An Europas Wunderstürmer kleben drei große Fragezeichen
Viktor Gyökeres zerschießt ein Jahr lang den europäischen Fußball. Wo auch immer man den Schweden auf den Rasen lässt, trifft er. In der folgenden Transferphase will den Stürmer trotzdem kaum jemand haben. Hä?
80 Tore. Viktor Gyökeres ist in der abgelaufenen Saison in gerade einmal 57 Spielen für Sporting Lissabon und die Nationalmannschaft Schwedens an ACHTZIG Toren direkt beteiligt. Meint: Entweder er erzielt sie selbst, oder er bereitet sie vor. Bis auf den FC Bayern bringt es keine Bundesliga-Mannschaft im selben Zeitraum auf 80 Treffer. Noch außergewöhnlicher wird es nach Ende der Saison: Das Wettbieten um den Wunderstürmer bleibt aus.
Es folgt eine Liste an Stürmern, die Europas Top-Klubs verpflichten, bevor Viktor Gyökeres schließlich doch noch über die Ladentheke geht:
- Joao Pedro (Chelsea, 65 Millionen Euro Ablöse)
- Liam Delap (Chelsea, 35)
- Hugo Ekitiké (Liverpool, 95)
- Mathys Tel (Tottenham, 35)
- Jonathan David (Juventus Turin, ablösefrei)
Gyökeres "drohte" zwischenzeitlich schon eine Zukunft bei Krisen-Riese Manchester United. Dann erbarmen sich schließlich die Gunners aus London. Doch selbst beim FC Arsenal ist der Schwede nicht die erste Wahl. Zuvor wird wochenlang mit RB Leipzig über einen Transfer von Benjamin Sesko verhandelt. Die aus Londoner Sicht zu hohen Ablöseforderungen lassen den Deal schließlich platzen. Nun ist das Emirates Stadium also Gyökeres neue Heimat. Es hat neben 80 Scorer-Punkten nur gut 70 Millionen Euro Ablöse und einen Streik des Spielers gebraucht.
Sind denn alle bescheuert?
Entweder hat die europäische Fußball-Elite geschlossen den Verstand verloren, oder am Spieler Viktor Gyökeres gibt es trotz der Fabelzahlen noch immer Zweifel. Fairerweise: Einige der Granden haben im Sturm auch schlicht keinen Bedarf. Manchester City hat Erling Haaland, der FC Bayern Harry Kane, Real Madrid Kylian Mbappé, Barça kein Geld. Und doch ist es kein Zufall, dass sich um Gyökeres so ein unwürdiges Gezerre entwickelt. Neben den unglaublichen Scorer-Werten kauft der FC Arsenal auch drei große Fragezeichen ein.
Da wäre zunächst das Umfeld, in dem der Schwede die Werte aufgelegt hat. Die portugiesische Liga hat ohne jede Frage Weltklasse-Spieler hervorgebracht. Man denke in jüngerer Vergangenheit an Benficas Rúben Dias oder Ederson, die heute beide bei Manchester City spielen. Stürmer gehören aber nicht zu den erfolgreichsten Exporten. Darwin Núñez wechselt im Sommer 2022 für 85 Millionen Euro zum FC Liverpool. Wenn die Reds heute noch die Hälfte der Ablöse bekommen, können sie sich glücklich schätzen. João Félix ist Atlético Madrid im Sommer 2019 gigantische 125 Millionen Euro wert und verabschiedet sich dieser Tage mit gerade einmal 25 Jahren aus England nach Saudi-Arabien.
Und warum der AC Mailand 2017 mal 40 Millionen Euro für André Silva (ja, der aus Bremen) ausgegeben hat, wissen sie bei den Rossoneri heute noch nicht. In ebenjener Spielzeit hat übrigens Bas Dost 27 Tore für Sporting Lissabon geschossen, der nun nie im Verdacht stand, ein Weltklasse-Stürmer zu sein.
Brommapojkarna, St. Pauli, Coventry City
Das zweite Fragezeichen ist seine bisherige Karriere. Im Januar 2018 verlässt Gyökeres seinen Heimatklub Brommapojkarna und schließt sich den (eigentlich) unfehlbaren Diamantaugen von Brighton & Hove Albion an. Doch so wirklich will der Stürmer nicht zünden. Er wird verliehen, nach Swansea, nach Coventry City, sogar beim FC St. Pauli schaut er mal vorbei. Aufgrund guter Leistungen in der zweiten (!) englischen Liga schlägt Sporting 2023 schließlich zu. Es folgt eine herausragende und eine noch herausragendere Saison. Wahr ist jedoch auch: Gyökeres hat in keiner europäischen Top-Liga auch nur ein Spiel absolviert. Mit 27 Jahren.
Das dritte Fragezeichen: Gyökeres selbst. Ja, die Zahlen der vergangenen Saison sind galaktisch. Auf dem Feld sieht der Schwede jedoch deutlich irdischer aus. Seine wahrscheinlich größte Stärke ist seine Physis. Gyökeres ist ein rasender Wandschrank. Stürmer mit einer Körpergröße von 1,89 Meter sollten nicht so schnell sein. Doch die Geschwindigkeit sticht vor allem deswegen so ins Auge, weil Gyökeres bei seinen Treffern wahnsinnig viel Platz hat.
Harder: Better, faster, stronger?
Er kann enorm effizient Konter abschließen. Das klingt super, ist aber suboptimal. Der FC Arsenal ist ein von Pep-Jünger Mikel Arteta zusammengebautes Team. Wie jedes Top-Team sind auch die Gunners tagein, tagaus mit dem Problem konfrontiert, dass sich der Gegner tief im eigenen Strafraum verschanzt. Dass Gyökeres nicht erste Wahl war, erscheint vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. Leipzigs Sesko hat bei weitem keine so beeindruckende Torquote aufzuweisen, ist jedoch der deutlich rundere Spieler. Gerade Gyökeres‘ Dribbling wirkt stellenweise etwas rumpelig. Gleichzeitig sind die Verteidiger, die ihm bald Woche für Woche auf den Füßen stehen werden, um Welten besser, als seine bisherigen Gegenspieler. Und noch ein Aspekt geht seinem Spiel völlig ab: Trotz seiner beeindrucken Statur erzielt er in der abgelaufenen Saison kein einziges Kopfball-Tor.
Spielstil, bisherige Laufbahn, Ablösesumme, all diese Faktoren machen den Gyökeres-Wechsel zu einem der spannendsten Transfers des Sommers. Arsenal geht für den so sehnsüchtig erwarteten Titel eine gigantische Wette ein. Ob die aufgeht, kann besonders Sporting Lissabon völlig egal sein. Nicht mal Ersatz verpflichten muss der Hauptstadt-Klub. Conrad Harder, Däne, 20 Jahre alt, bringt die gleiche Statur wie Viktor Gyökeres mit. Immerhin 23 Scorer legt er in der vergangenen Saison auch schon auf, dazu wirkt er dank sauberem Dribbling und einem gefährlichen Distanzschuss vielseitiger als sein bisheriger Sturmpartner. In London hoffen sie, in zwölf Monaten nicht den falschen Skandinavier gekauft zu haben.
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