Der Auftritt im „Doppelpass“ am Sonntag war ganz nach dem Geschmack von Uli Hoeneß. So ließ sich der Bayern-Patron nach der Sendung am aufgebauten Grill-Buffet einen Burger schmecken, dazu gab es ein kleines Bier. Hoeneß’ Aussagen liefen da schon mit voller Wucht über die Nachrichten-Ticker, Homepages und die von ihm ungeliebten Social-Media-Kanäle.

Der 73-Jährige prangerte das Finanzgebaren von Newcastle United an, erkor den FC Bayern zum „eigentlichen Gewinner des Transfersommers“ und legte in seiner Dauer-Fehde gegen Lothar Matthäus nach. Hoeneß gab sich angriffslustig wie eh und je. „Wir werden so heiß sein wie nie zuvor“, erklärte er mit Blick auf die neue Champions-League-Saison und den Kampf gegen die neureiche Konkurrenz: „Mir macht es so viel Spaß wie lange nicht!“ Ob das auch für Max Eberl gilt, ist allerdings fraglich.

Die größte Wucht entfalteten die Hoeneß-Aussagen zum Sportvorstand der Bayern. Der kam als sein Wunschkandidat auf den Posten, beide wohnen am Tegernsee in unmittelbarer Nähe. Jedoch soll nicht nur der Kontakt der beiden zuletzt weniger geworden sein – sondern auch die Job-Zufriedenheit von Eberl.

Am Sonntag ließ Hoeneß die Gelegenheit ungenutzt, Eberl den Rücken zu stärken. Die Zusammenarbeit sei „gut“, er wolle jedoch keine Lippenbekenntnisse abgeben. Vielmehr sagte Hoeneß deutlich: „Wenn gewisse Dinge nicht laufen, werde ich immer mein Maul aufreißen.“ An diesem Mittwoch, vor einem Empfang der Männer- und Frauenteams des FC Bayern bei Ministerpräsident Markus Söder (CSU) unterstrich er noch einmal: „Alles, was ich gesagt habe, war für ihn sehr hilfreich. Alles, was ich gesagt habe, sollte ihm helfen.“ Er habe „überhaupt keinen Grund, mich mit Max auszusprechen. Ich bin der Meinung, dass das, was ich gesagt habe, absolut okay ist. Das ist die Wahrheit. Die Wahrheit wird auch so bleiben“.

Ganz offensichtlich ist: Viele Punkte laufen nicht so, wie es sich die Granden des Klubs, die Aufsichtsräte Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, vorstellen. Das sind die Punkte, an denen es hakt, es interne Vorwürfe gibt und wo der Ehrenpräsident mitmischt. So soll es weitergehen.

Hoeneß wurde beim Woltemade-Poker aktiv

Der Bayern-Patron ist – auch wenn er das gerne anders vorgibt – nach wie vor im Tagesgeschäft aktiv. Das zeigt ein Vorgang, den Hoeneß auf Anfrage der „Sport Bild“ nicht kommentieren wollte: Rund um den geplanten Transfer von Nick Woltemade wurde der ehemalige Spieler, Manager und Präsident des FC Bayern aktiv.

Nach Informationen des Blattes soll es im Verlauf des Sommers mehrere Telefonate von Hoeneß mit Woltemade gegeben haben, in denen er dem Spieler seine Wertschätzung ausgedrückt hat. Normalerweise nicht unbedingt die Aufgabe eines Ehrenpräsidenten und Aufsichtsrats, doch Hoeneß kann mit seiner Wucht und Emotionalität Spieler für sich gewinnen. Schon beim anvisierten Wechsel von Florian Wirtz zum FC Bayern war Hoeneß mit dem Vater des Spielers, Hans-Joachim Wirtz, im engen Austausch.

Am Ende scheiterte der Woltemade-Deal an den Forderungen des VfB Stuttgart, der Angreifer ging zu Newcastle. Vom Spieler selbst sollen Hoeneß und auch CEO Jan-Christian Dreesen mehr überzeugt gewesen sein als Eberl, der bei den Gesprächen mit Stuttgart eher stiller Beobachter als Verhandlungsführer war.

Eberl muss sich bei den Bayern manchmal wie zwischen den Stühlen vorkommen. Er war die Wunschlösung von Hoeneß. Inzwischen soll dieser ihn, so heißt es intern, neutral beobachtend verfolgen. Bei den Wunsch-Deals Wirtz und Woltemade hätte Eberl – abgesegnet durch den Aufsichtsrat – viel Geld in die Hand nehmen dürfen. Danach wurden ihm durch die Ansage des obersten Kontroll-Gremiums, er dürfe nur noch Spieler leihen, die Hände gebunden. Das frustriert Eberl sichtbar, er reagierte mit Sarkasmus in Bezug auf Woltemade („Vielleicht leiht Stuttgart ihn an uns, wir können ja leihen“).

Auf seiner Haben-Seite stehen die Verpflichtungen von Michael Olise, dem wohl besten Bayern-Transfer seit Jahren, und von Trainer Vincent Kompany. Nach einer langen, für die Bayern leidigen Suche entpuppte sich der Belgier bislang als Glücksgriff.

Kritik an der Arbeit von Eberl wächst

Allerdings gibt es an der Arbeit von Eberl auch Kritik, beispielsweise dass er bei wichtigen Terminen nicht stets anwesend ist: Als es im Mai 2024 um die Zukunft von Thomas Tuchel ging, soll Eberl wegen eines privaten Termins beim Treffen der Bosse mit Tuchel-Berater Olaf Meinking gefehlt und sich per Handy zuschalten lassen haben.

Bei Verhandlungen mit den Beratern von Nico Williams, einem der Wunschspieler des Sommers, soll Eberl ebenfalls nicht anwesend gewesen sein: Eine Autopanne soll ihn gehindert haben. Dass er während der Klub-WM aus den USA zurück nach München fliegen musste und dann wieder kam, konnte als für jedermann sichtbare Kritik an seiner Arbeitsweise gewertet werden.

Zudem sind Eberls öffentliche Auftritte immer wieder unglücklich. Thomas Müller wurde quasi ein neuer Vertrag versprochen, Woltemades Nachnamen bezeichnete er als „komisch“, den Deal von Nicolas Jackson schloss er noch kurz vor Schließung des Transfer-Fensters aus. Am Ende wurde der Spieler für 16,5 Millionen Euro Leihgebühr (drei Millionen steuert die Spielerseite bei) und geschätzt 14 Millionen Euro Gehalt für eine Saison geholt. Die Leih-Vorgabe des Aufsichtsrats konnte Eberl mit Jackson, der zudem während des Afrika-Cups (21. Dezember 2025 bis 18. Januar 2026) für Senegal im Einsatz ist und den Bayern dann nicht zur Verfügung steht, zu einem sehr teuren Preis umsetzen.

Am 25. August hatte das Gremium getagt, im Tagesordnungspunkt „Vorstandsangelegenheiten“ mussten Eberl, Dreesen und der scheidende Finanz-Vorstand Michael Diederich den Raum (wie immer) verlassen. Hier soll es auch bei der Personalie Eberl durchaus kontroverse Debatten gegeben haben, auch wenn eine Freistellung nicht im Raum stand. Immer wieder Thema sind jedoch Eberls Alleingänge: Diese begannen bei der Trainersuche im Sommer 2024, als sich der Sportvorstand nach einem ersten Telefonat nicht mehr bei Hansi Flick meldete.

Den Ex-Trainer sollen Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge zuvor bearbeitet haben, bis dieser zu einer Rückkehr bereit war. Eberl und Flick telefonierten, danach wollte sich der Sportvorstand wieder melden – was er nie mehr tat. Die Alleingänge setzten sich bei Vertragsverlängerungen (u. a. Alphonso Davies) fort. Auch der überstürzte Verkauf von Kingsley Coman soll das Gremium überrascht haben, zumal hier Eberl zwischenzeitlich angeblich – für Klub und Spielerseite – mehr als einen Tag lang nicht erreichbar gewesen sein soll.

„Wenn ich Max einen Rat geben darf ...“, sagt Hoeneß

„Wir sind ein Milliarden-Laden. Und es wäre auch für Max gut, wenn er endlich begreift, dass man solche Dinge auf mehrere Schultern verteilt“, war eine Anmerkung von Hoeneß, die eindeutig in diese Richtung ging. Die Aussagen vom Sonntag ließen Eberl fast schon wie einen Lehrjungen dastehen. „Wenn ich Max einen Rat geben darf – und das habe ich ihm auch schon persönlich gesagt: Er muss schauen, dass er im Juni, Juli die Transfers für die kommende Saison macht, wenn die großen Vereine noch nicht aktiv sind“, diktierte ihm Hoeneß.

Eberl weiß, dass es im Aufsichtsrat klare Bewegungen gegen ihn gibt. Das frustriert ihn, an einen Rücktritt, wie zuletzt von Medien berichtet, denkt er aber nicht. Lothar Matthäus sagte zuletzt in einem „Bild“-Interview über Eberl: „Hat er überhaupt noch Spaß, diesen Job bei Bayern München unter diesen Umständen zu machen? Das muss man ihn fragen.“

Nicht nur Eberls Wirken, sondern auch das der von ihm neu aufgestellten Scouting-Abteilung mit Chef Nils Schmadtke wird kritisch beäugt. Die Last-Minute-Versuche bei Ademola Lookman, Antony oder das sehr späte Werben um Jamie Gittens, als dieser schon mit Chelsea klar war, sprechen nicht unbedingt für ein strukturiertes Arbeiten und gut vorbereitetes Transferfenster.

Krösche und Rangnick werden als Nachfolger gehandelt

Das Thema Eberl schwelt weiter. Bei den Bayern rechnet aktuell niemand mit einer schnellen Trennung. Zunächst muss ein Nachfolger für Vorstand Diederich gefunden werden – Top-Kandidat ist Stuttgarts Rouven Kasper. Dann findet am 2. November die Jahreshauptversammlung statt, dort soll Herbert Hainer als Präsident bestätigt werden.

Namen wie Frankfurts Markus Krösche und Ralf Rangnick geistern seit jeher an der Säbener Straße herum. Beide müssten sich jedoch selbst für den Fall, dass Eberls Posten frei wird, fragen: Wollen und können sie beim FC Bayern so agieren, dass es den Vorstellungen der Bosse entspricht, ohne sich dabei zu verbiegen?

Die Eberl-Entwicklung kann als Warnung gelten: Er kam im März 2024 als Top-Lösung – und steht nach dem wortgewaltigen Auftritt von Hoeneß am Sonntag mehr denn je vor einer ungewissen Zukunft. Bei allen atmosphärischen Störungen wird er an Siegen gemessen: Ist die Mannschaft, die er unter komplizierten Bedingungen zusammengestellt hat, erfolgreich, dann wird sich auch Hoeneß sicher nicht gegen Eberl stellen.

Der Text wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in der „Sport Bild“ veröffentlicht.

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