Sportlich bringt Borussia Dortmund die Saison 2024/2025 zu einem guten Abschluss. Die Qualifikation für die Champions League untermauert den Status des BVB als internationales Aushängeschild der Liga. Der Erfolg aber kann nicht alles überdecken. Im Herbst muss sich Boss Watzke einem Machtkampf stellen.

Borussia Dortmund steht vor einem Machtkampf. Reinhold Lunow, der amtierende Präsident des e.V., wird nach Informationen von ntv.de im kommenden November erneut für das Amt des Klub-Präsidenten kandidieren. Damit setzt er Hans-Joachim Watzke, einen der mächtigsten Männer im deutschen Fußball, unter Zugzwang.

Watzke wird noch in diesem Jahr seinen Posten als Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA verlassen. Er galt bis zum heutigen Dienstag als ausgemachter Kandidat für die Nachfolge des 71-jährigen Lunow. Doch dieser wird seinen Posten nicht freiwillig räumen. "Es ist das gute Recht von Reinhold Lunow, sich für das Präsidentenamt zu bewerben. Ich werde mit den Gremien des BVB die Ableitungen daraus besprechen", sagte Watzke der ARD-"Sportschau" zu einer möglichen Kampfkandidatur.

Der 65-jährige Watzke müsste bei einer Kandidatur nun gegen die Person antreten, die nach dem Ausscheiden des langjährigen Präsidenten Reinhard Rauball im November 2022 den Platz für Watzke hatte freihalten sollen. Dass Lunow eine Auseinandersetzung mit dem Gesicht des BVB nicht scheut, zeigte er bereits bei der für Dortmunder Verhältnisse turbulenten Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr. Dort nahm er in der Rheinmetall-Debatte nicht die Position der Geschäftsführung ein.

"BVB braucht starkes neues Miteinander"

Lunow wird mit einem dreiköpfigen Team ins Rennen gehen. Die Wirtschaftsjuristin Sabine Aldermann ist seit Kurzem Mitglied im Beirat der Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH, einem 13-köpfigen Gremium, das als Kontrollorgan der Geschäftsführung dient. Jakob Scholz, der Leiter der BVB-Fanabteilung, kann auf Jahrzehnte als aktiver Fan zurückblicken. Er ist in der Szene gut vernetzt und bringt das Verständnis für die Belange der Anhängerschaft mit ein.

"Ich kandidiere erneut als Präsident von Borussia Dortmund, weil unser Verein einzigartig ist - und das soll so bleiben", sagte Lunow in einem Statement, das ntv.de vorliegt. "Dafür brauchen wir ein starkes neues Miteinander: Aufbruch und Kontinuität, wirtschaftliche Stabilität und gesellschaftliche Verantwortung gehören untrennbar zusammen."

Bei der Wahl im November wird es daher auch um das Selbstverständnis der BVB-Mitglieder gehen. "Gerade in einer Welt des ständigen Wandels müssen wir uns stets vergegenwärtigen, was uns ausmacht - unsere Werte, unsere Tradition und der unerschütterliche Zusammenhalt der Borussia-Familie", erklärte Lunow, der selten in die Öffentlichkeit strebt. "Diese Werte bilden das Fundament unseres Erfolgs und das, was uns als Verein stark macht."

Fans: Abschied von Watzke als Chance

Watzke hatte zuletzt immer wieder mit einer Kandidatur für das Präsidentenamt kokettiert, jedoch noch keine konkreten Schritte angekündigt. "Wenn mein Verein das will, stehe ich zur Verfügung", hatte er im vergangenen Monat im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF gesagt. Der BVB, hatte er gesagt, werde "immer mein Verein sein, ich liebe diesen Verein, ich werde den auch nie alleine lassen".

Diese Liebe jedoch wird nach 20 Jahren Watzke nicht mehr von allen Mitgliedern geteilt. Wie kompliziert die Wahl für ihn werden könnte, zeigt eine Wortmeldung nach der im Endspurt geglückten Qualifikation für die Champions League. In ihrem Fazit zur Saison 2024/2025 hatten sich die unter dem Dach der "Südtribüne Dortmund" vereinten, aktiven Fans bereits deutlich gegen ein "Weiter so" ausgesprochen.

"Angesichts der wachsenden Konkurrenz in der Bundesliga steht unser Verein nun am Scheideweg", hatten die Fans geschrieben. Weiter hieß es: "Nach zwanzig überwiegend erfolgreichen Jahren wird Hans-Joachim Watzke in Kürze die Geschäftsführung des BVB verlassen. Deshalb gilt es jetzt, die gewohnten Handlungsmuster auf den Prüfstand zu stellen." Das Ausscheiden einer "solch prägenden Figur" sei dabei die Chance für einen echten Neuanfang.

Gründe für den Machtkampf

Diese für außenstehende Beobachter nicht unbedingt sofort nachvollziehbare Frustration der Dortmunder Anhänger hat viel mit der auch aus dem sportlichen Erfolg resultierenden Entfremdung zwischen den Fans und der börsennotierten Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA zu tun.

Die börsennotierte Fußballsparte hat in den zwei Jahrzehnten unter Watzke höchst erfolgreich operiert, sich in den vergangenen zehn Spielzeiten zehnmal für die Champions League qualifiziert. Nur fünf weiteren Teams ist dies in diesem Zeitraum gelungen. Der BVB gehört zu den Schwergewichten in Europa.

Der BVB hat sich auch dank zweier Final-Teilnahmen in der Königsklasse international klar als die zweite deutsche Mannschaft neben dem FC Bayern München positioniert. Borussia Dortmund bewegt Menschen weltweit. Um jedoch weiter auf der höchsten internationalen Bühne, der Königsklasse, zu spielen, muss sich der BVB in den vergangenen Jahren vermehrt wachsender nationaler Konkurrenz erwehren.

Um sich aber gegen die wachsende nationale Konkurrenz zu behaupten und international weiterhin eine große Rolle zu spielen, muss Borussia Dortmund immer neue Geldquellen bemühen. Die Mitglieder des e.V. sehen sich dabei als ein Korrektiv für die Geschäftsführung der ausgegliederten Profisparte. Zuletzt hatten die Anhänger vermehrt das Gefühl, für die Entscheider der GmbH eher lästiges Beiwerk zu sein. Sie sehen kein gesundes Miteinander mehr. Die Grundstimmung rund um den Verein hat sich trotz der konstanten sportlichen Erfolge der vergangenen Jahre heruntergekühlt.

Die Episode Rheinmetall

Auf der BVB-Mitgliederversammlung im November 2024 hatten die Mitglieder des e. V. einen umstrittenen Werbedeal mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall missbilligt. 556 der 855 abstimmenden Mitglieder hatten für den Antrag gestimmt.

Als Reaktion darauf hatte Watzke auf der am Tag darauf folgenden Hauptversammlung der Aktionäre angekündigt, in diesem Jahr die Meinung der Gesamtheit der über 200.000 BVB-Mitglieder in einer Online-Abstimmung einzuholen. Später sagte Watzke, dass er die Debatte versachlichen wolle und daher die Entscheidung der Mitgliederversammlung respektiere. Auf dieser Mitgliederversammlung war es Lunow wichtig gewesen, die Mitglieder des e. V. zu hören und sie über den Antrag abstimmen zu lassen. Die GmbH um Watzke hatte gehofft, dass Lunow sich auf ihre Seite stellt.

Watzke führte BVB zur alten Stärke

Watzke und Lunow kennen sich seit 1998, 2005 wurde Lunow Watzkes Nachfolger als Schatzmeister. Sein Amt als Geschäftsführer der GmbH ließ eine Fortführung seiner Tätigkeit als Schatzmeister für den e. V. damals nicht mehr zu. In all den Jahren haben sie vertrauensvoll und eng zusammengearbeitet.

Borussia Dortmund zählt zu den mitgliederstärksten Sportvereinen der Welt. Neben der ausgegliederten Profifußballsparte unterhält der Klub noch eine Handball- und Tischtennisabteilung sowie die Fan- und Förderabteilung. Über das Konstrukt der Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH behält der e.V. die Kontrolle über die ausgegliederte Profisparte. Der Verein hält 100 Prozent aller Anteile an dieser GmbH.

Hans-Joachim Watzke ist seit Februar 2005 Vorsitzender der Geschäftsführung. Er ist einer der Retter des Klubs, der vor 20 Jahren vor dem finanziellen Untergang stand. In seine Zeit fallen die großen sportlichen Erfolge des BVB mit den Meisterschaften unter Jürgen Klopp, den drei Pokalsiegen mit Klopp, Thomas Tuchel und Edin Terzic sowie der Etablierung des Klubs als internationales Aushängeschild der Borussia.

Watzkes Einfluss reicht bis zur UEFA

Über die Jahre ist Watzke zu einer der wichtigsten Figuren im deutschen Fußball aufgestiegen. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Fußball Liga, Sprecher des Liga-Präsidiums, erster Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bunds und Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees. Im September will er erneut für das Amt des Sprechers des Liga-Präsidiums kandidieren.

Gemeinsam mit dem DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf, der im FIFA Council sitzt, wollen sie dem deutschen Fußball auch international wieder eine bedeutendere Stimme verleihen. "In den letzten 20 Jahren war Deutschlands Stimme nicht so stark wie heute", sagte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin zuletzt im Interview mit dem "Kicker": "Ich stehe mindestens einmal pro Woche mit Bernd Neuendorf und Aki Watzke in Kontakt. Sie haben für Stabilität gesorgt."

Doch all das Lob von außen verhindert nun nicht den Machtkampf bei Borussia Dortmund, dem Verein, den Watzke als sein Lebenswerk betrachtet. Es kommt einer kleinen Revolution gleich.

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