Gute Voraussetzungen für ein Feuerwerk aus der Hauptstadt
Am Freitagabend um 20.30 Uhr wird in Gelsenkirchen die neue Saison der 2. Bundesliga angepfiffen, mit 62.000 erwartungsvollen Fans im Stadion. Mit einem Duell zweier Schwergewichte: Schalke 04 gegen Hertha BSC. Zwei große Namen, zweimal Sehnsucht nach dem Aufstieg. Während sich die Berliner im dritten Zweitligajahr scheinbar endlich stabilisiert haben und nun offensiv den Aufstieg anpeilen, beginnt Schalke den x-ten Neuanfang.
Herthas Trainer Stefan Leitl lässt vor der Partie keinen Zweifel an der Zielsetzung: „Ich wünsche mir von uns ein Feuerwerk. Für ein Feuerwerk klatscht man, nicht aber für einen Regenbogen. Es ist ein absolutes Highlight.“ Der Saisonstart war für die Berliner in den vergangenen Jahren jedoch eher ein Trauma. 2023/24 startete Hertha mit drei Auftaktniederlagen, in der Vorsaison konnten von den ersten acht Spielen nur zwei gewonnen werden. Derlei früh gedämpfte Ambitionen sollen sich nicht wiederholen, in dieser Saison plant der Verein von Beginn an dominant aufzutreten.
Mit der Kapitänsbinde auf dem DFB-Radar
Fabian Reese verkörpert diesen Anspruch wie kaum ein anderer. Der Angreifer ist neuer Kapitän, hat bis 2030 verlängert – und sich durch seine Leistungen sogar ins Gespräch beim Bundestrainer gebracht. Julian Nagelsmann sagte diese Woche auf dem Trainerkongress in Leipzig: „Er hat etwas Besonderes, ja. Ich mache vor keiner Liga halt. Am Ende muss es passen und die Leistung muss stimmen.“ Und weiter: „Das ist nicht ausgeschlossen, einen aus der zweiten Liga zu nominieren.“
Der 27-jährige Reese erzielte in den vergangenen zwei Saisons 20 Tore und bereitete 15 weitere vor. Dabei fehlte er wegen einer Verletzung die gesamte vergangene Hinrunde. Nun ist er topfit – und trägt einen Großteil von Herthas Aufstiegshoffnung auf dem Rücken. Auch, weil Alternativen wie Scherhant oder Niederlechner den Klub verlassen haben. Leitl betont: „Seine Rolle ändert sich nicht, auch wenn er jetzt die Binde hat. Ich wünsche mir für Fabi, dass er sich mit der Binde noch einmal weiterentwickelt.“
Mit 16 möglicherweise ins Rampenlicht und zum Rekord
Der zweite Hoffnungsträger ist deutlich jünger. Kennet Eichhorn, gerade 16 Jahre alt, könnte am Freitag nicht nur Herthas jüngster Profi der Geschichte werden, sondern auch der jüngste Spieler, der je in einem Zweitligaspiel auflief. Nach den Ausfällen von Paul Seguin und Kevin Sessa steht der U16-Nationalspieler höchstwahrscheinlich im Kader – und ist bereit für sein Debüt.
Leitl schwärmt: „Ich habe kein Problem, den Jungen zu bringen. Wir werden sehen, wie das Spiel läuft. Er ist ein absolut tolles Talent, und das wollen wir natürlich fördern. Wenn er Spielminuten bekommen kann, dann bekommt er die bei mir.“ Mit dem rund zwölf Millionen Euro teuren Verkauf des 19-jährigen Ibrahim Maza zu Bayer Leverkusen hat eine Identifikationsfigur aus dem eigenen Nachwuchs die Stadt verlasen, Eichhorn könnte diese Rolle einnehmen.
Fit, aber mit schwacher Defensive
Leitl ließ das Team in der finalen Woche unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainieren, führte viele Einzelgespräche – und bereitete den frischen Zugang, Mittelstürmer Dawid Kownacki, so gut es ging auf das Spiel vor. Der polnische Angreifer, per Leihe von Bremen gekommen, soll gegen Schalke erste Minuten erhalten – eventuell sogar als Teil einer Doppelspitze mit Reese.
Leitl hält sich die Option offen: „Er soll zum Spielen kommen, es fehlt aber auch noch ein bisschen was. Es könnte auch die Doppelspitze geben. Wir haben uns noch nicht entschieden. Er ist aber definitiv im Kader.“
Leitls Spielidee für die Saison: mit der fittesten Mannschaft der Liga die Gegner dominieren. „Wenn man sich die Leistungsdaten ansieht, sind wir auf einem guten Weg“, so der Cheftrainer. Einziger Wackelpunkt: die Defensive. Dort muss weiterhin improvisiert werden. John Brooks fehlt verletzt, ebenso Ex-Schalker Paul Seguin, Linus Gechter ist gesperrt, Deyovaisio Zeefuik rückt wahrscheinlich in die Innenverteidigung.
Ein Plan mit wenig Geld
Benjamin Weber, Herthas Sportdirektor, hat einen radikalen, aber sauberen Schnitt gemacht. Zehn Spieler wurden abgegeben, 15 Millionen Euro erlöst. Neue wie Maurice Krattenmacher, Leon Jensen, Niklas Kolbe, Julian Eitschberger, Sebastian Grönningen oder besagter Seguin kamen günstig, insgesamt wurde in diesem Transferfenster nur eine Million Euro an Ablösen ausgegeben.
Mehr Tore sollen zu mehr Erfolg führen. Mit Kownacki, Reese und womöglich noch Ex-Nationalstürmer Mergim Berisha (Hoffenheim) soll das HSV-Modell aus der Vorsaison kopiert werden: drei treffsichere Offensivkräfte als Schlüssel zum Aufstieg. Weber sagt: „Grundsätzlich sind wir erst einmal mit der Gruppe zufrieden, aber du weißt nie genau, was in den kommenden Wochen passiert.“
Kurz vor dem Saisonstart gab es dann noch eine kuriose Panne in Berlin: Die DFL untersagte Herthas neues Heimtrikot – weil sich das markante Streifenmuster auf dem Rücken nicht fortsetzte, das ginge so nicht. Bis zum ersten Heimspiel gegen den Karlsruher SC wolle der Klub das Hemd „nachveredeln“, wie er mitteilte.
Schalke zwischen Euphorie und Umbruch
Die Realität bei Herthas erstem Gegner hat zwei Seiten. 80.000 Fans beim „Schalke-Tach“, 45.000 beim Testspiel gegen Sevilla – die Zuneigung ist ungebrochen. Doch sportlich herrscht Unsicherheit. Der 14. Tabellenplatz aus der Vorsaison wirkt nach. Acht Stammspieler gingen, weitere sollen und müssen noch folgen, um beim finanziell äußerst klammen Klub ein wenig Handlungsspielraum zu bekommen.
Der neue Trainer Miron Muslic, in Deutschland noch unbekannt, soll das Team formen. Ein Umbruch nach dem Umbruch. „Er hat eine klare Idee“, sagt Torwart Loris Karius über den Österreicher. Doch: „Natürlich ist er auch kein Hexer.“ Der Fokus liegt zunächst auf der Defensive (62 Gegentore 2024). Mit Nikola Katic und Rückkehrer Timo Becker will man mehr Stabilität. Kapitän und Stürmer Kenan Karaman fällt noch verletzt aus. Muslic selbst dämpft Erwartungen: „Es gibt immer noch sehr viel Luft nach oben. Wir können nach den ersten sechs Wochen aber nicht weiter sein.“ Nicht viel Hoffnung für die Schalke-Fans.
Hertha ist favorisiert – nicht nur im Spiel, sondern vielleicht auch in der ganzen Liga. Mit einem Trainer, der Ruhe ausstrahlt. Mit einem Kapitän, der DFB-Perspektive hat. Mit einem 16-Jährigen, der Geschichte schreiben will. Wenn Hertha das Feuerwerk zündet, das Leitl fordert, kann der Weg nach oben diesmal wirklich gelingen.
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