Eine katastrophale Fehlentscheidung besiegelte Detroits Schicksal in Spiel vier. Anstatt mit 2:2 und jeder Menge Selbstvertrauen zurück in den Big Apple zu fliegen, steht das Team von Dennis Schröder nun vor dem Aus. Um das abzuwenden, brauchen die Pistons den Deutschen mehr denn je.

Dennis Schröder und sein Team stehen in den NBA-Playoffs mit dem Rücken zur Wand. In einem hochintensiven Spiel vier zwischen den Detroit Pistons und den New York Knicks verlor der deutsche Nationalmannschaftskapitän buchstäblich in allerletzter Sekunde - ausgerechnet, weil die Schiedsrichter eine katastrophale Fehlentscheidung trafen und somit den Ausgang in einer dramatischen, hart umkämpften Partie zementierten.

Beim Stand von 94:93 für die Gäste aus New York verfehlte Pistons-Star Cade Cunningham einen Wurf aus der Mitteldistanz; der Abpraller landete nach ruppigem Kampf um den Rebound bei Tim Hardaway Jr. in der Ecke. Der Pistons-Flügel ließ 0,3 Sekunden vor Schluss den Dreier aus der Hand fliegen, wurde dabei von New Yorks Josh Hart klar beim Wurfversuch gefoult - und hätte drei Freiwürfe zugesprochen bekommen müssen.

Die Referees jedoch ließen weiterlaufen, Hardaways Wurf ging daneben, New York gewann mit dem denkbar knappsten aller Vorteile und führt in der Best-of-Seven Serie jetzt mit 3:1. Das erste Team, das vier Partien für sich entscheidet, zieht in die nächste Runde ein, die Verlierer haben Sommerurlaub. Die Knickerbockers können bereits in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch im heimischen Madison Square Garden alles klar machen.

"Offensichtlich"

"Während des Spiels befanden wir, dass Josh Hart legal verteidigte", erklärte Haupt-Schiedsrichter David Guthrie nach der Partie. "Bei der anschließenden Sichtung des Videos in der Umkleidekabine stellten wir jedoch fest, dass Hart mehr als minimalen Körperkontakt mit Hardaway Jr. provoziert, und wir auf Foul hätten entscheiden müssen." Pistons-Head-Coach JB Bickerstaff war außer sich vor Wut, die erzürnten Fans in der Little Caesars Arena blieben minutenlang ernüchtert sitzen, in der verzweifelten Hoffnung auf einen alternativen Ausgang.

Ein ausbleibender Pfiff kann laut Regelwerk nicht angezweifelt werden. Eine kompetente Spielleitung pfeift jedoch solche Aktionen in der Regel und gibt sich so zumindest die Option, mittels Replay-Center die eigene Entscheidung nachzuprüfen. Hätte das Schiedsrichter-Trio wie erwartet auf Foul entschieden, wäre Detroits Wurfspezialist für drei Freiwürfe an die Linie gegangen und in der Lage gewesen, das Spiel für seine Farben auf Eis zu legen. Hardaway traf in dieser Saison 86 Prozent seiner Freiwurfversuche, in der Karriere kommt der Sohn von NBA-Legende Tim Hardaway, der in der Halle zuschaute, auf starke 82 Prozent.

"Jeder hat es gesehen, es war offensichtlich", sagte Hardaway nach dem Spiel, während Knicks-Spieler den Nachfragen schmunzelnd auswichen. Normalerweise gleichen sich Szenen wie diese im Laufe einer Partie aus, in intensiv geführten Duellen ist nie nur eine einzige Sequenz für Sieg oder Niederlage ausschlaggebend. Anstatt jedoch mit einem 2:2 und jeder Menge Selbstvertrauen zurück in den Big Apple zu fliegen, steht das Team von Dennis Schröder nun vor dem Aus.

Schröders Einfluss

Vielleicht hätte es nie dazu kommen müssen: Detroit brauste mit einem fulminanten dritten Viertel zu einer komfortablen Führung und schien nach Jalen Brunsons Verletzung während eines Scharmützels mit Schröder an der Mittellinie endgültig auf der Siegerstraße zu sein. Ein beherztes Knicks-Comeback, angetrieben von einem racheschnaubenden, rekonvaleszenten Brunson (15 seiner 32 Punkte im Schlussviertel) und seinem All-Star Teamkollegen Karl-Anthony Towns (acht seiner 27 Zähler im Abschlussviertel), legte jedoch den Grundstein für die an Spannung nicht zu überbietende Crunchtime, inklusive Skandal-Szene vor dem finalen Buzzer.

Auch Schröder konnte die zweite knappe Heimniederlage seines Teams nicht verhindern. Nach der denkbar knappen 116:118 Pleite in Spiel drei, bei der Schröder mit 18 Punkten und starken 6-9 Wurfversuchen einer der besten Pistons war, blieb der Braunschweiger in Spiel vier ohne großen offensiven Einfluss. Er nahm nur vier Würfe aus dem Feld und beendete die Partie mit sechs Punkten und zwei Vorlagen.

Defensiv war der Deutsche einmal mehr Aggressor und gute Perimeter-Option gegen New Yorks Guards, klaute drei Mal den Ball und brachte so immer wieder Detroits Fastbreak-Spiel ins Laufen. Im dritten Viertel stibitzte er erst den Ball von Brunson und bediente Cunningham für einen einfachen Leger. Kurz vor Ende des Spielabschnitts bediente er sich dann bei Cameron Payne und setzte Hardaway Jr. ein, dessen Dunk jedoch eine Zehntel-Sekunde zu spät kam.

Wichtige Lernerfahrungen

Detroit ist eine der jüngsten Mannschaften im diesjährigen Playoff-Feld. Superstar Cunningham ist erst 23 und muss noch lernen, mit der erhöhten defensiven Aufmerksamkeit und dem Druck einer ersten Option umzugehen. Rollenspieler wie Ausar Thompson (22) oder Jalen Duren (21) sammeln ihre erste Erfahrungen auf diesem Niveau. Teams wie diese zahlen zu diesem Zeitpunkt in der Saison meist bitteres Lehrgeld. Manager Trajan Langdon visierte aus genau diesem Grund Veteranen wie Tobias Harris, Hardaway, Malik Beasley und eben Schröder an.

Die Pistons haben alle Erwartungen längst übertroffen. Sie verdreifachten die Anzahl ihrer Siege gegenüber der Vorsaison, erreichten zum ersten Mal seit 2019 wieder die Playoffs und gewannen - auch dank Schröders Galaleistung in Spiel zwei - dort ihre erste Partie seit 17 Jahren. Sie sind mehr als nur respektable Opponenten für eines der besten Teams im Osten, um ein Haar hätte es 2:2 stehen können. Und wer weiß, wie New York dann mit dem Druck eines Best-of-Three-Szenarios umgegangen wäre?

Fehlermargen im April und Mai sind aber eben viel geringer als zwischen Oktober und März. Das weiss niemand besser als Schröder, der bereits zum neunten Mal in seiner Karriere in den Playoffs steht und hier 72 Partien absolviert hat - mit Abstand Bestwerte in diesem Pistons-Team. Der Deutsche liefert bisher ab, ist zweitbester Balldieb, drittbester Vorbereiter und einer der sichersten Schützen weit und breit (55 Prozent aus dem Feld und sensationelle 62 Prozent Dreier). Bickerstaff täte gut daran, ihn noch länger auf dem Parkett zu lassen, um von seiner Ballsicherheit, Erfahrung und Clutch-Disposition zu profitieren. Vor allem an der Seite von Cunningham entfaltet Schröder seine größte Wirkung, ist in sieben der neun besten Lineups vertreten (davon sechs Mal neben Cunningham). Will das Team aus der Autostadt seine Saison retten und noch mindestens ein Mal vor den heimischen Fans in Michigan auflaufen, wird wieder viel vom 31-Jährigen mit der Nummer 17 abhängen. Ein Sieg in New York ist Pflicht. Vielleicht ist ja dann auch Fortuna wieder auf Pistons-Seite...

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