Netanjahu kündigt neue Geisel-Verhandlungen an
Die erste Phase der Einnahme von Gaza-Stadt läuft bereits. Nun hat Israels Premier Netanjahu neue Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln angekündigt - die Offensive im Gazastreifen soll dennoch weitergehen.
Für Israels Premier Benjamin Netanjahu ist es kein Widerspruch: Er will die Offensive auf Gaza-Stadt wie geplant fortsetzen - und mit der militant-islamistischen Terrororganisation Hamas über eine neue Geisel-Vereinbarung verhandeln.
Bei einem Besuch von Soldaten im Gazastreifen sagte Netanjahu seinem Büro zufolge: "Ich bin gekommen, um die Pläne der Armee zur Einnahme von Gaza-Stadt und zum Sieg über die Hamas zu bestätigen." Gleichzeitig habe er die Anweisung erteilt, "unverzüglich Verhandlungen über die Freilassung aller unserer Geiseln und die Beendigung des Krieges zu Bedingungen aufzunehmen, die für Israel akzeptabel sind". Beides gehe Hand in Hand, sagte der Premier.
Verhandlungen kamen zuletzt kaum voran
Die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas blieben bisher erfolglos. Nach eigener Darstellung hat die Hamas Anfang der Woche einem neuen Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen zugestimmt. Das berichteten mehrere Nachrichtenagenturen unter Berufung auf Hamas-Funktionäre. Israel hat bisher noch keine offizielle Antwort übermittelt.
Verhandelt wurde zuletzt über einen Vorschlag des US-Sondergesandten Steve Witkoff für eine Waffenruhe von 60 Tagen. Israelischen Medien zufolge wurde eine 60-tägige Feuerpause vorgeschlagen. Währenddessen sollen zehn lebende Geiseln und palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden.
Insgesamt befinden sich im Gazastreifen noch 50 Geiseln, von denen noch mindestens 20 am Leben sein sollen. In Israel gingen immer wieder Hunderttausende Menschen auf die Straße, um die eigene Regierung dazu aufzurufen, ein Abkommen zur Beendigung des seit fast zwei Jahren andauernden Kriegs im Gazastreifen zu schließen und die Geiseln zu befreien.
Pläne Anfang August gebilligt
Den Protesten zum Trotz setzt Israels Armee den Einsatz fort. Das Sicherheitskabinett hatte Anfang August die Einnahme von Gaza-Stadt sowie die zwangsweise Umsiedlung der Bevölkerung in den Süden genehmigt. Erklärte Ziele sind demnach die Zerschlagung der letzten Hamas-Stützpunkte im Gazastreifen, die Etablierung einer israelischen Sicherheitskontrolle für das Palästinensergebiet und die Befreiung der verbliebenen israelischen Geiseln aus der Gewalt der Hamas und ihrer Verbündeten.
Nach Angaben von Netanjahu sollen die konkreten Pläne nun gebilligt werden: "Ich bin heute in der Gaza-Division eingetroffen, um die Pläne zu genehmigen, die die IDF mir und dem Verteidigungsminister zur Einnahme von Gaza-Stadt und zur Niederlage der Hamas vorgelegt haben."
In Gaza-Stadt leben Schätzungen zufolge noch eine Million Menschen. Es wird befürchtet, dass die Offensive die ohnehin katastrophale Lage der Zivilbevölkerung noch weiter verschlimmern wird.
Kritik an Offensive - Sorge um Menschen in Gaza
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) nannte die Ausweitung der Angriffe "nicht tolerierbar". Durch die Intensivierung der Angriffe werde es mehr Tote, mehr Vertriebene, "mehr Zerstörung und mehr Panik" geben. Auch das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) sprach von "schrecklichen humanitären Folgen". Hunderttausende Menschen dazu zu zwingen, nach Süden zu fliehen, sei ein Rezept für schlimmere Katastrophen und könnte zu Zwangsvertreibung führen, hieß es.
Am Mittwoch waren die Bewohner von Gaza-Stadt gegen den Krieg auf die Straße gegangen. Hunderte Menschen trugen Transparente mit den Aufschriften "Rettet Gaza, es reicht!" oder "Gaza stirbt durch Mord, Hunger und Unterdrückung".
Vorbereitungen für Einnahme von Gaza-Stadt laufen
Die erste Phase der Einnahme der Stadt laufen derweil bereits. An der Offensive sollten nach Angaben der Armee fünf Divisionen beteiligt werden. Verteidigungsminister Israel Katz hat zudem die Einberufung von etwa 60.000 weiteren Reservisten genehmigt. Der Reservedienst von etwa 20.000 weiteren Soldaten soll verlängert werden.
Israels Armee gab zudem bereits "erste Warnungen" an medizinische Behörden und internationale Organisationen im nördlichen Gazastreifen heraus. Auf diese Weise solle die Verlegung der Bevölkerung in den Süden des Küstenstreifens vorbereitet werden, teilte das israelische Militär mit. Man werde die Bewohner der Stadt Gaza warnen und ihre Evakuierung ermöglichen, erklärte Armeesprecher Defrin. Israels Streitkräfte kontrollieren nach eigenen Angaben bereits die Außenbezirke der Stadt.
UN: "Extrem geschwächte Bevölkerung"
Ob die Menschen vor den Angriffen fliehen können, ist völlig unklar. Der Leiter der UN-Flüchtlingsorganisation für Palästinenser (UNRWA), Philippe Lazzarini, warnte, dass viele Menschen stark unterernährt sind. "Wir haben eine extrem geschwächte Bevölkerung, die mit einer neuen großen Militäraktion konfrontiert sein wird", sagte er.
Die für Palästinenserangelegenheiten zuständige israelische Behörde Cogat habe hochrangigen Vertretern des Gesundheitswesens im Gazastreifen zugesichert, der Bevölkerung Unterbringungsorte im Süden des Gebiets zur Verfügung zu stellen, etwa Feldlazarette oder andere Kliniken, hieß es in der Armeeerklärung weiter. Wie das in der Kürze der Zeit sichergestellt werden kann, ist unklar.
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