Im letzten Saisonspiel von AS Rom hat Mats Hummels die letzten drei Minuten seiner außergewöhnlichen Karriere absolviert – es war ein stiller Abschied, der nicht angemessen war.

In der 89. Minute am späten Sonntagabend machte sich Mats Hummels an der Seitenlinie des kleinen Olympiastadions, in dem der FC Turin seine Heimspiele austrägt, zur Einwechslung bereit. Hummels Klub, der AS Rom, absolvierte das letzte Saisonspiel in der Hauptstadt des Piemonts, und Trainer Claudio Ranieri wollte mit ihm und drei weiteren Einwechslungen die 2:0-Führung absichern, um den fünften Platz in der Meisterschaft zu sichern. Konkurrent Juventus Turin führte im Parallelspiel und hatte die Champions League sicher.

Es war ein Routinevorgang, alltäglich, glanzlos, unspektakulär. Hummels spielte die letzten drei Minuten seiner Karriere nahezu unter Ausschluss der (deutschen) Öffentlichkeit. Nach Schlusspfiff feierten ihn immerhin die Mitspieler, indem sie ihn mehrmals in die Luft warfen. Jeder Teamkollege wusste, dass hier ein Großer geht. Hummels gab ein letztes TV-Interview als Profi und sagte sichtlich bewegt: "Ich weiß nicht genau, wie ich mich fühlen soll. Ich bin glücklich, traurig, voller Emotionen." Und: "Ich bin froh, dass wir es doch noch in die Europa League geschafft haben – auch wenn wir nur knapp an der Champions League vorbeigeschrammt sind."

Bei Thomas Müller lief es ganz anders ab

Es war ein denkbar leiser Abschied nach einer überragenden Karriere – und alles anderes als angemessen. 18 Jahre stand Hummels als Profi auf dem Fußballplatz. Einst bildete er mit Nationalmannschaftskollege Jérôme Boateng das beste Innenverteidiger-Duo der Welt und hatte maßgeblichen Anteil am WM-Triumph 2014. Hummels gehörte zur großen Mannschaft unter Jürgen Klopp, holte fünf deutsche Meistertitel und drei Pokalsiege, nur die Champions League gewann er nie, obwohl er 2013 und 2024 mit Borussia Dortmund das Finale erreicht hatte.

Mr. Außenrist – die große Karriere von Mats Hummels in Bildern

Geschafft: Am 1. Januar 2007 erhält Mats Hummels als 18-Jähriger seinen ersten Profivertrag beim FC Bayern, wo er seit Kindertagen spielt. Er hat damit den Sprung aus dem Nachwuchs in die erste Mannschaft des FC Bayern geschafft. Das Tor bei den Münchnern hütet damals noch Oliver Kahn © Imago Images
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Der Abschied wirkte auch deshalb so trostlos, weil es im Fall des um ein Jahr jüngeren Thomas Müller ganz anders ablief. Müllers Abschied wurde von den Medien und den Fans über Wochen zelebriert. Im letzten Heimspiel berief ihn Trainer Vincent Kompany in die Startelf (es ging sportlich um nichts mehr), die Anhänger feierten ihn mit Standing Ovations, die Vereinsikone hielt eine emotionale Rede, und es wurde viel Konfetti verschossen. Zudem bekommt Müller eine kurze Zugabe: Der 35-Jährige wird für den FC Bayern bei der Klub-WM in den USA auflaufen. Dafür erhielt er extra einen neuen Mini-Vertrag über einen Monat. Der FC Bayern weiß, wie man Klub-Helden gebührend verabschiedet.

Sicherlich hatte Müller den Vorteil, dass er zeitlebens dem FC Bayern treu geblieben ist. Zur ausgelassenen Stimmung trug der 34. Gewinn der Deutschen Meisterschaft erheblich bei – und streng genommen ist das Karriereende offen. Es ist gut möglich, dass Müller noch ein Profi-Jahr in den USA dranhängt.

BVB hat Hummels schnöde abserviert

Damit kommen wir zur unrühmlichen Rolle von Hummels Herzensklub, Borussia Dortmund. 13 seiner 18 Profijahre spielte Hummels für den BVB. Nach einer dreijährigen Unterbrechung beim FC Bayern kehrte er 2019 nach Dortmund zurück, überzeugte nicht immer, aber gerade in seiner letzten Saison spielte er noch einmal groß auf. Er hatte großen Anteil daran, dass die Mannschaft im vergangenen Jahr das Finale in der Königsklasse erreichte.

Doch im Gegensatz zu Müller eckte Hummels mit seiner selbstbewussten Art manchmal an. In einem Interview im Frühjahr 2024 kritisierte er Trainer Edin Terzic unverhohlen für dessen taktische Ausrichtung – das kam nicht gut an. Das Verhältnis zwischen Hummels und der Vereinsführung erkaltete sichtlich. Die Vertragsverlängerung um ein Jahr wie bei Müller in München ein Jahr zuvor war vom Tisch, auch aus sportlichen Gründen. Im letzten Heimspiel überreichte man Hummels einen Blumenstrauß und gab ihm einen feuchten Händedruck.

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Hummels war nie ein Herzensspieler für die Fans, eher einer, den man für scharfe Tacklings, Außenrist-Pässe und geschliffene Aussagen nach Spielschluss bewunderte. Müller verströmte auf gewisse Art mehr herzliche Kumpelhaftigkeit. Dennoch war die Art und Weise, wie man in Dortmund mit einem hochverdienten Spieler umgegangen ist, nicht in Ordnung. Offenbar ist da mehr kaputtgegangen als gedacht.

Mats Hummels klingt ein wenig verbittert

Wie sehr ihn die herzlose Trennung getroffen hat, zeigt Hummels' Aussage über die gescheiterte Vertragsverlängerung in der ZDF-Doku "Hummels – La Finale": "Es hätte anders laufen sollen als bei mir. Eigentlich ist es eher so, dass es einem in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt wird. Mir wollte, glaube ich, jemand das Interview heimzahlen und hat es der Presse gesteckt, bevor es öffentlich mitgeteilt wurde." Es klang verbittert.

Sein letztes Jahr bei der Roma war am Ende nur die Fortsetzung dieses schnöden BVB-Abschieds. Zuerst erhielt er gar keine Einsatzzeiten. Erst als Ranieri Cheftrainer wurde, spielte Hummels häufiger. Doch das Aus in Rom war besiegelt, nachdem er seinem Team durch eine Rote Karte im Achtelfinale der Europa League ("größter Fehler meiner Karriere") das Weiterkommen gekostet hatte. 

Jetzt hat er Zeit, sich um seinen Sohn Ludwig zu kümmern. Und eine angemessene Würdigung wird es hoffentlich irgendwann geben. Wo und wie auch immer. Verdient hätte Hummels es.

Quellen:N-TV, "t-online", DAZN, Thomas Müller auf Youtube, ZDF

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