Die letzten Aufgaben haben die Manager und Anwälte zu erledigen. Dann geht der Wechsel von Florian Wirtz (22) auch formal über die Bühne. Die Gespräche zwischen Liverpools Fußball-Boss Michael Edwards (45) und Leverkusens Sportchef Simon Rolfes (43) laufen längst – geräuschlos, vertrauensvoll, zielorientiert. Am Ende wird eine Zahl stehen, die sowohl in der Bundesliga als auch in der Premier League den größten Spielertransfer überhaupt dokumentiert.

150 Millionen Euro will Leverkusen erzielen. Die Engländer versuchen, das Paket in die Region von 135 Mio. Euro zu drücken. Sie hatten sich in der vergangenen Woche die Budget-Zusage bei den Klub-Besitzern in Boston (USA) abgeholt. Jetzt geht es vor allem um die Verteilung der Ablöse-Bausteine: Was fließt als Fix-Summe in welchen Raten, wie werden die Faktoren für erfolgsabhängige Nachschläge definiert?

Die Verträge zwischen den Vereinen und das Arbeitspapier von Wirtz beim englischen Meister sind die Krönung jahrelanger Vorarbeit. „Sport Bild“ enthüllt, warum sich Wirtz für Liverpool entschieden hat. Und gegen den FC Bayern, der so lautstark um den „besten Spieler Deutschlands“ (Karl-Heinz Rummenigge) geworben hat.

In München waren sie sich sicher, den Spielmacher zu bekommen. Die Absage am vergangenen Freitag sorgte für einen Schock-Zustand. Papa und Berater Hans Wirtz informierte die Bayern-Bosse um Max Eberl (51). Florian rief nach SPORT BILD-Infos persönlich bei Trainer Vincent Kompany (39) an, um ihn zu informieren.

Seit Jahren Kontakt

In Leverkusen überraschte das Bekenntnis zu Liverpool nicht. Michael Edwards, der Fußball-Boss des Meisters, hatte sich seit Jahren um Wirtz bemüht und erstmals Kontakt zur Familie aufgenommen, als Florian noch in der Jugend des 1. FC Köln kickte. Nach dessen Wechsel Anfang 2020 zu Leverkusen ließ Liverpool den Kontakt nicht abreißen. Zwischen 2022 und 2024 hatte Edwards zwar kein Amt bei LFC. Nach seiner Rückkehr intensivierte er das Werben aber erneut, auch über deutschsprachige Mitarbeiter.

Ein Vor-Ort-Besuch sorgte bei Wirtz schon im November 2024 für große Liverpool-Sympathie. Damals spielte er mit Leverkusen in der Champions League an der Anfield Road, verlor 0:4. Er spürte die besondere Stimmung im Stadion und die Kraft des Vereins. Am Tag danach trainierte Bayer auf der abgeschotteten Anlage des LFC. Die Leverkusener absolvierten ihr Programm auf den Nachwuchs-Plätzen, die an den Profi-Bereich angrenzen. Wirtz war von den Bedingungen beeindruckt. Alles ist auf dem neuesten Stand.

Bei Bayer waren sie immer gut informiert über die Wünsche, Ziele und Schritte von Florian Wirtz. Während sein Vater lange Richtung München tendierte und das beim FC Bayern um Uli Hoeneß (73) und Co. große Hoffnung auslöste, reifte in ihm über Monate der Entschluss, ins Ausland zu gehen. Raus aus der „Komfortzone“, wie er es nennt.

Für Wirtz war es am Ende eine Entscheidung zwischen Manchester City und Liverpool. Beide Klubs hatten bei Leverkusen Anfang März offiziell angefragt, ob sie mit Wirtz in Kontakt treten können. In England ist das bei Profis, die unter Vertrag stehen, eine Vorgabe der Liga und steht bei einem Verstoß unter Strafe. Liverpool z.B. konnte seinen Abwehrchef-Chef Virgil van Dijk (33) in der Saison 2017/18 wegen einer Zuwiderhandlung erst mit sechs Monaten Verspätung aus Southampton verpflichten.

Während City-Trainer Pep Guardiola (54) und Liverpools Arne Slot (46) ab März ganz offiziell bei dem zu der Zeit verletzten Wirtz Vollgas geben konnten, gab es vom FC Bayern trotz des öffentlichen Säbelrasselns nie eine offizielle Info an die Klubführung von Leverkusen.

Für den Nationalspieler waren die Gespräche mit den Trainern allerdings nach Informationen der „Sport Bild“ entscheidend. Schon bei seinem Wechsel nach Leverkusen gab das den Ausschlag. Damals war die Familie Wirtz in die BayArena geladen. Am Tisch saßen u. a. der frühere Sportchef Rudi Völler (65) und Rolfes, der Mama und Papa überzeugt hatte. Als der damalige Cheftrainer Peter Bosz (61) dem 16-jährigen Wirtz erklärte, dass er bei ihm in der Profimannschaft eingeplant sei, war es um ihn geschehen. Damals gab er Bayern den ersten Korb – 2022 mit der Verlängerung in Leverkusen den zweiten.

Der Vorteil der englischen Klubs diesmal: Guardiola und Slot waren zu ihrer aktiven Zeit zentrale Mittelfeldspieler. Wie Xabi Alonso (43), der in den vergangenen drei Jahren in Leverkusen aus dem Top-Talent Florian Wirtz einen Weltstar geformt hat. Sowohl Guardiola als auch Slot packten den Spieler mit einer klaren Positionsbeschreibung. Beide sicherten ihm die zentrale Rolle in der Offensive zu.

Beim FC Bayern war die Systemfrage nicht abschließend geklärt. Dort steht mit Jamal Musiala (22) zudem bereits ein Spieler unter Vertrag, der bei seiner Verlängerung fest für die Zehn eingeplant wurde. Real Madrid war ebenfalls im Rennen, lockte aber weder mit der Zusage, sein Star-Ensemble auf Wirtz zuzuschneiden, noch mit einer Stammplatz-Garantie neben Ausnahme-Spielern wie Jude Bellingham (21), Vini Jr. (24) oder Kylian Mbappe (26). Auch Alonso änderte daran nach seiner Zusage als Trainer an Real nichts.

Fataler Nebensatz

Eine Verlängerung in Leverkusen über 2027 hinaus war da für Wirtz schon kein Thema mehr. Es blieben City und Liverpool. Taktiker Guardiola und Menschenfänger Slot. Eine Aussage von Guardiola führte am Ende zur Absage an City: Nach Informationen der „Sport Bild“ ließ der Ausnahme-Coach in einem Gespräch im Mai offen, wie lange er noch Trainer bei City sei. Er unterstrich seinen Plan mit Wirtz als Nachfolger von Kevin De Bruyne (33), sprach aber klar aus, dass nicht sicher sei, ob er seinen Vertrag bis 2027 erfüllen werde. Wirtz sagte daraufhin City ab (nicht umgekehrt).

Am Ende folgte er dem guten Gefühl mit Liverpool und Meistertrainer Slot. Am Dienstag, 13. Mai, flog die Familie auf Einladung des FC Liverpool nach England. Es war der Tag, an dem die endgültige Entscheidung fiel – und ist auch eine Entscheidung für den Fußball. Denn: Wirtz braucht keinen Glamour, sondern eine Mannschaft, die funktioniert. Er liebt das Spiel, nicht die Spielchen des Geschäfts und das Blitzlicht-Gewitter, das ihn in München erwartet hätte. Die Leidenschaft des Vereins und des Trainers haben ihn davon überzeugt, dass die Reds seine Zukunft sind.

Welche Rolle spielte Papa Wirtz am Ende? Er hat nicht versucht, seinen Sohn umzustimmen und dem Druck aus München nachzugeben. Er nahm Florian aber ein Versprechen ab: Vater Wirtz war es wichtig, dass das jüngste von zehn Kindern der Patchwork-Familie mit jedem Interessenten spricht. Florian Wirtz hat den Rat seines Vaters befolgt und aus Überzeugung entschieden. Für Liverpool, gegen City – und gegen Bayern.

Das Text wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in der „Sport Bild“ veröffentlicht.

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