aus von einem herben Rückschlag und einem schmerzlichen Tag für Sachsen-Anhalt. In einer Stellungnahme erklärte Haseloff, es sei dennoch gut, dass nun Klarheit herrsche.

Das jetzt verkündete Aus ist kein guter Tag für Europa. Es ist ein herber Rückschlag für den europäischen Chips Act. Und es ist auch ein schmerzlicher Tag für Sachsen-Anhalt. Dennoch ist gut, dass jetzt Klarheit herrscht.

Ministerpräsident Reiner Haseloff

Es sei bekannt, dass Intel in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Lage sei, so Haseloff. "Daher musste damit gerechnet werden, dass die Pläne in Europa und damit auch für Magdeburg nicht weiter verfolgt werden." Für die Zukunft bleibe aber der Fokus auf der Ansiedlung von High-Tech-Unternehmen. Was Sachsen-Anhalt mit Blick auf Intel angestoßen habe, werde sich auch künftig auszahlen. Es gebe Anfragen namhafter Unternehmen.

Zuletzt hatte das Dresdner Unternehmen FMC angekündigt, auf der Fläche des High-Tech Parks Sülzetal eine Chipfabrik bauen zu wollen. Einen Vertrag für das Vorhaben gibt es allerdings noch nicht, auch die Finanzierung ist offen.

Schulze: "Entscheidung nicht überraschend"

Landeswirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) sagte MDR SACHSEN-ANHALT, auch für ihn komme diese Entscheidung mit Blick auf die vergangenen Monate nicht überraschend. Schulze verwies auf große interne Herausforderungen des Unternehmens und die amerikanische Wirtschaftspolitik. Das ergebe "schlechte Voraussetzungen für Intel-Investitionen in Europa", so Schulze. Mit Blick auf die angekündigte Ansiedlung von FMC hatte Schulze vergangene Woche (18. Juli) noch erklärt, "Intel sei damit nicht vom Tisch".

Einerseits hat Intel scheinbar sehr große interne Herausforderungen. Andererseits gibt es in den USA mittlerweile die America-First-Philosophie von Donald Trump. Beides sind schlechte Voraussetzungen für Intel-Investitionen in Europa.

Sven Schulze (CDU), Wirtschaftsminister Sachsen-Anhalts

3.000 Jobs in Magdeburg gestrichen – was das für die Region bedeutet

Intel hatte im März 2022 in Sachsen-Anhalt den Bau von zunächst zwei Chip-Fabriken angekündigt. Dabei war Magdeburg bei einer europaweiten Suche des Konzerns als Standort ausgewählt worden. Der erste Spatenstich war für 2024 angepeilt worden. Dabei sollten rund 3.000 Arbeitsplätze entstehen. Die Investitionspläne wurden auf rund 30 Milliarden Euro beziffert. Zulieferbetriebe und Start-ups in der Region sollten Tausende weitere Arbeitsplätze bringen.

Der Chiphersteller Intel hatte auch in Magdeburgs Innenstadt bereits für sich geworben.Bildrechte: picture alliance / dpa-Zentralbild | Stephan Schulz

Die Bundesregierung hatte 2023 staatliche Hilfen von 9,9 Milliarden Euro für die Ansiedlung in Aussicht gestellt. Gelsinger hatte einst behauptet, dass in Magdeburg die modernsten Produktionsverfahren zum Einsatz kommen sollten, mit denen Intel zur erfolgreicheren Konkurrenz aufschließen wolle. Der Produktionsbeginn war ursprünglich für 2027 oder 2028 erwartet worden.

Der High-Tech-Park sollte ursprünglich auf mehreren hundert Hektar im Landkreis Börde entstehen. Dessen Landrat Martin Stichnoth (CDU) bedauert die Absage. Nach seinen Worten hätte eine Ansiedlung nicht nur zahlreiche Arbeitsplätze in der Region geschaffen, sondern auch einen positiven Einfluss auf die innovative und wirtschaftliche Entwicklung der Region gehabt. "Ich halte den Zeitpunkt der Absage für ehrlich und angemessen, da durch diese Entscheidung unnötiges Zeitvergeuden für alle Beteiligten beendet wird", so Stichnoth.

Viele Reaktionen in den sozialen Netzwerken

In den sozialen Netzwerken wird das Intel-Aus für Magdeburg stark diskutiert. Auf Facebook heißt es beispielsweise:

Martin Wischeropp: "Ehrlich gesagt, lieber ein Ende mit Schrecken als gar kein Ende. Intel hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden und das fällt denen jetzt auf die Füße, währenddessen NVIDIA, TSMC etc. Von KI etc. Gewaltig profitieren. Jetzt muss das Gelände frei werden für andere Unternehmen und ich hoffe das Intel sich da nicht sperrt."

Paulo Mendes: "Man ist sehr stark in Vorleistung gegangen und nun war alles umsonst und die Stadt bleibt auf ihre Kosten sitzen."

Heiko Langfeld: "Nicht ein kriselnder Intel-Konzern ist die Ursache für die Absage, sondern die ausufernden Kosten in Deutschland und die Bürokratie."

David Schmidt: "Mit dem gleichen Engagement den Mittelstand fördern und dann wird es auch etwas mit den ansiedeln neuer Unternehmen."

Ingolf Wiediger: "Und wieder wurde Steuergeld versenkt."

Katrin Vogt: "Meine Güte! Hier wird gerade so getan, als würde die Welt untergehen? Besser Intel zieht jetzt die Reißleine, als in 5 Jahren wenn die Fabrik steht und die Subventionen geflossen sind. So kann man mit dem Grundstück was anderes machen."

Auch auf Instagram haben sich Nutzer zu Wort gemeldet:

@christinwinzerling: "Zum Glück sind die Straßen fürs Gelände schon fertig...."

@danpaw10000: "Genauso wie bei Tesla Steuergelder in Planung und Umsetzung verschwendet statt sich auf lokale Produktionen zu konzentrieren."

IG Metall: Entscheidung von "globaler Tragweite"

Die Gewerkschaft IG Metall Niedersachsen/Sachsen-Anhalt verweist in einer Stellungnahme auch auf das Aus für ein geplantes Werk in Polen. Laut Bezirksleiter Thorsten Gröger handelt es sich nicht um eine Standortentscheidung im klassischen Sinne, sondern um eine unternehmensstrategische Neuausrichtung mit globaler Tragweite. Die Herausforderung bestehe nun darin, das entstandene Vakuum nicht einfach hinzunehmen, sondern neue Perspektiven zu entwickeln.

Intel war in Magdeburg bereits als Sponsor aufgetreten. Für den Handball-Bundesligisten SC Magdeburg wird sich nach Aussage des Vereins aber vorerst nichts ändern. Manager Marc-Henrik Schmedt erklärte auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT, man habe eine gültige Partnervereinbarung. Diese gelte auch für die kommende Spielzeit. In der letzten Saison hatte Intel beim SCM noch als Trikotsponsor agiert.

dpa, MDR (Sarah-Maria Köpf, André Plaul, Stephan Schulz, Max Schörm, Max Hensch, Michael Rosebrock, Tatiana Gropius, Norma Düsekow, Kalina Bunk)

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