Die Bayern waren an diesem Sommerabend sehr zufrieden. „Ich muss sagen – es war überraschend gut“, sagte Trainer Vincent Kompany nach dem zweiten Testspiel in dieser Saisonvorbereitung. „Es ist immer so, dass man reinkommt und drei, vier, fünf normalerweise sechs bis sieben Wochen braucht. Dass die Jungs so Fußball spielen, mit dieser Intensität, in der ersten und zweiten Halbzeit – das hat Spaß gemacht. Die mentale Bereitschaft ist wichtig, und die haben die Jungs gezeigt.“

Auf das 2:1 gegen Olympique Lyon am vergangenen Samstag ließen die Münchner am Donnerstagabend in ihrem Stadion ein 4:0 (1:0) gegen Tottenham Hotspur folgen. Im Fokus standen dabei die jungen Spieler, allen voran der 17-jährige Lennart Karl, der den Ball sehr sehenswert zum 3:0 ins Tor zirkelte und Mann des Abends war. Die 72.000 Zuschauer in der Arena waren begeistert.

Sportvorstand Max Eberl will mit Kompany nicht mit kurzfristigen Transfers auf die Verletzungen von Jamal Musiala, Alphonso Davies und Hiroki Ito reagieren. Sondern auf die Talente aus dem Klub setzen. Das zahlte sich gegen Tottenham aus. „Jetzt haben wir wieder hoffnungsvolle Talente, die 16, 17 Jahre alt sind. Und die wir integrieren wollen“, so Eberl: „Sie haben ihre Trainingsleistungen, sie haben ihre Qualitäten, sie bekommen ihre Einsätze.“

Der 18-jährige David Santos Daiber legte dem Offensivspieler Karl dessen Tor auf. Wenig später erhöhte Jonah Kusi-Asare (18) auf 4:0. „Ich freue mich für Lenni und Kusi, hier zu treffen und so zu treffen“, sagte Harry Kane, der gegen seinen ehemaligen Klub Tottenham das 1:0 erzielt und einen Elfmeter vergeben hatte: „Das wird ihnen nur noch mehr Selbstvertrauen geben. Wir brauchen sie vielleicht sehr oft diese Saison und sie müssen bereit sein.“

Karl feierte seinen Treffer auf eine besondere Weise. Mit ausgestreckten Armen lief er Richtung Südkurve und setzte sich auf eine Werbebande, dabei verschränkte er die Arme vor seiner Brust. Eine Hommage an Superstar Cristiano Ronaldo, der einst so gejubelt hatte. Der Portugiese ist ein Vorbild Karls.

In England schwärmen sie von Karls Traumtor

Der Brasilianer Rafinha spielte von 2011 bis 2019 für die Bayern, gewann mit dem Klub unter anderem die Champions League. Der ehemalige Verteidiger analysierte das Testspiel als Experte für „Magenta Sport“ und ist von Karl begeistert: „Der Junge musste diese Chance nutzen – und das hat er gemacht. Er hat eine gute Präsenz. Er will den Ball haben und zeigt das auch. Ein gutes Signal für den Trainer.“

Auch die englische Presse ist von Karl beeindruckt. Die „Daily Mail“ schreibt: „Die La-Ola-Welle wurde durch ein Traumtor des 17-jährigen Lennart Karl unsanft unterbrochen, der den Ball aus 20 Metern spektakulär an Vicario vorbei ins Tor schoss. Das war ein Traumtor.“ Und im „The Independent“ heißt es: „Teenager schießt Traumtor“.

Karls überzeugende Leistungen in Trainings und Spielen dürften Folgen haben. Er steht beim FC Bayern vor der Vertragsverlängerung. „Es sieht sehr gut aus“, sagte Eberl nach dem Abpfiff dazu. Karl ist eines der vielversprechendsten Talente vom FC Bayern Campus.

Er stammt aus Frammersbach in Unterfranken. Zunächst spielte er bei Viktoria Aschaffenburg und Eintracht Frankfurt, 2022 wechselte er zum FC Bayern. Karl spielt seit der U15 für die Jugend-Nationalteams des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Für die Bayern-Profis war er bereits bei der Klub-WM in den USA in diesem Sommer zum Einsatz gekommen. „Lenni hat diese Fähigkeit, im letzten Drittel immer gefährlich zu sein“, sagte Trainer Kompany.

Karls aktueller Vertrag beim deutschen Fußball-Rekordmeister gilt bis zum 30. Juni 2026. In der neuen Saison soll Karl als Ersatz für Michael Olise auf der offensiven Außenbahn Einsatzzeit bekommen. Berater des Talents ist der Michael Ballack. Der einstige Kapitän der Nationalmannschaft und einstige Profi des FC Bayern saß bei dem Testspiel auf der Ehrentribüne unweit von Eberl. Er sei „sehr zuversichtlich“, dass die Vertragsverlängerung gelinge, sagte Eberl.

Lothar Matthäus dürfte das gefallen. Er rät dem FC Bayern zu mehr Vertrauen in die eigenen Talente. In seiner Sky-Kolumne schreibt der Rekordnationalspieler: „Ich würde mir wünschen, dass Talente wie Wanner oder Karl auch in den ersten Bundesligaspielen gegen Leipzig, in Augsburg und gegen den HSV ihre Einsatzzeiten bekommen würden.“

Zudem schreibt Matthäus: „Wanner ist ein Talent mit spielerischen Fähigkeiten. Deswegen sagt man, dass er jetzt eine Chance hat, weil er auch auf der Position von Jamal Musiala spielen kann.“ Der Nationalspieler fällt aufgrund einer Luxation des Sprunggelenks und eines Wadenbeinbruchs mehrere Monate aus.

Matthäus kritisierte zudem, dass es so weit kam, dass Talente wie Adam Aznou (FC Everton) oder Frans Krätzig (FC Red Bull Salzburg) den Klub verließen, weil sie sich anderswo bessere Chancen für ihre Entwicklung erhoffen: „Andere Vereine sehen vielleicht etwas in den jungen Spielern, was Bayern womöglich nicht sieht.“

Julien Wolff ist Sportredakteur. Er berichtet für WELT seit vielen Jahren aus München über den FC Bayern und die Nationalmannschaft sowie über Fitness-Themen und weitere Themen aus dem internationalen Sport.

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