34 Jahre jung, früher Ultra – der Hamburger SV hat einen neuen Präsidenten
Bei sommerlichen Temperaturen stieg Henrik Köncke zufrieden die Treppen im Volksparkstadion hinunter und nahm auf der Bühne die Wahl zum neuen Präsidenten des Hamburger SV an. Mit einer Mehrheit von 65,71 Prozent erhielt der frühere Ultra-Fan und Mitglied des Aufsichtsrats ein klares Votum.
„Ich blicke voller Zuversicht und Freude auf jeden Fall auf die Zusammenarbeit und freue mich auf die nächsten Jahre“, sagte der 34 Jahre junge Köncke dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) am Samstagabend nach der Wahl. Dass nun die Ultras im Verein die Macht übernehmen, schloss er aus. Das sei auch in den vergangenen zweieinhalb Jahren „nicht der Fall“ gewesen, als er im Aufsichtsrat tätig war. „Da ist schon rübergekommen, dass ich Brücken bauen kann. Dass ich Menschen verbinden kann“, sagte Köncke.
Zur Wahl als Nachfolger von Marcell Jansen standen neben Köncke noch der Ehrenratsvorsitzende Kai Esselsgroth (29,06 Prozent) und der Unternehmer Frank Ockens (5,22 Prozent). Knapp 1.200 der insgesamt gut 127.000 Mitglieder des Klubs beteiligten sich wenige Tage vor dem Trainingsauftakt des Bundesliga-Aufsteigers am 2. Juli an der Wahl.
Beachvolleyball-Olympiasiegerin Laura Ludwig wurde als alleinige Kandidatin mit etwas mehr als 90 Prozent zur Vizepräsidentin gewählt, nachdem Anna Stöcken ihre Kandidatur auf der Bühne zurückgezogen hatte. Aufsichtsratschef Michael Papenfuß wurde mit 68,17 Prozent vor Ralph Hartmann (31,83) zum Vizepräsidenten und Schatzmeister bestimmt.
Die Wahl von Köncke beim HSV weckt Erinnerungen an die Präsidentenwahl 2022 bei Hertha BSC. Damals war Kay Bernstein, ein früherer Ultra und Mitbegründer der „Harlekins Berlin“, zum neuen Präsidenten beim Hauptstadtklub gewählt worden. Im Januar 2024 aber verstarb Bernstein unerwartet.
Magath-Unterstützer in der Minderheit
Rund um die Wahl beim HSV hatte es erneut Kritik ob der Nichtzulassung von Vereinsidol Felix Magath als Präsidentschaftskandidat nach der Entscheidung des Beirats gegeben. Nach Ansicht des Gremiums soll Magath weniger am Breitensport des Muttervereins und mehr an den Geschicken im ausgegliederten Profifußball-Bereich interessiert gewesen sein. Ex-Profi Richard Golz, der als Vize unter Magath antreten wollte, zog seine Kandidatur zurück und kritisierte die Entscheidung des Gremiums.
Ein Fan bezeichnete die Nicht-Berücksichtigung von Magath am Samstag als „nicht demokratisch“. Der Beifall fiel allerdings eher verhalten aus. Auch der deswegen diskutierte Dringlichkeitsantrag zur Aussetzung der Wahl blieb wirkungslos. Die erforderliche Drei-Viertel-Mehrheit, um den Antrag überhaupt zuzulassen, scheiterte klar. Nur 8,49 Prozent der Mitglieder stimmten dafür.
Für bessere Stimmung als die Causa Magath sorgten positive Nachrichten von AG-Finanzvorstand Eric Huwer. Der 41-Jährige verkündete den Fans: „Die Netto-Finanzverbindlichkeiten betragen zum Ende dieses Geschäftsjahres null. Zum ersten Mal in der mir bekannten dokumentierten Geschichte ist der HSV damit schuldenfrei.“
Trotz Pandemie, des Abstiegs 2018 in die Zweite Liga und Personalrochaden in den vergangenen sieben bis acht Jahren habe der Verein Netto-Finanzverbindlichkeiten von 75 Millionen Euro abgebaut. „Das ist ein Wendepunkt. Aber das ist noch viel mehr, das ist ein Versprechen. Der neue HSV gehört sich wieder selbst und startet in der Bundesliga mit einer ganz neuen Identität“, sagte Huwer.
Beifall für Vereinsikone Hrubesch
Die vorzeitige Rückführung des Stadion-Darlehens vor zwei Jahren sei ein großer Baustein beim Schuldenabbau gewesen. „Das bedeutet nicht, dass wir nie wieder ein Darlehen aufnehmen wollen. Aber wir haben uns jetzt so lange den Hintern aufgerissen, um diese Schuldenfreiheit zu erreichen. Dementsprechend kämpfen wir darum, dass wir die Themen in der eigenen Familie gelöst bekommen“, sagte Huwer.
In der vergangenen Woche erst hatte der HSV weitere Einnahmen sichergestellt, denn da wurde Einigung mit dem belgischen Spitzenverein Club Brügge über den Wechsel des Niederländers Ludovit Reis und die damit verbundene Ablöse erzielt. Demnach soll der Bundesliga-Aufsteiger für den 25 Jahre alten Niederländer fünf Millionen Euro plus Bonuszahlungen erhalten. Der Vertrag von Reis hatte noch eine Laufzeit bis Ende Juni 2026.
Neben der Mitteilung Huwers kassierte auch Idol Horst Hrubesch am Samstagabend mächtig Beifall, insbesondere wegen seiner Verdienste um den Frauenfußball im Klub. Im Sommer hatten nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen den Aufstieg in die Bundesliga perfekt gemacht. Nach fünf Jahren hört der 74 Jahre alte Hrubesch als Nachwuchs-Chef auf. „Ich weiß, wir verlieren dich nicht, Horst, aber ich werde dich auf jeden Fall vermissen“, sagte Sportvorstand Stefan Kuntz.
Hrubesch war unter anderem Kapitän jener HSV-Mannschaft, die 1983 den Europapokal der Landesmeister gewann. 19 Jahre arbeitete er nach seiner aktiven Karriere für den Deutschen Fußball-Bund. Selbst nach seiner Rückkehr zum HSV im Jahr 2020 half er noch zweimal als Interims-Trainer an anderer Stelle aus: Bei den Hamburger Profis, mit denen er 2021 die Bundesliga-Rückkehr verpasste. Und bei der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, die er 2024 zu Olympia-Bronze führte. „Es ist an der Zeit, dass neue Leute in die Verantwortung rücken. Ich werde dem HSV immer verbunden sein und übergebe die Geschicke jetzt gerne und voller Überzeugung an die nächste Generation“, sagte Hrubesch.
Die Profis der Hamburger starten am 2. Juli mit dem Trainingsauftakt in die Saison. Danach folgen Testspiele beim Bezirksligisten TSV Elstorf, beim Regionalliga-Team des VfB Oldenburg – und gegen den FC Kopenhagen. Dieses Spiel findet am 12. Juli um 16 Uhr statt. Zwischen dem Double-Sieger und dem HSV besteht seit Jahren eine Fan-Freundschaft. In den Reihen der Dänen spielt der frühere Bundesliga-Profi Thomas Delaney, der für Werder Bremen, Borussia Dortmund und die TSG Hoffenheim gespielt hat.
Am 16. August steht schließlich die erste Runde des DFB-Pokals beim Oberligisten FK Pirmasens an.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke