Nach einem Erdbeben der Stärke 8,8 haben Tsunami-Wellen die russische Halbinsel Kamtschatka und Japan getroffen. Berichte über Todesopfer gibt es bisher nicht. Für mehrere weitere Länder gelten Tsunami-Warnungen.

Ein schweres Erdbeben hat die russische Halbinsel Kamtschatka an der Pazifikküste erschüttert. Laut Aussagen des russischen Regionalministers für Notlagen, Sergej Lebedew, traf eine drei bis vier Meter hohe Tsunami-Welle daraufhin auf Küstenabschnitte der Halbinsel, die im äußersten Osten Russlands liegt. Laut der Russischen Akademie der Wissenschaften handelte es sich um das heftigste Erdbeben in Kamtschatka seit 1952. Mit weiteren Nachbeben sei noch etwa einen Monat lang zu rechnen, sie könnten Stärken von bis zu 7,5 erreichen.

Mit einer gemessenen Stärke von 8,8 war das Beben laut der US-Erdbebenwarte USGS das weltweit stärkste seit der Katastrophe von Fukushima im März 2011. Das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam gab die Stärke mit 7,8 an, die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass sprach zunächst von 7,9 und später von 8,7. Das Zentrum des Bebens lag den Angaben zufolge in der offenen See, etwa 130 Kilometer vor der nur dünn besiedelten Küste Kamtschatkas, und relativ tief unter dem Meeresboden. Auf das starke Beben folgten mindestens sechs Nachbeben, eines davon hatte die Stärke 6,9, ein anderes 6,3.

In Russland traf die erste Tsunami-Welle nach Angaben von Gouverneur Waleri Limarenko die Küstenregion von Sewero-Kurilsk, eine Siedlung auf den russischen Kurilen-Inseln im Pazifik. Er sagte, die Bewohner seien in Sicherheit und hielten sich auf höher gelegenem Gelände auf, bis die Gefahr einer weiteren Welle gebannt sei. Ein Hafen sei überschwemmt worden. Die Regierung der Region Sachalin rief für den Bezirk Nordkurilen den Notstand aus. Ein in russischen Onlinediensten veröffentlichtes Video zeigte offenbar von Meereswasser überflutete Gebäude. Staatliche Medien berichteten, dass mehrere Menschen durch das Beben verletzt worden seien, jedoch niemand schwer. Berichte über Todesopfer gibt es bisher nicht.

Dieses Bild des Tsunami-Warnsystems der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) zeigt Tsunami-Warnungen (rot), Hinweise (orange), Beobachtungen (gelb) und Bedrohungen (lila).

Erste Tsunami-Wellen erreichen Japan

Die japanische Wetterbehörde erklärte, sie erwarte eine bis zu drei Meter hohe Tsunami-Welle an größeren Küstenabschnitten. Wie die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf die Behörde berichtete, erreichte eine etwa 1,3 Meter hohe Tsunami-Welle die Küste der Präfektur Miyagi. In anderen Präfekturen wie Fukushima, Hokkaido und Aomori wurden bislang Wellen von bis zu 40 Zentimetern Höhe gemessen, wie der japanische Fernsehsender NHK meldete.

Als Reaktion gab die japanische Katastrophenschutzbehörde eine Evakuierungsempfehlung für mehr als 900.000 Einwohner in 133 Gemeinden entlang der japanischen Pazifikküste von Hokkaido bis Okinawa heraus. Die japanische Regierung richtete einen Krisenstab ein. Nach Aussagen eines Regierungssprechers gab es jedoch zunächst weder Berichte über Opfer noch über Schäden.

Auch das chinesische Tsunami-Warnzentrum rechnete mit Wellen zwischen 30 Zentimetern und einem Meter, die auf Teile der chinesischen Ostküste treffen könnten. Die Einschätzung basiere auf der Analyse des Tsunami-Beratungszentrums des Ministeriums für Nationale Ressourcen, voraussichtlich werde der durch das Beben ausgelöste Tsunami "Schäden in bestimmten Küstengebieten Chinas verursachen". Für die Provinzen Shanghai und Zhejiang am Ostchinesischen Meer wurde zuvor bereits eine Taifunwarnung herausgegeben. Es wurde erwartet, dass der Wirbelsturm "CoMay" im Laufe des Tages in Zhejiang auf das Festland trifft.

Menschen suchen Schutz auf dem Dach einer Feuerwache in der Stadt Mukawa in Hokkaido.

Atomkraftwerk evakuiert

Der Betreiber des havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima hat eigenen Angaben zufolge seine Arbeiter in Sicherheit gebracht. "Wir haben alle Arbeiter und Angestellten evakuiert", sagte eine Sprecherin des Akw-Betreibers Tepco der Nachrichtenagentur AFP. In dem Kraftwerk seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden, fügte sie hinzu.

Das am Meer gelegene Atomkraftwerk Fukushima war kurz nach einem schweren Seebeben am 11. März 2011 von einem fast 15 Meter hohen Tsunami getroffen worden. Das Kühlsystem des Kraftwerks fiel aus, in drei der sechs Reaktoren kam es zur Kernschmelze. Es war das schlimmste Atomunglück seit der Tschernobyl-Katastrophe von 1986.

Warnungen in mehreren Ländern

Das staatliche Tsunami-Frühwarnsystem in den USA sprach ebenfalls von Wellen von bis zu drei Metern Höhe, die möglicherweise die Küste des Tausende Kilometer vom Zentrum des Bebens entfernten Bundesstaats Hawaii erreichen könnten. Küstenbewohner sollten die gefährdeten Gebiete sofort verlassen oder in mindestens zehnstöckigen Gebäuden Schutz suchen, hieß es. In Teilen Honolulus kam es zu Verkehrsbehinderungen. Die Häfen von Hawaii wurden geschlossen. Die Küstenwache wies Handelsschiffe, die Häfen ansteuern wollten, an, vor der Küste zu bleiben. 

Auf den Midway-Inseln im Pazifik sind Tsunamiwellen von bis zu 1,80 Metern Höhe gemessen worden. Wie hoch die Wellen auf dem etwa 2.400 Kilometer entfernten Hawaii sein werden, lasse sich noch nicht sagen, erklärte der dortige Gouverneur Josh Green. Die Midway-Inseln liegen etwa in der Mitte zwischen Kalifornien und Japan und sind ein US-Außengebiet.

Die Warnung des US-Tsunamizentrums galt auch für Küstengebiete Chiles, Costa Ricas, Französisch-Polynesiens und der Pazifikinsel Guam. Auch in Australien, Kolumbien, Mexiko, Neuseeland und Taiwan seien Wellen von bis zu einem Meter möglich, hieß es. Die US-Wetterbehörde gab sogenannte Advisories für die Westküste Nordamerikas und Kalifornien heraus. Ein Advisory entspricht keiner Warnung, rät jedoch dazu, sich von bedrohten Küstenabschnitten fernzuhalten.

Für Alaskas Westküste wurde ebenfalls eine Tsunami-Warnung erlassen. Auch in Peru und Ecuador gab es örtliche Warnungen. Auf den Philippinen wurden Schulen in Küstennähe geschlossen, ebenso Strandresorts und Regierungsbüros in der Nähe von Tsunami-gefährdeten Gebieten.

Reinhard Spiegelhauer, ARD Los Angeles, zu den Tsunami-Warnungen für die Westküste Nordamerikas und Kalifornien

Morgenmagazin, 30.07.2025 05:30 Uhr

Zweites Beben innerhalb von zwei Wochen

Bei der Halbinsel Kamtschatka treffen die pazifische und die nordamerikanische Kontinentalplatte aufeinander, was die Region zu einer der weltweit erdbebenreichsten Zonen macht.

Am 20. Juli hatte sich in derselben Region ein Erdbeben der Stärke 7,4 ereignet. Dabei kam es zu keinen größeren Schäden. 

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