Paul Breitner war außer sich. Da kamen ihm die Mikrofone gerade recht, die ihm nach dem Abpfiff vor die Nase gehalten wurden. Nach drei Jahren bei Real Madrid in die Bundesliga zurückgekehrt, wähnte er sich nun im Wilden Westen und wütete: „Ich wusste nicht, dass in Deutschland Schiedsrichter Spieler niederschlagen dürfen.“ Diese Aussage kostete ihn später vor dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes 5000 Deutsche Mark.

Sie fiel am 9. August 1977, als auch auf dem Kaiserslauterer Betzenberg die neue Saison eröffnet wurde. Breitners Braunschweiger verloren beim FCK 1:2, das kam vor. Sie verloren auch einen Spieler durch einen K.-o.-Schlag, das kam am „Betze“ so oder so ähnlich auch mal vor. Aber dass der Täter ungestraft davonkam, weil er sich ja selbst hätte bestrafen müssen, das hatte die Fußballwelt noch nicht gesehen.

Schiedsrichter Wilfried Burgers hatte nämlich einen Elfmeter für Kaiserslautern gegeben und sich gegen die ihn bedrängenden Braunschweiger Spieler mit einer resoluten Abwehrbewegung Luft verschafft. Dabei traf er Rainer Hollmann mit dem Ellenbogen am Kehlkopf. Der brach besinnungslos zusammen und kam ins Krankenhaus. Mit solchen Knalleffekten ist nicht jede der 62 Spielzeiten der Bundesliga aus den Startlöchern gehüpft, aber die Häufung von Kuriositäten und Kapriolen ist schon bemerkenswert – vom ersten Tor an.

Zum ersten Bundesliga-Tor gibt es drei Versionen

24. August 1963: Wer den ersten Treffer erzielt hat, steht außer Frage. Wie er im August 1963 in Bremen fiel, das musste Dortmunds Timo Konietzka noch oft erzählen und nachstellen, denn gesehen haben es nur wenige und eine zweite Chance bekam niemand. Es gibt weder Filmaufnahmen noch einen Fotobeweis vom ersten Tor, das damals nach 35, 51 oder 58 Sekunden fiel (es gibt drei Versionen). Auch nicht, als der Schütze 1000 Schweizer Franken Belohnung auslobte. Denn alle Fotografen saßen hinter dem Tor der Dortmunder.

Zwei Jahre später schoss Konietzka übrigens wieder das erste Saisontor, 1965 war es das einzige im Münchner Derby. Er traf für die „Löwen“ und verdarb den Bayern damit ihre Bundesligapremiere. Der Bedeutung des Spiels angemessen, saßen auf beiden Trainerbänken Münchner Journalisten und bei den Bayern zudem noch ein Freund von Torjäger Gerd Müller aus dessen Heimatort Nördlingen. Kaum zu glauben, aber am 1. Spieltag geht so einiges.

Klaus Fischer ist der Frühstarter unter den Torjägern

15. August 1970: Das musste auch der große Otto Rehhagel erfahren, der 1970 als Spieler mit Kaiserslautern bei Hertha BSC 3:5 verlor. Dabei hatte sein FCK dreimal geführt. Ein solcher Spielverlauf war bis dahin ein Novum, später wurde er noch sechsmal kopiert. 1971 schoss Schalkes Klaus Fischer beim 5:1 in Hannover vier Tore, was seither keiner mehr geschafft hat. Fischer ist übrigens auch der Frühstarter unter den Torjägern: 13 Treffer am 1. Spieltag sind Rekord.

Die schlimmsten Demütigungen der Bayern

24. August 1974: Einen, den keiner haben will, halten die Bayern, die überhaupt recht häufig für Startkapriolen sorgten, seit anno 1974. Mit sechs Weltmeistern verloren sie gegen Kickers Offenbach in deren Ausweichstadion zu Frankfurt mit 0:6 – so schlimm startete kein anderer Meister. Besonders demütigend: Offenbachs Erwin Kostedde traf sogar per Hacke.

Acht Jahre später waren sie wieder die Lachnummer der Nation. Im Bremer Weserstadion fiel mit Windunterstützung 1982 das erste Einwurftor der Bundesliga. Werder-Nationalstürmer Uwe Reinders schleuderte den Ball, wie mit Rudi Völler verabredet, in den Fünfmeterraum der Bayern, deren neuer Torwart Jean-Marie Pfaff berührte ihn noch mit den Fingerspitzen.

Dadurch zählte der kuriose Treffer, der der einzige blieb. Er kam zunächst sogar in die Auswahl zum „Tor des Monats“, doch dann „rief mich die ARD an und bedauerte, dass sie Eigentore nicht in die Auswahl nehmen können. Wenn Sie mich fragen, haben die Bayern damit bestimmt was zu tun gehabt“, war Reinders überzeugt.

Ein Eigentor als „Tor des Monats“

19. August 1985: Drei Jahre später warf die ARD ihre Bedenken über den Haufen, als den Bayern schon wieder ein irres Eigentor den Start vermasselte – diesmal in Uerdingen. Verteidiger Helmut Winklhofer wollte den Ball nur über den Fuß seines Gegenspielers lupfen, drosch ihn aber aus fast 35 Metern ins eigene Tor. Der Schütze: „Ich dachte nur: ‚Mann, geht der aber weit.’“ Leidtragender war wieder der arme Jean-Marie Pfaff. Der Spott wurde umso lauter, als erstmals ein Eigentor zum „Tor des Monats“ gewählt wurde. Bayern-Manager Uli Hoeneß verbot das Abholen der Medaille im TV-Studio: „Verarschen können wir uns selbst.“

Mills Szene für die Pannenshow

9. August 1986: Im Spieljahr darauf konnten die Bayern erneut nicht normal in die Saison starten, wobei sie diesmal nur Statisten der nächsten komischen Aufführung wurden. Wieder stand Pfaff im Tor, das er gegen Dortmunds Frank Mill mit langem Bein voraus verließ. Der Stürmer umkurvte ihn lässig und hatte das leere Tor vor sich, da kam ihm in den Sinn es zu machen „wie Pierre Littbarski. Mein Plan: ausholen, den Ball zwischen die Füße klemmen und nach einem Übersteiger elegant einschieben. Dann sah ich etwas im Augenwinkel – es war Pfaff, der mit letzter Kraft zurückwetzte. Panik stieg in mir auf. Ich schoss – und traf den Pfosten.“

Bayern-Trainer Udo Lattek witzelte nach dem Spiel (2:2): „Ich überlege noch, welche Prämie ich ihm gebe.“ Die Szene erschien jahrelang in Pannenshows, den jüngst verstorbenen Mill verfolgte sie sogar bis in den USA-Urlaub, wo er sie im Hotelzimmer über den Bildschirm flimmern sah.

Stein weigerte sich, auf den Platz zurückzukehren

23. Juli 1988: Noch eine Geschichte aus dem Olympiastadion sorgte für Aufsehen: Aus Verärgerung über ein spätes Gegentor bei den Bayern lehnte sich Uli Stein, Eintracht Frankfurts Torwart, an eine Werbebande und weigerte sich etwas zu lange, auf den Platz zurückzukommen. Die fällige Verwarnung kommentierte er mit höhnischem Beifall, da sah er Rot und konnte nun auch legal draußen bleiben.

Lattek als Litfaßsäule

15. August 1992: Apropos Lattek: Auch über den Rekordmeistertrainer (acht Titel) wurde zum Saisonstart mal gelacht. Als laufende Litfaßsäule lieferte der neue Schalke-Trainer 1992 nach dem 3:4 gegen Wattenscheid ein Bild für die Bundesligageschichtsbücher. Sat.1-Reporter Reinhold Beckmann fand Latteks Outfit mit Müller-Milch-Basecap interessanter als das Spiel, Lattek war sichtlich verstimmt: „Ich dachte, wir wollen über Fußball reden.“

Ein Stromausfall führt zum bislang spätesten Tor

6. August 2004: Der Ball kam auch zum Auftakt der Saison 2004/2005 zu kurz. Viel mehr sprachen alle von Carola. Das Eröffnungsspiel zwischen Werder Bremen und Schalke begann wegen eines Stromausfalls mit 66 Minuten Verspätung. An jenem Freitagabend waren alle ratlos, heute wissen wir es: Die Schuldige war eine Kabelmuffe namens Carola, die Erdkabel verband und im Werder-Museum zu besichtigen ist. In Stadionnähe fanden damals Straßenbauarbeiten statt und ein Bagger hatte sie beschädigt.

Bis die Spezialisten der Bremer Elektrizitätswerke aus dem Feierabend zurückgeholt wurden, blieb es schummrig, und die Fans zückten ihre Feuerzeuge. Am Ende feierten sie einen 1:0-Sieg durch das bislang späteste Tor der Bundesligageschichte durch Nelson Valdez Punkt 23.13 Uhr.

Zwei Handspiele binnen 83 Sekunden

9. August 2013: Die Ära von Startrainer Pep Guardiola bei Bayern München begann ebenfalls mit einem Kuriosum – nun schon in der Allianz-Arena. Borussia Mönchengladbach hielt gegen den Triple-Gewinner bis zur 68. Minute ein 0:0. Da unterlief Verteidiger Alvaro Dominguez im Strafraum ein Handspiel, doch Thomas Müller verschoss den Elfmeter. 83 Sekunden später warf sich Dominguez in einen Schuss und verursachte erneut einen Strafstoß. Dieses doppelte Handspiel ist einmalig in der Historie der Bundesliga. David Alaba traf – und Borussen-Manager Max Eberl trat in eine Werbebande.

Böses Omen für Klopp und den BVB

23. August 2014: Im Jahr darauf fiel in Dortmund das bis dahin früheste Tor der Bundesligageschichte, Leverkusens Karim Bellarabi traf schon nach 9,08 Sekunden. Es war ein böses Omen für den BVB, der seine schlechteste Saison unter Meistertrainer Jürgen Klopp spielen sollte.

Schwere Verletzung beim Jubeln

19. August 2017: Dann war da noch der Torjubel des Nicolai Müller vom Hamburger SV, der 2017 das goldene 1:0 gegen Augsburg allzu schwungvoll tanzend an der Eckfahne feierte, umknickte und sich das Kreuzband riss. Er fiel bis Saisonende aus, schaffte es aber in jeden Jahresrückblick.

Dicht an dicht trotz Corona

18. September 2020: Die absurdeste Szenerie zum Saisonstart gab es 2020 in München. Wegen Corona waren keine Zuschauer zur Eröffnungsfeier zugelassen, nur die VIPs der Klubs. Trotz geltender Abstands- und Maskenregeln saßen Bayern und Schalker dicht an dicht, wofür sich Bayern-Präsident Herbert Hainer entschuldigte: „In Zukunft werden wir uns absolut regelkonform verhalten.“ Auf dem Platz trennten die Klubs indes Welten, Bayerns 8:0 ist seither der höchste Sieg zum Start einer Saison. Die Kameras sollen übrigens jedes Tor eingefangen haben.

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