Sommermärchen-Prozess endet mit knallharter Abrechnung
Mit dem 34. Prozesstag endet die Aufarbeitung der dubiosen Geldzahlungen vor der Weltmeisterschaft 2006. Der DFB bekommt eine Geldstrafe, aber noch viel unangenehmer ist die Schelte der Richterin Eva-Marie Distler.
Erst ganz am Ende zeigte sich Eva-Marie Distler versöhnlich. "Die Erinnerungen an die WM und an Franz Beckenbauer bleiben ungetrübt", sagte die Richterin des Sommermärchen-Prozesses in ihrem Schlussort: "Der Zweck heiligt aber nicht die Mittel." Zuvor hatte Distler den Deutschen Fußball-Bund (DFB) verurteilt und gnadenlos an den Pranger gestellt.
Der Verband muss für die Verfehlungen seiner früheren Spitzenfunktionäre eine Strafe in Höhe von 130.000 Euro zahlen, von denen 20.000 Euro wegen der zu langen Verfahrensdauer erlassen werden. Dieses Urteil fällte das Landgericht Frankfurt am Main - und beendete damit den seit März 2024 andauernden Prozess um die dubiosen Zahlungsflüsse rund um die WM 2006. Die Schelte des Gerichts für den Verband war harsch.
"Der DFB kann sich nicht alles erlauben, auch wenn der Fußball das liebste Kind der Deutschen ist", sagte Distler: "Die Zusammenarbeit mit dem DFB während der Ermittlungen war katastrophal. Der DFB ist ein Verlierer. Es wurden und werden Anwaltskosten in astronomischer Höhe produziert. Das wäre bei keinem Unternehmen vorgekommen, aber mit personellen Konsequenzen muss ja offenbar keiner rechnen. Man muss sich fragen: 'Wie sind die eigentlich beraten'?"
"Auch DFB hat korruptes System der FIFA unterstützt"
Das Gericht sieht eine Steuerhinterziehung als erwiesen an. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldbuße in Höhe von 270.000 Euro gefordert, die Verteidigung wollte einen Freispruch. "Ehemalige Organe haben vorsätzlich Steuern hinterzogen. Das steht für das Gericht zweifelsfrei fest", erklärte Distler: "Den DFB hat das Verfahren sehr viel gekostet. Das Image ist ramponiert. Fußball-Deutschland war Teil des Systems der FIFA. Auch der DFB hat mit Schwarzgeldzahlungen hantiert und das korrupte System der FIFA unterstützt."
Die Anklage wertete den Richterspruch als Erfolg. "Heute ist ein guter Tag für die Steuerfahndung Frankfurt/Main und die Justiz in Hessen", sagte Oberstaatsanwalt Jesco Kümmel: "Das Gericht hat in schonungsloser Deutlichkeit festgestellt, dass der DFB 2006 Steuern in Millionenhöhe hinterzogen hat." Kümmel rechnet allerdings mit der Revision des DFB, über die dann der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden müsste.
Der DFB ließ sich eine Revision allerdings vorerst offen, will zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Der Verband betonte in seiner Stellungnahme, dass dem Staat "ein Steuerschaden insgesamt nicht entstanden" sei. Dies habe "das Gericht ausdrücklich hervorgehoben und mildernd berücksichtigt". Das Gericht sei deshalb laut Verbandsmitteilung "im unteren Bereich des möglichen Bußgelds geblieben".
Sorge um 22 Millionen Euro
Von den anfangs drei Beschuldigten saß in der finalen Phase des Prozesses niemand mehr auf der Anklagebank. Die Verfahren gegen die drei ehemaligen DFB-Spitzenfunktionäre Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt wurden gegen die Zahlung von Geldstrafen eingestellt. Zwanziger musste 10.000 Euro zahlen, Niersbach 25.000 Euro, Schmidt 65.000 Euro.
Für das Gericht steht fest, wofür die ominösen 6,7 Millionen Euro, die vom DFB als Ausgabe für eine nie stattgefundene WM-Gala deklariert worden waren, verwendet wurden: Demnach handelte es sich um eine von WM-Chef Beckenbauer im DFB-Dienst veranlasste Schmiergeldzahlung an korrupte Mitglieder der damaligen FIFA-Finanzkommission um Mohamed bin Hammam. So wollten sich die damaligen DFB-Spitzenfunktionäre den am Ende gewährten WM-Zuschuss des Weltverbands in Höhe von 170 Millionen Euro sichern.
Die 6,7 Millionen wurden 2005 vom deutschen Organisationskomitee (OK) über die FIFA an den früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Louis-Dreyfus an bin Hammam nach Katar geflossen. Der DFB verbuchte dies im Jahr 2006 als Betriebsausgabe.
In der Folge des Skandals war dem DFB rückwirkend die Gemeinnützigkeit aberkannt worden, 22 Millionen Euro musste der Verband an Steuern nachzahlen. Der DFB will vor dem Finanzgericht Kassel um die Rückerstattung seiner Steuernachzahlung kämpfen. Die Verurteilung durch das Landgericht ist dabei ein schwerer Rückschlag. Zur Sicherheit hat der DFB auch seinen Ex-Präsidenten Zwanziger verklagt, um möglichen Schadenersatz verlangen zu können. "Das Verfahren vor dem Finanzgericht dürfte für den DFB essenziell sein und dürfte ihn schwer treffen", sagte Distler: "Dass die Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 aberkannt wird, dürfte auf der Hand liegen."
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke