Istanbul statt USA. Vertragsunterzeichnung, Ferien und Training statt Klub-Weltmeisterschaft. Leroy Sané verlässt den FC Bayern und heuert bei Galatasaray an. Ein Wechsel, der zeigt, welche Prioritäten er setzt. Die liegen offenbar nicht auf dem Sportlichen.

Vom größtmöglichen Schaufenster raus aus dem Blickfeld des internationalen Fußballs. Leroy Sané wird künftig für Galatasaray Istanbul spielen. Außerhalb der großen Fußball-Aufmerksamkeit. Die türkische Liga kann nicht mit der Bundesliga mithalten, schon gar nicht mit der Premier League. Statt bei der Klub-Weltmeisterschaft zu spielen, wohin er mit dem FC Bayern aufgebrochen war, flog er vor dem ersten Training nach Istanbul - begleitet vom Galatasaray-Youtube-Kanal. Eine Million Menschen schaute zu, wie Sanés Flugzeug unterwegs war, wie er aus dem Privatjet stieg - mit Gala-Schal um den Hals.

Statt USA und München heißt es für Sané also zukünftig Istanbul. Heißblütige Fans und Millionen-Metropole, aber weniger Aufmerksamkeit aus dem Ausland und damit aus Deutschland. Das kann einem, der häufig heftig kritisiert wird, womöglich guttun. Eher aber dürfte es ihm auf Dauer schaden, denn auch Bundestrainer Julian Nagelsmann wird nicht mehr so häufig einen Blick auf Sané werfen. Seiner DFB-Karriere tut der Offensivspieler keinen Gefallen. Die WM 2026 rückt damit ein gutes Stück weiter weg für den Linksfuß. Ist es der Anfang vom Karriereende im Rampenlicht? Mit gerade einmal 29 Jahren - in der Blüte einer Fußballer-Karriere.

Türkische Liga nicht konkurrenzfähig

In der Türkei sind schon andere Karrieren erloschen. Lukas Podolski spielte zwischen 2015 und 2017 für Gala, war beim DFB-Team aber maximal noch Ergänzungsspieler. Mehr Maskottchen als relevanter Profi. Bei der EM 2016 spielte er nur 18 Minuten im Achtelfinale gegen die Slowakei - eingewechselt worden war er, als es bereits 3:0 stand. Max Meyer - einst vom eigenen Berater Roger Wittmann als "Weltklasse" bezeichnet - hatte zwischen 2021 und 2022 bei Fenerbahce eine Zwischenstation, absolvierte aber nur zwölf Spiele und erzeugte kein großes Interesse. Max Kruse zoffte sich mit seinem Zwischendurch-Klub Fenerbahce gar juristisch um ausbleibende Gehaltszahlungen und hatte seinen Vertrag gekündigt.

Schlagzeilen gab es also mehr um das Drumherum als um den Fußball. So könnte es auch bei Sané werden. Während er beim FC Bayern stets im Mittelpunkt des Interesses stand, sich täglich im Training mit den Besten seines Fachs messen musste, wird es in Istanbul ruhiger um ihn werden. Die türkische Liga ist einfach nicht konkurrenzfähig. Galatasaray wurde jüngst zum dritten Mal in Folge Meister. Elf Punkte Vorsprung hatte das Team von Trainer Okan Buruk vor Rivale Fenerbahce, danach gab es eine 20-Punkte-Lücke zum Dritten Samsunspor. Weil Galatasaray sich als Meister für die Champions League qualifiziert hat, wird Sané immerhin dort auf der großen Bühne spielen können. In der zurückliegenden Saison schied der Klub bereits in den Playoffs gegen die Young Boys Bern aus. Nach der Rückstufung in die Europa League war auch schon in der Zwischenrunde gegen AZ Alkmaar Schluss.

Gehalt wichtiger als sportliches Gewicht?

Das hielt Sané nicht ab. "Es gab viele Angebote. Aber Galatasaray als Ganzes hat mich sehr beeindruckt. Ich war sehr beeindruckt von der Atmosphäre, von der Größe des Klubs, davon, wie sehr sie mich wollten, wie viel Interesse sie an mir gezeigt haben. Deshalb bin ich bei Galatasaray", sagte Sané nach seiner Ankunft am Flughafen. Es ist das, was die euphorisierten Fans hören wollten. Doch es dürfte nur ein Teil der Wahrheit sein. Eigentlich hatte er Berichten zufolge schließlich angestrebt, nach England zurückzukehren, und der FC Arsenal hatte seinerseits Interesse bekundet. Es geht wohl vor allem ums liebe Geld. Bis zu 15 Millionen Euro netto erhält der 29-Jährige beim türkischen Meister und Pokalsieger angeblich künftig. Eine satte Stange mehr als der FC Bayern ihm bieten wollte.

Das Angebot des deutschen Fußball-Rekordmeisters hatte er abgelehnt. Endgültig. Nach monatelangen Verhandlungen - Beraterwechsel inklusive. Sané wollte die offenbar deutliche Gehaltseinbuße nicht hinnehmen, laut "Bild"-Zeitung hätte er in München künftig 12 Millionen Euro brutto plus 3 Millionen Euro jährliche Boni bekommen. Aber in Deutschland bleibt vom Brutto nicht so viel Netto wie in der Türkei übrig.

Damit einhergehend hatte er die Sicherheit, dass er für die Bayern-Bosse nicht der wichtigste Spieler ist. Sein Stellenwert im Team war nicht der größte. Die Bayern hätten ihn wohl vor allem gehalten, weil Florian Wirtz Liverpool den Vorzug gibt. Und weil der häufig verletzte Kingsley Coman ebenfalls auf der Liste der potenziellen Abgänger steht. Dabei sprechen die Statistiken der abgelaufenen Bundesliga-Rückrunde durchaus für Sané. Den Kritikern versuchte er sich entgegenzustemmen und spielte vor für eine Vertragsverlängerung: Acht Tore und fünf Assists, er verpasste kein Spiel. Mit dem Makel: Er durfte nur dreimal in der Rückrunde über 90 Minuten ran - immerhin dreimal mehr als in der Hinrunde.

Als Nachfolger auf der Position werden gleich mehrere Stars gehandelt: der Spanier Nico Williams von Athletic Bilbao, der sich gemeinsam mit Lamine Yamal durch die EM 2024 wirbelte. Rafa Leao vom AC Mailand, der Ex-Leipziger Christopher Nkunku vom FC Chelsea und Champions-League-Sieger Bradley Barcola von Paris Saint-Germain. Es wirkt, als könnte Sané durch einen weit größeren Star ersetzt werden.

Das spricht neben dem fürstlichen Gehalt für die Türkei: Sané wird wohl Stammspieler sein, wird viel Spielzeit bekommen, viel Verantwortung. Doch statt mit Harry Kane und Jamal Musiala spielt Sané künftig mit Profis eher untergeordneter Klasse zusammen. Immerhin ist der Kader gespickt mit Stars: Alvaro Morata, spanischer Europameister und zweimaliger Champions-League-Sieger mit Real Madrid, ist noch bis zum Januar von der AC Mailand ausgeliehen. Hinzu kommt Mauro Icardi, der vor zwei Jahren von PSG fest verpflichtet worden war, nachdem er schon seit 2022 ausgeliehen war. Allerdings hat der Argentinier lange nicht gespielt, erst fiel er mit einem Kreuzbandriss aus, seit Februar hat er keine Spielberechtigung. Und ohnehin gibt es mehr Schlagzeilen um seinen Beziehungsstreit als um ihn als Fußballer.

Demirbay mit DFB-Kritik

Victor Osimhen, der Gala quasi im Alleingang mit 26 Toren und 5 Vorlagen in 30 Spielen zum Titel geschossen hatte, war bislang nur vom SSC Neapel ausgeliehen. Seine Zukunft ist noch offen, ein Angebot aus Saudi-Arabien lehnte er "Sport Italia" zufolge ab. 45 Millionen Euro pro Jahr hätte er angeblich kassiert, ein Wahnsinn. Wahnsinn nun, dass sich Galatasaray weiter Hoffnungen machen kann, dass Osimhen an den Bosporus zurückkehrt. Auf Kerim Demirbay wird Sané definitiv treffen, er spielt seit 2023 für Galatasaray. Beide kommen aus der Wattenscheider und Schalker Jugend. Seine zwei Länderspiele im Jahr 2017 absolvierte Demirbay aber ausgerechnet, als Sané sich einer Nasen-OP unterziehen musste. Mit dem DFB will Demirbay heute nichts mehr zu tun haben, im Januar sagte er zu Spox: "Wenn mich der DFB heute für eine WM anfragen würde, würde ich mit großem Respekt sagen: Leute, ich fliege lieber mit meiner Familie in den Urlaub. Ich habe mit der deutschen Nationalmannschaft abgeschlossen und kann mich nicht mehr mit ihr identifizieren." Ein schlechtes Omen für Sané?

2020 war er für 50 Millionen Euro von Manchester City nach München gewechselt. Hoch veranlagt, aber stets wankelmütig. Die Kritik, dass seine Leistungen viel zu arg schwankten und er teils lustlos agierte, verebbte nie. 220 Spiele absolvierte er für den FC Bayern, erzielte 61 Tore und bereitete 55 weitere vor. Für das DFB-Team debütierte er 2015 - 70 Länderspiele mit 14 Toren stehen zu Buche. Sein letzter Einsatz stammt aus dem Halbfinale der Nations League gegen Portugal.

Zuvor hatte er von Nagelsmann immer wieder Chancen erhalten. Er stand in beiden Partien gegen Italien (2:1; 3:3) in der Startelf, wie auch gegen Ungarn (1:1). Er arbeitete nach hinten mit, er sprintete nach vorn, an Einsatz mangelte es augenscheinlich nicht. Aber glücklich und überzeugend waren die Auftritte dennoch nicht. Im September geht es in der WM-Qualifikation für Nagelsmann und seine Elf weiter. Vermutlich nochmal mit Sané, da die Saison dann gerade erst gestartet ist. Aber seine Chancen auf die WM 2026 steigert er mit dem Wechsel nicht.

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