Kürzen trotz Krisen: Bundesregierung will bei der Entwicklungshilfe sparen
- Die Bundesregierung plant Kürzungen der humanitären Hilfe – falscher Zeitpunkt, meint ein Verband.
- Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta betonte, dass die USA und Frankreich sich bereits aus der Entwicklungszusammenarbeit zurückzögen.
- Der Haushaltsentwurf ist noch nicht endgültig, im September soll er final vom Bundestag verabschiedet werden.
"Schmerzhaft" – so bezeichnet Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan das, was ihrem Haus nun drohen könnte. Laut Haushaltsentwurf soll der Haushalt des Entwicklungsministerium (BMZ) in diesem Jahr 10,3 Milliarden Euro umfassen. Das sind rund 900 Millionen Euro weniger als im Jahr zuvor.
Alabali Radovan sagt, sie werde deshalb priorisieren müssen. Doch zur Ehrlichkeit gehöre auch: "Es wird auch etwas wegfallen", sagte die Ministerin auf einer Auslandsreise in Südafrika MDR AKTUELL. Und gekürzt werde wohl auch bei internationalen Organisationen – "leider", wie Alabali Radovan betont.
Humanitäre Lage ist dramatisch
Die geplanten Kürzungen im Etat gehen einher mit der Ankündigung eines Paradigmen-Wechsels: der Idee der Bundesregierung, künftig stärker auf eigene, nationale Interessen zu schauen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass Deutschland Geld sparen muss.
Zeitgleich habe sich die weltweite humanitäre Lage dramatisch verschlechtert, wie der Verband Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe Venro analysiert: 2025 seien rund 300 Millionen Menschen auf humanitäre Unterstützung angewiesen. Seit 2019 habe sich der Bedarf damit mehr als verdoppelt.
Wir haben ganz viele globale Probleme da draußen. Und Deutschland ist ein wichtiger Akteur und muss da beitragen – finanziell und mit Führung.
Deshalb sei das "absolut nicht der richtige Zeitpunkt" für derartige Kürzungen, mahnt die Venro-Geschäftsführerin Åsa Månsson: "Wir haben ganz viele globale Probleme da draußen. Und Deutschland ist ein wichtiger Akteur und muss da beitragen – finanziell und mit Führung." Außerdem machten weder Krisen noch Krankheiten an nationalen Grenzen halt.
Kürzungen heute – Krisen von morgen?
Deshalb demonstrierten in Berlin vor gut einem Monat nichtstaatliche Entwicklungsorganisationen gegen die geplanten Kürzungen. Ihr Motto: Die Kürzungen von heute seien die Krisen von morgen. Die Nichtregierungsorganisation Aktion gegen Hunger betont: "Mit diesem Haushalt wird das international zugesagte Ziel, mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe bereitzustellen, deutlich verfehlt."
Kritik an den Kürzungen kommt neben der Zivilgesellschaft auch aus der Opposition. Denn angesichts der Weltlage stelle sich die Frage, ob weniger Entwicklungshilfe wirklich im Interesse Deutschlands sei, warnt beispielsweise die Grünen-Bundestagsabgeordnete aus Sachsen, Paula Piechotta.
Russland und China, statt USA und Europa
Denn seit der Präsidentschaft Donald Trumps ziehe sich auch die USA oder Frankreich aus der Entwicklungszusammenarbeit zurück, erklärt Piechotta. Das hinterlasse eine Lücke – die zunehmend Länder wie China und Russland füllten.
Westliche Länder wie Deutschland, die USA und Frankreich würden dadurch weltweit an Macht verlieren, so die Grünen-Abgeordnete Piechotta, während China und Russland Macht dazu gewännen. Da müsse man sich schon überlegen, "ob das wirklich in unserem Interesse ist".
Mehr werben für humanitäre Hilfe
Gleichzeitig mache Deutschland schon viel im Ausland, sagt Piechotta. Man sehe es nur manchmal "nicht so gut". Entwicklungsministerin Alabali Radovan betont ebenfalls, dass klarer werden müsse, warum "Entwicklungszusammenarbeit auch im deutschen Interesse ist".
Ein Appell vermutlich nicht nur in Richtung der Bürgerinnen und Bürger, sondern auch an Radovans eigenes Kabinett. Denn noch ist der Haushaltsentwurf für 2025 nur vorläufig. Am 19. September soll er final vom Bundestag verabschiedet werden.
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