Wie der Gaza-Krieg die UNO lähmt
Zum Krieg im Gazastreifen gehört ein Propagandakrieg, der regelmässig auch im UNO-Sicherheitsrat in New York ausgetragen wird. Die jüngste Sitzung wurde von der israelischen Regierung beantragt. Nur wenige Stunden zuvor hatte das israelische Sicherheitskabinett offenbar die Ausweitung des Krieges erörtert. SRF-Korrespondent Sebastian Ramspeck über Propaganda und Diplomatie im Gaza-Krieg.
Was wollte Israel mit der UNO-Sitzung erreichen?
Israel will im Kampf um die Deutungshoheit Boden gutmachen. Die Bilder hungernder Kinder im Gazastreifen haben den Völkermord-Vorwurf gegen Israel lauter werden lassen. Israel wies den Vorwurf im Sicherheitsrat zurück und erteilte das Wort dem Bruder einer abgemagerten israelischen Geisel, die vor laufender Kamera ihr Grab hatte schaufeln müssen. Als Reaktion hielt der algerische Vertreter Fotos von palästinensischen Kindern in die Höhe. Israel weiss ebenso wie seine Kritiker: Der Gaza-Krieg ist ein Krieg um Bilder, auch bei der UNO in New York.
Wie äusserten sich die Mitglieder des Sicherheitsrats?
Als einziges Mitglied stellten sich die USA ohne Wenn und Aber auf die Seite Israels und gaben der Hamas die alleinige Schuld am Scheitern der Diplomatie. Der Völkermord-Vorwurf sei eine «Propaganda-Lüge». Dagegen kritisierten die übrigen 14 Mitglieder des Sicherheitsrats in der dreistündigen Sitzung beide Kriegsparteien: die Hamas für die Geiselnahmen, Israel für die monatelange Lebensmittel- und Medikamenten-Blockade. Beides sind Verstösse gegen das Kriegsvölkerrecht.
Israel will Medienberichten zufolge den gesamten Gazastreifen unter direkte Kontrolle bringen. War das ebenfalls Thema?
Ja, der UNO-Vertreter bezeichnete die Berichte, sollten sie sich als wahr erweisen, als «zutiefst alarmierend». Zumal der Gazastreifen völkerrechtlich Teil eines «künftigen palästinensischen Staates» sei. Der israelische Vertreter, Aussenminister Gideon Sa’ar, ging nicht näher auf Berichte ein.
Warum ist keine diplomatische Einigung in Sicht?
Zwar haben sich in der UNO viele Staaten aufeinander zubewegt. Westliche Staaten wie Frankreich oder Grossbritannien wollen Palästina neuerdings anerkennen, im Gegenzug fordern muslimische Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar die Entwaffnung und Entmachtung der Hamas. Doch die Hamas sagt, sie werde weiterkämpfen, solange es keinen Staat Palästina gibt – während Israel die Schaffung eines palästinensischen Staates ablehnt. Dessen Anerkennung, sagte Aussenminister Sa’ar, habe die Verhandlungen «getötet».
Könnte der Sicherheitsrat eine Einigung erzwingen?
Zumindest auf dem Papier könnte er das. Doch die ständigen Mitglieder, darunter die USA, China und Russland, haben ein Vetorecht und davon mehrfach für die eine oder andere Seite Gebrauch gemacht. Vor allem aber werden Resolutionen – also Entscheide – des Sicherheitsrats längst nicht immer befolgt. So ordnete der Rat im März 2024 eine sofortige Waffenruhe an, die schon nach wenigen Tagen von Israel gebrochen wurde. An der jüngsten Sitzung wurde nicht einmal der Versuch unternommen, eine Resolution zu verabschieden.
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