Die deutschen Handballerinnen schrauben weiter an ihrem Traum vom WM-Titel. Im Halbfinale von Rotterdam feierte das DHB-Team einen sensationellen 29:23 (15:12)-Erfolg gegen Frankreich. Damit bleibt die Bilanz bei diesem Turnier makellos: Es war der achte Sieg im achten WM-Spiel.

Erstmals waren die deutschen Handballerinnen, die bisher nur so durch das Turnier gerauscht waren, als Außenseiter in ein Spiel gegangen. Gegen Frankreich hatten sie zuvor seit 20 Jahren kein Pflichtspiel mehr gewonnen. „Wir sind nicht als Touristen hier“, sagte Bundestrainer Markus Gaugisch vor der Partie gegen den amtierenden Weltmeister in der ARD. „Jeder kennt seinen Job, jede Spielerin ist bereit, den Job auf der Platte zu lassen und sich zu zerreißen.“

Seine Spielerinnen zeigten genau das in der Anfangsphase in Perfektion. Auch ohne die Unterstützung der heimischen Fans, die die Handballerinnen bislang in der Gruppenphase in Stuttgart und der Zwischenrunde und dem Viertelfinale in Dortmund durch die WM getragen hatten, konnte sich Deutschland von Beginn an sukzessive absetzen. Die Abwehr verwickelte Frankreich immer wieder in körperliche Duelle – und die Wurfquote im Angriff war gut.

Nach etwas mehr als elf Minuten stand die erste Zwei-Tore-Führung, nach knapp 13 Minuten waren es erstmals drei Tore Unterschied. Als es nach 15 Minuten und dem 10:6 sogar vier Treffer waren, sah sich der französische Trainer Sébastien Gardillou zur Auszeit gezwungen. Unter den deutschen Spielerinnen brandete Jubel über diese Entscheidung auf.

Torhüterin Filter verhindert, dass das Spiel kippt

Die Unterbrechung zeigte Wirkung. Die Französinnen kamen besser ins Spiel, Deutschland hatte vorne Pech mit einem Pfostentreffer und wurde hinten per Lupfer beim Siebenmeter kalt erwischt. Es stand nur noch 11:10 – und plötzlich musste der deutsche Trainer Gaugisch selbst eine Auszeit nehmen.

Dass das Spiel fortan nicht kippte, lag an Torhüterin Katharina Filter, die etwa beim Stand von 12:11 einen Siebenmeter parierte. Auch weil sich Frankreich durch ein Foul und einen Wechselfehler selbst schwächte und kurzzeitig in doppelter Unterzahl agieren musste, hatte die Führung bis zur Pause bestand. 15:12 – das Finale schien bereits jetzt in Reichweite. „Mein Herz springt. Ich bin begeistert. Das, was die Mädels hier machen, ist Wahnsinn“, sagte Teammanagerin Anja Althaus in der Halbzeit in der ARD.

Doch wie sah es mit dem Nervenkostüm aus? Von der Angst vor dem Gewinnen, die im Leistungssport schon so oft zu beobachten war, war auch nach der Pause nichts zu sehen. Stattdessen Wiederholung der Ereignisse: Treffer aus dem Rückraum zum 19:15, vier Tore Vorsprung, wieder Auszeit Frankreich, erneut Jubel der deutschen Spielerinnen. Fünf Minuten waren da gerade erst wieder gespielt.

Auch eine Zwei-Minuten-Strafe gegen Rückraumspielerin Emily Vogel brachte das DHB-Team nicht aus dem Rhythmus. Das Spiel wurde nun ruppiger. Erst gab es Gelb gegen die deutsche Bank, dann sogar Rot für die Französin Oriane Ondono. Sie hatte Nieke Kühne im Gesicht getroffen.

Die Zeit tickte fortan zugunsten Deutschlands runter, das zwischenzeitlich sogar auf fünf Tore wegzog. Frankreich kam nie mehr wirklich gefährlich nahe. Es war ein bemerkenswert dominanter Auftritt der Deutschen, den Lisa Antl zum 29:23-Endstand krönte. Danach brachen im deutschen Lager in Rotterdam alle Dämme. „Oh, wie ist das schön“, hallte es von den mitgereisten Zuschauern durch die Arena. Kreisläuferin Antje Döll wurde zur Spielerin des Spiels gewählt, hatte bei Entgegennahme der Auszeichnung Tränen in den Augen.

„Ich freue mich für die Mannschaft. Man sieht, wie cool sie sind, wie sie Vertrauen in ihre Stärke haben. Und diese Stärke heißt Defensive“, sagte Trainer Gaugisch in der ARD. Und Spielerin Viola Leuchter: „Ich kann nicht mehr. Es war 60 Minuten purer Kampf, aber wir haben es irgendwie mit einer Selbstverständlichkeit gespielt. Wahnsinn.“

Für die deutschen Handballerinnen war schon der Halbfinaleinzug der größte Erfolg seit WM-Bronze 2007. Nun gibt es mindestens Silber. Im Finale (Sonntag, 17.30 Uhr) wartet entweder Co-Gastgeber Niederlande oder Olympiasieger Norwegen. „Jetzt sind wir im Finale, dann wollen wir es auch gewinnen“, sagte Gaugisch. Einmal krönte sich Deutschland bislang zum Weltmeister – im Jahr 1993 durch ein 22:21 nach Verlängerung gegen den damals großen Favoriten Dänemark.

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