Papa, wir fahren nach Berlin! Und das in dem Jahr, in dem du nicht dabei sein kannst. Die erste Pokalrunde haben wir noch zusammen geschaut, die zweite Runde musste ich allein schauen.

„Souveränes 2:0“, hast du noch gesagt. „Aber die erste Runde war nie das Problem. Mal gucken, wann sie es sich dieses Jahr wieder vermasseln.“

Positiv bei der Arminia zu bleiben, das hatten wir uns schon lange abgewöhnt. Lustig, denn früher hast du immer gesagt: „Alina, wir fahren auch mal nach Berlin! Du bist sechs Jahre alt, also haben wir noch mindestens 70 Jahre Zeit.“

Diese Zeit hattest du aber nicht mehr.

Genau eine Woche nach dem Sieg gegen Hannover hast du den Kampf gegen den Krebs verloren – und ich nicht nur dich, sondern auch irgendwie meine Leidenschaft am Fußball. Dem Sport, den wir so lieben, in dem ich arbeite. Und vor allem: die Arminia, mit der ich seit über 20 Jahren gefeiert und viel gelitten habe.

Mit vier Jahren hast du mich mit auf die Alm genommen

Und wieso? Weil du mich mit vier Jahren das erste Mal mit auf die Alm genommen hast und ich direkt mein Herz an die Arminia verloren habe. Du hast mir mein erstes Haarspangen-Set im Fanshop gekauft, in der Hoffnung, dass wenigstens deine Tochter deiner Leidenschaft folgt, wenn es der Sohn schon nicht tut. Gut gepokert, denn du hast eine lebenslange schwarz-weiß-blaue Freundin gewonnen.

Also irgendwie unfair, die Beziehung nach deinem Tod auf Eis zu legen, denn was der Verein dir nach der Diagnose, während deiner Krankheit gegeben hat, ist einzigartig.

Es brauchte nur eine Nachricht von mir an die Presseabteilung und es kam direkt eine WhatsApp-Nachricht von unserem damaligen Trainer Uwe Koschinat. In einem Video sagte er: „Ich hab von deiner Krankheit gehört, du schaffst das! Und wenn es dir besser geht, kommst du zu einem unserer Heimspiele, sitzt mit deiner Tochter in der VIP-Loge, und wir gewinnen, für dich“.

Was für eine Geste, was für ein Liebesbeweis an einen treuen Fan. Ins Stadion haben wir es nicht mehr geschafft.

Ich bilde mir ein: Die Siege waren für dich

Aber weißt du was? Gewonnen haben sie im DFB-Pokal noch eine ganze Menge. Nach Hannover noch gegen Union, Freiburg, Werder und im Halbfinale gegen Leverkusen. Und ich bilde mir ein: Die Siege waren für dich.

Aber auch für mich, denn ich habe meine Leidenschaft für den Klub zurück. Und nein, ich bin kein Erfolgsfan, denn dann wäre ich kein Armine. Es ist für jeden Fan einfach eine unvergessliche Saison. Aber für mich ganz besonders. Und für dich sicher auch, da bin ich mir sicher.

Bevor ich es vergesse: Der Aufstieg in die Zweite Liga ist auch schon gesichert – und das sogar vor dem letzten Spieltag.

Ich hoffe, ich kann dir ganz bald aber noch was ganz anderes erzählen: „Papa, wir haben den Pokal!“

Das Interview wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in „Bild“ veröffentlicht.

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