Das «Tor der Tränen» fordert jedes Jahr Hunderte Tote
Die 27 Kilometer breite Passage zwischen Afrika und der Arabischen Halbinsel am Eingang zum Roten Meer ist erneut Schauplatz eines schweren Bootsunglücks. Von den rund 150 Passagieren überlebten die Havarie vor der Südküste des Jemens nur 32 Menschen.
Zwischen Dschibuti am Horn von Afrika und dem Jemen verläuft eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt. Die Meerenge heisst Bab al-Mandab, das «Tor der Tränen». Heimtückisch sind nicht nur die Winde und Querströmungen.
Auch Überfälle machen die Passage riskant. Mal tauchen Piraten auf, mal jemenitische Huthi-Rebellen. Letztere beschiessen seit anderthalb Jahren immer wieder Frachtschiffe, aus Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung in Gaza, wie sie beteuern.
Migrantinnen und Migranten aus Afrika lassen sich von den Risiken nicht abschrecken. Laut UNO waren es auf dieser Route zuletzt rund zehntausend jeden Monat, überwiegend jung, die Mehrheit männlich, fast alle aus Äthiopien. Etwas östlicher, auf einer zweiten Route, kommen auch Menschen aus Somalia in den Jemen.
Saudi-Arabien lockt
Der Krieg im Sudan hat ihnen den Fluchtweg Richtung Norden, via Libyen und Mittelmeer nach Europa, erschwert. Die Alternative durch die Meerenge Bab al-Mandab in Richtung Arabische Halbinsel bleibt. Ein Jahrzehnt des Kriegs im Jemen änderte nichts daran.
In den Umfragen der UNO-Migrationsbehörde gaben fast alle Befragten die reiche Ölmonarchie Saudi-Arabien als Ziel ihrer Träume an. Sie rechnen sich aus, dort der Arbeitslosigkeit zu entrinnen und ein besseres Leben zu finden – trotz anhaltender Berichte über Rassismus im arabischen Golfstaat, über Ausbeutung von afrikanischen Hausangestellten und mangelnde Sicherheitsstandards auf dem Bau.
Wer die Überfahrt schafft, ist nicht am Ziel
Allerdings: Schon am «Tor der Tränen» zerschlagen sich manche Hoffnungen. Das Unglück vom Wochenende ist kein Einzelfall. Jedes Jahr ertrinken mehrere Hundert Migrierende.

Dabei ist die Überfahrt erst der Beginn einer Reise voller Risiken. Von der Küste führt der Weg nach Saudi-Arabien quer durch den kriegszerrütteten Jemen. Das Land zerfällt in Gebiete unter Kontrolle verschiedener Rebellengruppen und Stammesmilizen.
Hunger und Durst, aber auch die Angst vor Gewalt begleiteten sie, gaben die Befragten zu Protokoll – selbst wenn sie die saudische Grenze erreicht haben: Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf vor zwei Jahren saudischen Grenzwächtern vor, gezielt auf irregulär einreisende Menschen aus Afrika geschossen und Hunderte getötet zu haben.
Im Jemen gestrandet
Inzwischen steckten Zehntausende Äthiopierinnen und Äthiopier im Jemen fest, meldet die UNO-Migrationsbehörde. Manche resignieren und versuchen erneut die Überfahrt, zurück nach Dschibuti. Die UNO registrierte pro Monat zuletzt etwas mehr als 2000 Rückkehrende am «Tor der Tränen». Eine zunehmende Tendenz, hiess es. Doch gleichzeitig stachen immer noch fünfmal mehr Menschen von Dschibuti aus in See, um trotz aller Risiken ihr Glück am Golf zu versuchen.
Andererseits: 80 Prozent der Migrantinnen und Migranten in Afrika verlassen den Kontinent gar nie. Sie suchen also Arbeit oder Schutz in einem anderen afrikanischen Land. So ziehen etwa Südafrika oder die Elfenbeinküste sehr viele Arbeitsmigranten aus der ganzen Region an. Auch wenn Europa oder die Golfmonarchien Wunschziel vieler Migrantinnen und Migranten sind.
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