Als erster Deutscher hat Marius Kusch seine Teilnahme an den Enhanced Games verkündet. Damit sorgt der frühere Schwimm-Europameister für zahlreiche Reaktionen. Die NADA kündigt an, eine Anzeige zu prüfen, ein ehemaliger Schwimm-Weltmeister rechnet mit Todesfällen - und die Verbände sind fassungslos.

Unverständnis, unüberschaubare gesundheitliche Risiken, womöglich ein strafrechtliches Nachspiel: Der Wechsel des früheren Schwimm-Europameisters Marius Kusch zu den "Dopingspielen" hat im deutschen Sport hohe Wellen geschlagen - und könnte für den 32-Jährigen, der bei den hochumstrittenen Enhanced Games im kommenden Jahr Weltrekorde und damit den Jackpot knacken will, erhebliche Folgen auf mehreren Ebenen haben.

So bestätige die Nationale Anti Doping Agentur (NADA), derzeit zu prüfen, ob "ein Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz vorliegt". In diesem Fall droht Kusch eine Freiheitsstrafe. Sollte Kusch auf deutschem Boden positiv getestet oder mit Doping in Zusammenhang gebracht werden, drohe ihm ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Anti-Doping-Gesetz. "Diesbezüglich werden wir auf die Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften zugehen", sagte der NADA-Vorstandsvorsitzende Lars Mortsiefer. Die Nada selbst habe derzeit "wenig bis gar keinen Zugriff" auf Kusch, erklärte Mortsiefer. Kusch befinde nicht mehr im System oder in einem NADA-Testpool.

Doch auch gesundheitliche Aspekte spielen eine Rolle bei der Bewertung seines Falls. "Mich würde interessieren, ob das noch eine Krankenkasse mitmacht", sagte Mark Warnecke, Brust-Weltmeister von 2005 und Mediziner, und fügte süffisant hinzu: "Vielen Dank für deine Prämie, die kannst du in deine Krankenkasse zahlen, sonst hast du keine mehr." Medizinisch sei das Konzept der Enhanced Games jedenfalls "maximal bedenklich", erklärte der 55-Jährige und wagte eine drastische Prognose: "Auf Dauer wird der eine oder andere auf der Strecke bleiben, im wahrsten Sinne des Wortes."

Athleten Deutschland kritisiert das IOC

Denn einerseits locken die Macher der menschlichen Leistungsschau ohne Limit im Schwimmen, in der Leichtathletik und im Gewichtheben mit satten Prämien - wer etwa im Mai 2026 in Las Vegas mit welchen Mitteln auch immer als Sieger die Weltrekordmarke im 100-Meter-Sprint oder im Schwimmen über 50 Meter Freistil unterbietet, erhält je eine Million Dollar. Auf der anderen Seite wäre nach Ansicht von Warnecke selbst dieser Betrag "keine Basis" für ein gutes Leben angesichts der anzunehmenden Folgekosten - Kusch hatte seinen Schritt am Mittwoch explizit auch mit wirtschaftlichen Motiven begründet.

"Gerade, weil viele Athletinnen und Athleten - auch in Deutschland - unter prekären finanziellen Bedingungen leben, erscheinen die hohen Preisgelder der Enhanced Games für manche als einmalige Chance auf finanzielle Sicherheit durch den eigenen Sport", sagte Johannes Herber, Geschäftsführer von Athleten Deutschland. Er kritisiert in diesem Zusammenhang auch das Internationale Olympische Komitee (IOC): "Damit instrumentalisieren die Organisatoren der Enhanced Games einen der größten Missstände im internationalen Sport: die Weigerung des IOC, Athletinnen und Athleten angemessen an seinen enormen Gewinnen zu beteiligen."

Warnecke sorgt sich auch um die Rolle von Sportlern als Vorbildern. "Wenn das der Leistungssport werden sollte, dann ist das Thema für meine Kinder erledigt", sagte er. In dieselbe Kerbe schlagen der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB).

"Für uns sind Fairness, Chancengleichheit und die klare Ablehnung jeglicher Form von Doping unverrückbare Grundwerte. Wer sich bewusst von diesen Werten abwendet, verabschiedet sich von unserem Schwimmsport", erklärte der DSV-Vorstandsvorsitzende Jan Pommer. Die ehemalige Aktivensprecherin Dorothea Brandt sagte: "Wir haben eigentlich gewisse Werte, gewisse Haltungen - und da rückt jetzt jemand aus diesem Kreis aus, der das jahrelang mitgetragen hat. Das ist für mich erstmal schwer zu verstehen."

Deutscher Milliardär unter Geldgebern

Der DOSB teilte mit: "Jeder Mensch hat das Recht, frei über seinen Körper bestimmen zu können. Wer sich allerdings gesundheitsgefährdenden Projekten wie den Enhanced Games anschließt, nimmt wissentlich in Kauf, sich damit außerhalb der Gemeinschaft des Sports zu positionieren." Die Veranstaltung sei "ein Sinnbild der Tendenz zu permanenter Grenzüberschreitung in unserer Gesellschaft".

Doch die Idee der Enhanced Games hat eben nicht nur in Deutschland Anhänger gefunden, erst in der vergangenen Woche schloss sich mit dem früheren 100-Meter-Weltmeister Fred Kerley ein Star der Leichtathletik-Szene der zugespitzten Idee an. Der US-Amerikaner ist derzeit wegen Dopingmeldeverstößen gesperrt und will nun die epochalen 9,58 Sekunden von Usain Bolt unterbieten.

Bereits unter der Weltrekordmarke über 50 Meter Freistil ist im vergangenen Mai der Grieche Kristian Gkolomeev geblieben, bei Filmaufnahmen für die Enhanced Games verbesserte der sichtlich aufgepumpte Europameister von 2024 dabei seine offizielle Bestzeit um neun Zehntel - dabei trug er allerdings auch einen Schwimmanzug, der nach aktuellen Regularien verboten ist.

Die Geldgeber der Spiele ohne Grenzen, deren Kopf der australische Geschäftsmann Aron D'Souza ist, sind mindestens so berüchtigt wie berühmt. Dazu zählen der libertäre US-Unternehmer Peter Thiel, außerdem der Sohn des US-Präsidenten, Donald Trump Junior und der deutsche Milliardär Christian Angermayer. Ein Teil des Geldes kommt zudem, wie so oft im heutigen Sport, aus Saudi-Arabien. Geld, das offenbar immer mehr Sportler verlockt.

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