Landesweite Proteste für Freilassung der Hamas-Geiseln
"Bringt die Geiseln zurück und beendet den Krieg!" - In Israel haben Hunderttausende mit landesweiten Streiks und Blockaden dieser Forderung Ausdruck verliehen. Allein in Tel Aviv gingen 200.000 Menschen auf die Straße.
Mit Streiks und Protesten haben zahlreiche Israelis ihre Solidarität mit den Geiseln zum Ausdruck gebracht, die seit fast zwei Jahren von der Hamas im Gazastreifen festgehalten werden. Mehr als 200.000 Menschen versammelten sich im Zentrum von Tel Aviv, wie die Organisatoren unter Berufung auf Polizeischätzungen mitteilten. Sie hätten lautstark die Freilassung der Geiseln und ein Ende des Gaza-Kriegs gefordert, berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa.
Das Forum der Geiselangehörigen hatte für Sonntag - dem Beginn der israelischen Arbeitswoche - zu einem landesweiten Streik aufgerufen. Das Land sollte laut Ankündigung an diesem Tag "lahmgelegt" werden. "Bringt die 50 Geiseln zurück, beendet den Krieg", hieß es weiter.
Bereits am Sonntagmorgen blockierten Demonstranten zahlreiche Straßen im Land, darunter auch eine zentrale Schnellstraße in der Küstenmetropole Tel Aviv. Sie schwenkten blau-weiße israelische Flaggen sowie gelbe Fahnen, die Solidarität mit den Geiseln symbolisieren.
Der einflussreiche Gewerkschafts-Dachverband Histadrut schloss sich dem Streik zwar nicht an, äußerte aber Verständnis für den Schritt. Zahlreiche Unternehmen sowie Kommunen streikten als Ausdruck der Solidarität. Auch die beiden großen Theater in Tel Aviv stoppten ihre Aufführungen.
Vorwürfe an israelische Regierung
Auch bei der Großdemonstration forderten Redner und Teilnehmer die Beendigung des Gaza-Kriegs und die sofortige Freilassung der Hamas-Geiseln. Zudem riefen sie die israelische Regierung dazu auf, ihre Entscheidung rückgängig zu machen, die Stadt Gaza und andere Gebiete im Gazastreifen einzunehmen. "Die israelische Regierung unternahm nie einen ernsthaften Versuch, die Geiseln durch ein umfassendes Abkommen freizubekommen", sagte Einav Zangauker, deren Sohn Matan eine von 20 lebenden Geiseln im Gazastreifen ist, in ihrer Ansprache. "Sie machte aus dem am meisten gerechtfertigten Krieg einen falschen."
Bilder in israelischen Medien zeigten, wie Demonstranten Reifen in Brand steckten und erhebliche Staus verursachten. Unter anderem die Autobahn zwischen Tel Aviv und Jerusalem wurde blockiert. Mehr als 30 Menschen wurden nach Angaben der Polizei festgenommen. In Jerusalem wurden Wasserwerfer gegen Demonstranten eingesetzt.
Nach Angaben des Forums der Geiselangehörigen haben sich landesweit fast eine halbe Million Menschen an den Protesten beteiligt.
"Schlechte und schädliche Kampagne"
Von insgesamt 50 Verschleppten sind nach israelischen Informationen nur noch 20 am Leben. Der rechtsextreme israelische Finanzminister Bezalel Smotrich nannte die Protestaktionen in einem Post auf der Plattform X eine "schlechte und schädliche Kampagne, die der Hamas in die Hände spielt".
Auch Premier Benjamin Netanjahu kritisierte die Proteste. "Diejenigen, die heute ein Ende des Krieges fordern, ohne die Hamas zu besiegen, verhärten nicht nur die Haltung der Hamas und verzögern die Freilassung unserer Geiseln, sondern stellen auch sicher, dass sich die Schrecken des 7. Oktober immer wiederholen werden und unsere Söhne und Töchter immer wieder in einem endlosen Krieg kämpfen müssen", sagte er nach Angaben seines Büros bei einer Kabinettssitzung.
Vorbereitungen für Ausweitung des Gaza-Kriegs
Die Regierung plant in den kommenden Wochen noch eine Ausweitung des Krieges im Gazastreifen. Ziel ist die Einnahme der Stadt Gaza sowie weiterer Teile des Küstenstreifens. Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir sagte, die neuen Einsätze sollten bald beginnen. Bei einem Besuch von Truppen im Gazastreifen erklärte er, man wolle die Schläge gegen die Hamas verstärken, "bis zu ihrer entscheidenden Niederlage".
Israel bereitet bereits die Umsiedlung von Zivilisten vor. Die Militärbehörde Cogat teilte am Samstag auf der Plattform X mit, am Sonntag werde die Lieferung von Zelten und Ausstattung für die Unterkünfte wieder aufgenommen. Dies sei Teil der Vorbereitung der Evakuierung der Bevölkerung aus Kampfgebieten. Bis Sonntagnachmittag gab es keine Informationen darüber, ob die angekündigte Lieferung erfolgt ist.
Indirekte Verhandlungen Israels und der Hamas über ein Ende des Krieges und die Freilassung der Geiseln waren ergebnislos geblieben. Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog besuchte den Platz im Tel Aviver Stadtzentrum und forderte internationale Entscheidungsträger dazu auf, Druck auf die Hamas auszuüben, damit diese die Geiseln freilässt.
Auslöser des Gaza-Kriegs war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023. Bei dem beispiellosen Massaker töteten die Terroristen rund 1.200 Menschen und verschleppten mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen. Seitdem wurden nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde fast 62.000 Palästinenser getötet. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.
ARD Tel Aviv, tagesschau, 17.08.2025 23:56 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke