Weltmeister-Ziel „nicht arrogant, sondern ganz normal“
Die nächste Mission beginnt dort, wo auch die vergangene angefangen hat. Die deutschen Fußball-Nationalspieler reisen zu Wochenbeginn nach Herzogenaurach. Auf dem Gelände von Verbandssponsor Adidas startet die Auswahl des Bundestrainers Julian Nagelsmann in die Vorbereitung auf die ersten Spiele der WM-Qualifikation. Erstmals in dieser WM-Saison hat der 38-Jährige seine Mannschaft um sich.
Das erste Training steigt Dienstagvormittag, Mittwoch reist der Tross des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) dann schon weiter nach Bratislava, wo die Nationalelf Donnerstag (20.45 Uhr, ARD) auf die Slowakei trifft. Sonntag (20.45 Uhr, RTL) steht in Köln die zweite Partie gegen Nordirland an.
Im vergangenen Jahr war die EM die große Mission Nagelsmann. Jetzt ist es die Mission WM 2026, die mit Beginn der Qualifikation in die entscheidende Phase einbiegt. „Wir sind Favorit in dieser WM-Quali-Gruppe. Ich und wir haben schon den Anspruch, da mit einer gewissen Dominanz durchzugehen“, sagte Nagelsmann. „Das kann auch ein dominantes 1:0 sein. Wir wollen kein Spiel dabeihaben, bei dem wir sagen: Das haben wir glücklich gewonnen.“
„Nicht arrogant, sondern ganz normal“
Deutschland ist noch nie in der Qualifikation für eine WM gescheitert. Zum Start der Ausscheidungsrunde für das in knapp 300 Tagen beginnende Turnier in den USA, Mexiko und Kanada gibt es kaum Zweifel daran, dass sich die Nationalelf durchsetzt. Nagelsmann hat klare Anforderungen an seine Mannschaft. Sein eigentliches Ziel ist der WM-Pokal. Diese Zielsetzung hält längst nicht jeder für realistisch. Karl-Heinz Rummenigge, viele Jahre Vorstandschef des FC Bayern, kritisierte Nagelsmann zuletzt in WELT AM SONNTAG und forderte etwas mehr Demut vom Bundestrainer.
Nagelsmann kann das nicht nachvollziehen. Er bleibt selbstbewusst und bei seiner Zielsetzung. „Ich will einfach diese volle Überzeugung“, sagte er in der vergangenen Woche. Das Weltmeister-Ziel sei „nicht arrogant, sondern ganz normal“.
Das Auftaktspiel mit dem wohl stärksten Gruppengegner Slowakei kann richtungsweisend für die Qualifikation sein. Erstmals nehmen 48 Mannschaften an der WM-Endrunde teil, aus Europa 16. Für die Qualifikation wurden die insgesamt 54 europäischen Teams in sechs Vierergruppen und sechs Fünfergruppen gelost. Alle zwölf Gruppensieger qualifizieren sich direkt für die Titelkämpfe. Die vier weiteren Plätze werden in Play-offs im März 2026 vergeben.
Per Hintertürchen zur WM?
Die Slowakei, Nordirland und Luxemburg dürfen Deutschland in Anbetracht des Anspruchs des DFB vor keine großen Probleme stellen. Nagelsmann will eine Entwicklung der Mannschaft sehen sowie Vorfreude und Begeisterung im Land entfachen. Es gibt einiges zu tun: Der verspielte Drei-Tore-Vorsprung beim 3:3 gegen Italien im vergangenen März und die vergebene Führung gegen Portugal (1:2) im Halbfinale des Finalturniers der Nations League ärgerten ihn sehr.
Was helfen dürfte: Die Nationalelf hat sich quasi eine WM-Absicherung erspielt. Falls sie den ersten Gruppenplatz in der WM-Qualifikationsgruppe verpassen sollte, ist sie in jedem Fall für die Play-offs startberechtigt. Hintergrund: Deutschland wurde in der Nations League Gruppensieger der Liga A. An den WM-Qualifikations-Play-offs nehmen die zwölf Gruppenzweiten und die vier besten, noch nicht qualifizierten Gruppensieger der Nations League teil. Für Nagelsmanns Mannschaft wäre es unerheblich, ob sie in ihrer WM-Qualifikationsgruppe auf Tabellenplatz zwei, drei oder vier landet.
Dem Trainer fehlen derzeit wichtige Spieler verletzt, unter anderem Spielgestalter Jamal Musiala vom FC Bayern, Verteidiger Nico Schlotterbeck von Borussia Dortmund, Stürmer Kai Havertz vom FC Arsenal sowie Torwart Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona. Bis zum Jahresende stehen weitere vier Partien für die Nationalelf an: Am 10. Oktober ist Luxemburg in Sinsheim der Gegner, dann geht es nach Belfast zum Rückspiel gegen die Nordiren am 13. Oktober. Die letzten Partien der Gruppe A steigen am 14. November in Luxemburg und am 17. November in Leipzig gegen die Slowakei.
Hummels-Abschied
Von Experten und Fans wird genau beobachtet, wie viele personelle Änderungen Nagelsmann zum Qualifikationsauftakt vollzieht. Eine hat er bereits verkündet: Kapitän Joshua Kimmich rückt wieder als „Sechser“ ins zentrale Mittelfeld. Der Bundestrainer verspricht sich „zusätzliche Ordnung“. Wer die vakante Position als rechter Verteidiger übernimmt, ließ Nagelsmann bislang noch unbeantwortet.
Der Name Nnamdi Collins fällt oft, Nagelsmann lobte den 21-Jährigen von Eintracht Frankfurt. Collins ist neben Paul Nebel vom 1. FSV Mainz 05 und Finn Dahmen von FC Augsburg einer von drei Neulingen im deutschen Kader. „Nnamdi Collins hat eine gute U21-EM gespielt“, so Nagelsmann. „Er ist super schnell und spielt jetzt in Frankfurt einen tick defensiver als in der U21-Nationalmannschaft, in der er Außenverteidiger war. Das passt uns gut rein. Bei der Eintracht war er zuletzt Innenverteidiger. Was er bei uns spielt, verrate ich noch nicht … vielleicht eine Mischung aus beidem. Er wird es gut machen.“
Sonntag in Köln wird es hingegen um einen gehen, der nicht mehr zur Nationalelf zählt. Es dürfte emotional werden. Rund zwei Jahre nach seinem letzten Länderspiel wird Mats Hummels beim Spiel gegen Nordirland verabschiedet. „Danke Mats“, heißt es dann. Vor dem Anpfiff wird der 36-Jährige von Verbandspräsident Bernd Neuendorf und DFB-Sportdirektor Rudi Völler geehrt. Neuendorf nannte Hummels eine „echte Führungsfigur“. Er habe „auf und abseits des Platzes immer Verantwortung übernommen“. Völler würdigte Hummels als „eines der prägenden Gesichter in einer sehr erfolgreichen Zeit der Nationalmannschaft und des DFB“. An den Erfolgen habe er als „Führungsspieler“ und „Identifikationsfigur“ erheblichen Anteil gehabt.
Hummels hat 78 Länderspiele bestritten. Der Abwehrspieler erzielte fünf Tore. Der größte Erfolg war der WM-Triumph 2014 in Brasilien. Fünf Jahre zuvor war der Innenverteidiger mit der U 21-Auswahl in Schweden Europameister geworden. Debütiert hatte Hummels in der DFB-A-Auswahl am 13. Mai 2010 beim 3:0 gegen Malta in Aachen unter Joachim Löw. Sein letztes Länderspiel bestritt er am 21. November 2023 in Wien beim 0:2 gegen Österreich unter Nagelsmann. Der Bundestrainer nominierte ihn nicht mehr für die Heim-EM 2024.
„Mats Hummels hat in seinen besten Jahren internationale Maßstäbe gesetzt und ist zu einem Vorbild für eine ganze Generation von Verteidigern geworden“, so Nagelsmann. Als „herausragender Innenverteidiger“ habe er „seine Position modern interpretiert“. Die Nationalmannschaft habe Hummels „viel zu verdanken“. Im Sommer hatte Hummels, der mit Borussia Dortmund und dem FC Bayern insgesamt fünfmal deutscher Meister wurde, seine Karriere bei der AS Rom beendet.
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