Wie lange Fernando Alonso bereits Teil der Formel 1 ist, wird beim Blick auf die aktuelle Startaufstellung der Rennserie deutlich. Als der Spanier am 4. März 2001 in Melbourne erstmals in der Königsklasse des Motorsports an den Start ging, waren fünf seiner derzeit 19 Konkurrenten noch nicht geboren. Alonso erreichte damals beim Großen Preis von Australien mit seinem Minardi Platz zwölf.

Seither sind 417 Rennen in 22 Saisons dazugekommen. Alonso hat dabei 113.668 Kilometer zurückgelegt, 8673 Kilometer davon führte er das Feld an. Zum Vergleich: Umrundet man die Erde am Äquator, sind das lediglich 40.075 Kilometer. Alonso ist also – aufgerundet – dreimal um den Globus gedüst. Kein Fahrer in der 75-jährigen Geschichte der Formel 1 hat mehr Rennstarts als der 44 Jahre alte Spanier.

Wie viele Grands Prix noch dazukommen, weiß keiner, nicht einmal Alonso selbst. Fest steht bisher nur: Neben den sieben verbleibenden Rennen der laufenden Saison werden 24 weitere Grands Prix 2026 folgen. Bis Ende des kommenden Jahres hat der Spanier einen Vertrag bei Aston Martin. Ob er sich mit dann 45 Jahren für eine weitere Saison entscheidet? Offen. Alonso sagt: „Ich werde von Saison zu Saison schauen. Ich werde sehen, wie ich mich fühle, wie motiviert ich bin. Ich werde sicher nicht fahren, bis ich 50 Jahre alt bin, aber ich werde so lange fahren, wie ich mich schnell und wettbewerbsfähig fühle und das Team mich braucht.“

Alonso hadert mit sich und seinem Auto

All das scheint allerdings längst nicht mehr der Fall zu sein. Der Ausnahmefahrer, der Alonso einst war, ist er ganz offensichtlich nicht mehr. Die riskanten Überholmanöver und Rennen, in denen er teils zwei Sekunden pro Runde schneller war als sein Teamkollege, sind Vergangenheit. Der Spanier hadert – mit sich und seinem Auto. Und das so sehr, dass er selbst im teaminternen Duell mit Lance Stroll das Nachsehen hat.

Ausgerechnet Stroll: Der Kanadier gilt im Fahrerlager als mittelmäßig talentiert und hat den Ruf, dass er nur noch Teil der Formel 1 und von Aston Martin sei, weil sein Vater Lawrence der Eigentümer des Rennstalls ist. Dennoch hält er Alonso, den Weltmeister von 2005 und 2006, in der laufenden Saison in Schach. Während der Kanadier auf Rang elf der Fahrerwertung steht, ist Alonso nur 14. Zwar trennen die beiden Aston-Martin-Piloten nur zwei Punkte, doch eben das lässt die Kritiker immer lauter werden.

Denn jahrelang dominierte Alonso seinen Teamgefährten Stroll nach Belieben. 2023 und 2024 konnte er mehr als doppelt so viele Punkte einfahren. Die Hierarchie bei Aston Martin war so klar geregelt wie es sonst nur bei Red Bull um Max Verstappen der Fall war. Doch das Gebilde beginnt zu bröckeln, und damit Alonsos Legendenstatus.

Der Fakt, dass Alonso auch nach 17 Rennen nach wie vor hinter Stroll in der Fahrerwertung steht, wirft Fragen auf: Wie gut ist Alonso noch? Überholt ihn das Alter, oder kann ein 44-Jähriger tatsächlich noch mit den Reaktionszeiten von Fahrern im besten Alter mithalten? Wer glaubt, dass es dem Spanier an Motivation mangelt, so wie es beim Alonso-Erzrivalen Lewis Hamilton – ebenfalls bereits 40 Jahre alt – der Fall zu sein scheint, sieht sich getäuscht. Es widerspricht dem Naturell des einstigen Heißsporns, der früher kein Duell auf der Strecke scheute, dass er freiwillig einen Gang herunterschaltet. Zu verbissen und erfolgshungrig ist Alonso immer noch.

Seinen WM-Titel konnte Alonso nicht genießen

Das war schon immer so: Als er 2005 erstmals mit Renault Weltmeister wurde und am Ziel seiner Träume war, richtete er den Blick sofort wieder nach vorn. Nachdem er die erste Stunde nach der Zieleinfahrt mit den Mechanikern und Ingenieuren im Teamhaus an der Strecke gefeiert hatte, schnürte er seine Schuhe und ging auf dem Kurs von Interlagos in Sao Paulo joggen.

Alonso sagte später: „Ich habe die WM 2005 und 2006 gewonnen und erinnere mich an kaum etwas davon.“ Ein Schicksal, das viele Titelträger ereilt hat. Doch während die meisten aufgrund einer wilden Partynacht Gedächtnislücken haben, erklärte Alonso, dass er den Moment nicht genießen konnte. Die Angst, dass er im darauffolgenden Jahr nicht mehr gewinnen würde, sei zu groß gewesen. Zu groß auch die Gier, mit seinem Rivalen in den Geschichtsbüchern gleichzuziehen: Michael Schumacher. Der Deutsche war das Maß aller Dinge, als Alonso 2001 in die Formel 1 kam. Schumacher gewann von 2000 bis 2004 fünf Weltmeisterschaften in Folge. Alonso sah in sich selbst denjenigen, der diese Dominanz nicht nur brechen, sondern wiederholen oder gar übertreffen konnte.

Der Routinier sagte über das Duell mit dem siebenmaligen Weltmeister: „Es war fantastisch, gegen Michael zu kämpfen, das war ein Privileg für mich. Ich habe 2005 gesagt, dass es wichtig sei, Champion zu werden, solange Michael noch dabei ist – wegen des Wertes und der Anerkennung, die Menschen außerhalb des Sports der Meisterschaft beimessen würden. In den Geschichtsbüchern wird stehen, dass die letzten beiden Meisterschaften, an denen er teilgenommen hat, von Alonso gewonnen wurden, und das macht mich sehr stolz.“

Die verpasste „Triple Crown“ schmerzt Alonso sehr

Sätze wie diese zeigen die menschliche Seite des Spaniers. Alonso ist ein Familienmensch, im Fahrerlager ist er beliebt. Sitzt er nicht im Auto, ist er stets zu Scherzen aufgelegt. Geht es allerdings um Rennen und Siege, kennt er keine Freunde mehr. Trotz seiner beiden Weltmeisterschaften mit Renault verließ er das Team Ende 2006. Dankbarkeit? Loyalität? Fehlanzeige. Alonso wechselte zu McLaren. Als er sich dort mit Teamchef Ron Dennis zerstritt und der britische Rennstall wegen Spionage vom Automobil-Weltverband Fia untersucht wurde, war es Alonso, der als Kronzeuge gegen McLaren aussagte. Das Team bekam alle Punkte aberkannt und musste zudem 100 Millionen Dollar Strafe zahlen.

Alonso kam mit dem Imageschaden davon. Einen Titel konnte er seither nicht mehr erringen. Vor allem der verpasste Gewinn der „Triple Crown“ schmerzte ihn sehr. Die erringt man, wenn man neben dem Grand Prix von Monaco das 24-Stunden-Rennen in Le Mans und das Indy 500 gewinnt. Im Fürstentum und in Le Mans siegte Alonso, in Indianapolis schied er zweimal mit technischem Schaden und einmal aufgrund einer mangelhaften Leistung aus.

Beides will er 2026 um jeden Preis vermeiden. Mit Aston Martin wird er alles daran setzen, dass der britische Rennstall mit dem dann neuen Reglement und der neuen Motorengeneration um Siege und vor allem die Weltmeisterschaft mitfahren kann. Denn Alonso hat noch ein Ziel: Er will den letzten großen Erfolg seiner Karriere feiern. Und den dann auch in vollen Zügen genießen.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke