Er ist eine Legende des deutschen Fußballs. Karl-Heinz Rummenigge hat mit seinem FC Bayern München als Spieler und als Funktionär fast alles erreicht. Doch die Anfänge waren für den Mann, den sie damals "Rotbäckchen" riefen, nicht leicht. Bis seine Frau Martina eingriff - und es plötzlich lief.

"Wenn man den Rummenigge mit seinem Gegenspieler in eine Telefonzelle sperrt, käme der eine Viertelstunde nicht an den Ball." In München jubelte die Presse damals euphorisch über einen neuen Star am Stürmerhimmel. Doch nicht alle waren sofort Fan von Karl-Heinz Rummenigge. Sein zweiter Trainer Dettmar Cramer sagte über ihn noch Jahre später: "Der konnte alles umspielen, den Gegner zweimal, sich selbst und die Eckfahne. Aber seine Kopfballversuche und sein Passspiel waren eine Katastrophe."

Und dann war da noch seine Gesichtsfärbung, die natürlich von der Presse schnell thematisiert wurde. So hieß der junge, aufstrebende Mann aus Lippstadt plötzlich nur noch "Rotbäckchen". Doch damit nicht genug. Denn die Anfänge in München waren alles andere als leicht für den damals 18-jährigen Jungspund. So hatte Rummenigge schon nach kurzer Zeit noch einen zweiten Spitznamen in München weg. Sein erster Übungsleiter beim FC Bayern, Udo Lattek, nannte ihn "Rummelfliege", weil das Talent bei einer 0:1-Niederlage gegen den Hamburger SV Latteks Meinung nach mit offenem Mund auf dem Platz gestanden und nur zugeschaut habe, wie sein Gegenspieler das Tor schoss. Dabei sei es ein Wunder gewesen, dass ihm keine Fliegen in den Mund geflogen seien, so Lattek.

Das schüchterte den jungen Mann aus der Provinz zusätzlich ein, denn Rummenigge siezte hartnäckig seine Mitspieler. Bis eines Tages Gerd Müller genug hatte, auf den Tisch haute und die bayerische Nachwuchshoffnung anpflaumte: "Junge, hör endlich auf mit der Scheiße!" Erschwerend kam hinzu, dass Karl-Heinz Rummenigge damals auch noch seinen Dienst an der Waffe absolvieren musste. Die Zeitungen schrieben vom "Rotbäckchen im Oliv-Jäckchen". Keine einfache Zeit also für den Jungstar der Bundesliga.

"Der Name verfolgt mich direkt"

Und auch eine andere Sache wurmte ihn. Bei den Bayern hieß sein damaliger Trainer ja Dettmar Cramer - und beim Bund war ein gewisser Manfred Cramer sein Vorgesetzter. Rummenigge: "Mich hätte fast der Schlag getroffen, als ich hörte, wie mein Chef hier heißt. Der Name verfolgt mich direkt." Nicht immer ließen ihn seine Kameraden beim Bund in Ruhe. In der Kantine riefen sie schon einmal: "Hey, Rummenigge, du Abseiler vom Dienst", oder: "Du, Millionär, stell mal an Humpen Bier her!" Rummenigge reagierte clever, schwieg und ließ lieber Freikarten verteilen.

Und obwohl es immer besser lief, verzweifelte der junge Stürmer in der Saison 1978/79 fast. "Du, Karl-Heinz, sag mal, warum kannst du denn kein Tor schießen?", fragte ihn seine Ehefrau Martina damals. Ja, warum eigentlich nicht, überlegte auch Karl-Heinz und meinte: "Als auch noch Martina mit den fehlenden Toren anfing, da hatte ich genug. Ich sagte mir: Jetzt arbeitest du am Abschluss wie ein Berserker!" Und fortan lief es. Dank seiner Frau - seiner Traumfrau, wie er auf Nachfrage eines Journalisten verriet: "Sie ist relativ groß, hat braune große Augen, hellbraune Haare und ist sehr schlank! (Pause) Zurzeit trifft das Letzte allerdings nicht zu, weil sie schwanger ist."

Es begannen die sportlich erfolgreichsten und schönsten Jahre in der Karriere des Karl-Heinz Rummenigge. Zusammen mit Paul Breitner, der 1978 zum FC Bayern zurückgekehrt war, brillierten die Münchener und holten 1980 nach sechs Jahren ohne Meistertitel die Schale wieder an die Säbener Straße. Und auch für Rummenigge selbst war die Spielzeit überaus erfolgreich. Mit 26 Treffern wurde er Torschützenkönig, zudem zu "Deutschlands Fußballer des Jahres" gewählt und mit dem Ballon d'Or als "Europas Fußballer des Jahres" geehrt.

Ein Dribbling zwischen Journalisten

Die Karriereleiter sprintete Rummenigge danach immer weiter hoch. Und so verlor die Bundesliga am Ende der Spielzeit 1983/84 einen ihrer ganz großen Stars. Karl-Heinz Rummenigge ging zu Inter Mailand. Lange Zeit hatte man vor allem in München gehofft, dass es sich der Bayern-Stürmer trotz des Millionen-Angebots noch einmal anders überlegen würde. Und als dann urplötzlich die "Abendzeitung" verkündete, Rummenigges fünfjähriger Sohn André habe gemeint: "Mama mia, ich mag doch keine Spaghetti", da jubilierte man bereits.

Umsonst. Eine sehr hohe, zweistellige Millionensumme wurde an den FC Bayern überwiesen. Ein Rekordtransfer für viele Jahre. Doch Rummenigge ging mit einem weinenden Auge aus München weg: "Das ist wie mit der ersten Liebe - die vergisst man auch sein ganzes Leben nicht!" In Mailand empfing ihn sein zukünftiger Trainer Ilario Castagner mit offenen Armen: "Es gäbe für mich nur einen denkbaren Fall, wo ich Rummenigge auf der Bank sitzen ließe: wenn er Grippe hätte!"

Doch zuvor spielte der blonde Star der Nationalmannschaft bei der EM 1984 in Frankreich. Es sollte nicht das Turnier der Deutschen und auch nicht das von Karl-Heinz Rummenigge werden. Und so schrieb die einheimische Zeitung "L'Équipe" damals: "Sein bestes Dribbling zeigte Rummenigge auf dem Weg von den Umkleidekabinen zum Bus. Wie er da Dutzende von Journalisten aussteigen ließ, indem er die ganze Breite des Flures nutzte und, ohne einen Ton gesagt zu haben, den Bus erreichte, das war gekonnt."

"Entweder sind Sie zu klein oder der Rasen ist zu hoch, Sie Blindfisch!"

Nach drei Jahren in Mailand spielte Rummenigge noch bis 1989 in der Schweiz bei Servette Genf - und startete dann direkt durch als TV-Kommentator bei der Weltmeisterschaft 1990 in Italien. Schon auf dem Platz hatte Rummenigge das Talent, aufzubrausen und witzige Sachen zu sagen. So soll sich der gebürtige Lippstädter einmal bei einem Spiel in Hamburg so fürchterlich über den Schiedsrichter aufgeregt haben, dass er nach einer wiederholten vermeintlichen Fehlentscheidung des Mannes in Schwarz zu diesem hingerannt sei und ihn mit knallroter Birne anschrie: "Entweder sind Sie zu klein oder der Rasen ist zu hoch, Sie Blindfisch!"

Später dann als Co-Kommentator im Fernsehen machte sich Rummenigges Temperament durchaus bezahlt. So ließ er sich beispielsweise zu Aussagen wie dieser hinreißen. Wolf-Dieter Poschmann hatte gemeint: "Und hier sehen wir Platini …" Woraufhin Karl-Heinz Rummenigge ergänzte: "Wir sehen vor allem, dass er dringend einen Friseur braucht!"

Oder bei der legendären WM-Achtelfinal-Partie zwischen den Niederlanden und Deutschland, als es Heribert Faßbender und Karl-Heinz Rummenigge nicht auf ihren Sitzen hielt. Unvergessen ist der kurze Dialog der beiden über den argentinischen Schiri des Spiels, Juan Carlos Loustau: "Den Schiedsrichter, den sollte man zurück in die Pampa schicken!" Karl-Heinz Rummenigge: "Ich hoffe, wir sehen diesen Schiedsrichter nicht mehr bei dieser WM." Und Heribert Faßbender: "Höchstens als Kartenabreißer."

Schon früher ein Revolutionär

Auch später als Bayern-Verantwortlicher - der damalige Präsident Fritz Scherer hatte 1991 die ehemaligen Spieler Rummenigge und Beckenbauer als Vizepräsidenten und "Notrufsäulen" ("Kicker") zur Unterstützung von Uli Hoeneß in den Klub zurückgeholt - beeindruckte der gebürtige Lippstädter mit sprachgewaltigen Bildern. Als es Streitereien im Zuge der neuen Arena gab, meinte er süffisant an die "Blauen" adressiert: "Wissen Sie, wann 1860 München hier erstmals urkundlich erwähnt wurde? Im Alten Testament. Da stand nämlich: Sie trugen seltsame Gewänder und irrten planlos umher." Oder auch der schöne Satz, als der Niederländer Arjen Robben eine WM-Verletzung verschleppte: "Wenn ich ein Auto miete, muss ich das ja auch in ordentlichem Zustand zurückgeben - man hat uns, wenn ich das so sagen darf, Arjen Robben enteignet und dann demoliert wieder in die Garage gestellt."

Zusammen mit Uli Hoeneß und Franz Beckenbauer (bis zu seinem Ausscheiden als Präsident 2009) bildete Karl-Heinz Rummenigge über lange Jahre ein absolutes Traum-Führungstrio und später ein unschlagbares Duo. Obwohl die gemeinsame Zeit im Jahr 1991 nicht ohne Rumpel startete, denn der Vorstoß von Fritz Scherer gefiel dem Bayern-Alleinherrscher Hoeneß anfangs ganz und gar nicht. Auch die ersten Worte des "Kaisers" ("Der Uli war allein, es sagte ihm keiner, was er verkehrt machte. Und auch ein Uli Hoeneß macht Fehler") hallten lange nach. Doch trotz aller Kontroversen und Streitigkeiten - der FC Bayern gedieh in all den Jahren prächtig.

Auch ein Verdienst der Führungsstärke von Karl-Heinz Rummenigge, der schon früh die damals noch versteckten Potenziale des Fußballs insgesamt erkannte und beispielsweise im Jahr 1989 im "Spiegel" die Frage aufwarf: "Warum könnte man nicht ein Siemens-Zentrum oder ein Karstadt-Einkaufszentrum in ein Stadion mit einbauen?" Der Gedanke dahinter, dass die zukünftigen Stadien und Arenen einmal große Erlebnisparks werden könnten, ist mittlerweile schon lange Realität.

Heute feiert Karl-Heinz Rummenigge seinen 70. Geburtstag. Er hat versprochen, gemeinsam mit Uli Hoeneß noch länger auf das Wohl seines FC Bayern zu achten. In München wird man das gerne gehört haben. In diesem Sinne alles Gute und Glück auf, lieber Karl-Heinz "Kalle" Rummenigge!

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