Karl-Heinz Rummenigge kritisiert, dass die Macht der Profis und ihrer Berater auf ein ungesundes Maß steige und auch beim FC Bayern teils zu viel gezahlt werde. Das Interview mit dem „Kicker“ hat als Leitfaden, was sich aus Sicht des 69-Jährigen in den vergangenen 25 Jahren im Fußball geändert habe.

Der ehemalige Vorstandschef des Münchener Rekordmeisters wurde etwa gefragt, wie er die Preissteigerung bei den Transfers bewerte. So hatte im Winter 2000 Manager Rudi Assauer für 17 Millionen Mark den Belgier Emile Mpenza nach Schalke holte. Für Deutschland wurden damit neue Maßstäbe gesetzt. Für Harry Kane zahlte der FC Bayern vor zwei Jahren circa 100 Millionen Euro. Florian Wirtz kostet nun rund 150 Millionen Euro. Wie also falle die Bewertung dieser Preisspirale aus?

Die Entwicklung der Ablösesummen müsse man im Kontext der Klubumsätze sehen, sagte Rummenigge: „2000 betrug der Umsatz des FC Bayern 283 Millionen Mark, umgerechnet 144,7 Millionen Euro, im vorigen Jahr waren es 951,5 Millionen Euro, also mehr als das Sechsfache. Die Ablösesummen sind ohnehin nicht das Problem, sie werden abgeschrieben auf die Laufzeit des Vertrages. Bei Kane belasten bei einer vierjährigen Laufzeit den FC Bayern die 100 Millionen mit 25 Millionen Euro per annum. Das größere Problem sind die Gehaltssprünge. Auch wir beim FC Bayern zahlen zum Teil zu hohe Gehälter für den geleisteten Gegenwert.“

Aus seiner Sicht aber könne das korrigiert werden, er nannte als leuchtendes Vorbild Paris St. Germain. Einst mit Milliarden für diverse Starzugänge alimentiert, mittlerweile aber davon abgerückt, nur noch auf klingende Namen zu setzen – und damit erfolgreich: Triumph in der Champions League, bei der Klub-WM erst im Finale dem FC Chelsea unterlegen. „Man kann alles zurückdrehen, man muss Veränderungen nur klug und konsequent gestalten. An Paris ist es zu sehen“, sagte Rummenigge.

Paris St. Germain als Vorbild für Entwicklung des FC Bayern

Insbesondere die Gehaltsentwicklung bereite ihm Sorgen. „Es gibt fast nur noch eine Richtung: nach oben. Nicht nur beim FC Bayern, sondern generell“, sagte Rummenigge. „Umso erfreulicher“ sei der Erfolg von Paris in der Champions League: „Bei PSG hat man sich bewusst von der teuersten Gehaltsstruktur Europas verabschiedet – Messi, Neymar, Mbappé sind weg –, dennoch wurde erstmals der ganz große internationale Titel geholt. Es zeigt: Auch mit klugen, nachhaltigen Investitionen kann man sportlich erfolgreich sein.“

Die Frage ist aber, ob Klubs wie Paris, der FC Bayern oder Borussia Dortmund durch Wettbewerbe wie der Klub-WM und der gleich darauffolgenden WM im nächsten Jahr eine physische und psychische Überlastung drohe.

Rummenigge sieht das Thema gelassen. „Ich würde das nicht dramatisieren“, sagte er. Natürlich bringe diese Saison durch die Klub-WM mehr Spiele mit sich, „aber dieses Turnier findet nur alle vier Jahre statt. Und viele Spieler – gemeinsam mit ihren Beratern – haben diese Lage mitverursacht und sich die Falle selbst gestellt. Sie fordern immer höhere Gehälter, wodurch die Klubs gezwungen sind, zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Deshalb entstehen neue Formate. Auf der anderen Seite sehe ich wenig Bereitschaft zu Gehaltsverzicht. Das ist ein Widerspruch, den man auch klar benennen sollte“.

Wenn dennoch manche es auf die Machtprobe ankommen lassen und wie Ousmane Dembélé 2017 in Dortmund oder Randal Kolo Muani 2023 (Frankfurt) per Streik einen Wechsel erzwingen wollen, dann, so Rummenigge, „gibt es im Leben ein einfaches, aber wirksames Wort: Nein. Klubs dürfen sich nicht alles gefallen lassen. Man muss konsequent sein. Der FC Bayern ist mit dieser Haltung immer gut gefahren. Wenn ein Spieler meint, sich danebenbenehmen zu müssen, braucht es auch mal den Mut zur Machtprobe“.

„Die Ultras möchten zurück zum Fußball der 1960er- und 1970er-Jahre“

Mit „Sorge“ und „kritisch“ sehe er allerdings die Entwicklung, dass die Macht der Berater und Agenten wie auch der Spieler zunehme: „Klubs und die Verbände müssen die Lufthoheit behalten. Die Berater und Spieler müssen wissen, wo ihre Grenzen liegen. Diese Grenzen dürfen nicht verschoben werden, sonst bekommt das ganze System Schlagseite. Diese Entwicklung sehe ich mit Sorge.“

Ob die Vereine den Beratern nicht letztlich ausgeliefert seien, wurde Rummenigge gefragt. Nein, antwortete er, man müsse nicht jede Forderung erfüllen. „Jeder Klub hat die Verantwortung, die Berater nicht zu mächtig werden zu lassen. Da muss man eben Stärke zeigen. Auch die Ultra-Bewegung kann man einbeziehen. Sie fühlt sich immer mächtiger und verlangt ständig nach noch mehr Macht. Die Ultras, so mein Eindruck, möchten zurück zum Fußball der 1960er- und 1970er-Jahre, aber das wird nicht zum Erfolg führen. Alles verändert sich im Leben“, sagte Rummenigge.

Die größte Gefahr für Machtmissbrauch der Ultras sieht er darin, „wenn der Klub die Dinge nicht mehr unter Kontrolle hat, dann wird es problematisch; und dann muss man reagieren. Man muss den Dialog suchen, aber auch hier gibt es Grenzen“.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke