„Im dritten Satz wurde mir schwarz vor Augen“ – Pietreczko mit Kreislaufproblemen auf der Bühne
Das war überzeugend. Ricardo Pietreczko hat seine Pflichtaufgabe bei der Darts-Weltmeisterschaft mit Bravour gelöst. Er bezwang den Portugiesen Jose de Sousa mit 3:1. 90,86 Punkte standen am Ende im Average, er traf die Doppelfelder zu 44 Prozent. Soweit die ordentlichen Zahlen. Wirklich beeindruckend aber war das Timing des 31-Jährigen.+
Der Wahl-Hannoveraner erwischte einen klassischen Fehlstart, fand keine Höhe und somit auch kaum Triple. Bis zur ersten 60 dauerte es neun Pfeile, die ersten beiden Legs gingen nach Portugal. Doch der Deutsche bewies schon früh in diesem Match, weshalb ihm viele Experten die größten Chancen ausrechnen, um Deutschland möglichst lange in diesem Turnier zu vertreten. „Pikachu“ ließ sich nicht von der Situation beeindrucken und holte den ersten Satz noch mit 3:2.
Bereits bei der WM 2025 war er dank Timing und dem Gespür für die wichtigen Momente am weitesten gekommen. Seine Bilanz im Ally Pally steht nach dem achten Match auf der großen Bühne nun bei 6:2.
Das Match gegen den Portugiesen verlief auf ordentlichem Niveau, plätscherte an der 90er-Average-Marke aber ein wenig vor sich hin. Pietrezcko tat die richtigen Dinge zur richtigen Zeit, schien geradezu zu dosieren. Auch der zweite Durchgang ging mit 3:2 an die Nummer der 33 der Order of Merit, die schon mit Break zum 1:2 im Hintertreffen gewesen war, im Decider aber mit einem 11-Darter aufs Gaspedal drückte.
Als de Sousa auch im dritten Satz den Decider perfekt machte, schien das Ergebnis vorgezeichnet, zumal der Deutsche den Vorteil des Anwurfs besaß. Diesmal aber war es „The Special One“, der das Tempo anhob, nach zehn Darts bei 24 Punkten Rest stand und auf 1:2 nach Sätzen verkürzte.
„Mitte des dritten Satzes hatte ich heftige Kreislaufprobleme bekommen“, berichtete Pietreczko später: „Mir wurde schwarz vor Augen. Ich weiß nicht, was mir da gefehlt hat. Aber es war sehr heiß auf der Bühne. Ich dachte nur: Jetzt nicht den Klappmann machen.“
Unverständlich, dass er sich keine Hilfe holte. Doch auch dieses Rätsel löste „Pikachu“ später auf: „Von den Regularien her wäre das sicher möglich, eine kurze Pause einzulegen. Aber mir ist das Wort für Kreislaufprobleme nicht eingefallen. Es lag also an einer Sprachbarriere.“
Zweifel rief er bei seinem deutschen Gegner damit allerdings nicht hervor. Der 31-Jährige pulte sein Programm ab, vollzog das nötige Break zum 2:1 und checkte in 17 Darts auf der Doppel-20 zum Sieg. „In den entscheidenden Situationen macht er immer das Richtige“, attestierte Kommentator Dan Dawson im britischen TV. Kollege Wayne Mardle pflichtete ihm bei: „Dieses Timing ist brillant.“
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Während der 51-jährige de Sousa nach sieben Jahre nun seine Tourkarte verliert und seine achte WM-Teilnahme seine letzte gewesen sein dürfte, scheint für Pietreczko nach der dritten Runde 2024 und dem Achtelfinale 2025 erneut einiges möglich. Mit seiner Viertelfinalteilnahme bei der European Darts Championship in Dortmund und einem Achtelfinaleinzug bei den Players Championship Finals hatte er sich vor der WM noch das nötige Selbstvertrauen geholt.
In seinem Sechzehntel des Turnierbaums ist mit Ross Smith der am höchsten gesetzte Spieler bereits ausgeschieden, und in der zweiten Runde wartet entweder der kriselnde Dave Chisnall oder Fallon Sherrock. „Ich werde jetzt erst mal einen Schokoriegel essen. Am 20. komme ich dann hoffentlich gestärkt wieder und werde Traubenzucker dabei haben.“
Mit Pietreczko, Gabriel Clemens, Max Hopp und Arno Merk stehen vier der bislang fünf gestarteten Deutschen in der zweiten Runde. Lukas Wenig hatte sein Auftaktmatch gegen Wesley Plaisier verloren. Niko Springer ist noch im letzten Match des Dienstagabends angesetzt, am Mittwochabend ist die deutsche Nummer eins Martin Schindler gefordert. Dominik Grüllich spielt am Donnerstag als letzter Deutscher gegen den Niederländer Jermaine Wattimena.
Wenn Lutz Wöckener nicht gerade irgendeinen Sport im Selbstversuch ausprobiert, schreibt er über Darts und Sportpolitik, manchmal aber auch über Abseitiges wie Fußball.
Darts-WM 2026, Ergebnisse, 1. Runde
- Alan Soutar (SCO) – Teemu Harju (FIN) 3:2 n.V. (3:0, 3:0, 2:3, 2:3, 5:4)
- Nick Kenny (WAL) – Justin Hood (ENG) 0:3 (0:3, 2:3, 2:3)
- Scott Williams (ENG) – Paolo Nebrida (PHI) 3:0 (3:1, 3:0, 3:1)
- Chris Dobey (ENG/8) – Xiaochen Zong (CHN) 3:1 (3:0, 1:3, 3:1, 3:1)
- Ricardo Pietreczko (D) – Jose De Sousa (POR) 3:1 (3:2, 3:2, 2:3, 3:1)
- Danny Noppert (NED/6) – Jurjen van der Velde (NED) 3:1 (3:2, 1:3, 3:2, 3:0)
- Gerwyn Price (WAL/9) – Adam Gawlas (CZE)
- Niko Springer (D) – Joe Comito (AUS)
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