Europas Kampf gegen den illegalen Welpenhandel
Wer einen Hund kaufen will, kann das auch über Online-Plattformen tun - doch dort tummeln sich viele illegale Händler. Die EU will mit einer neuen Verordnung der "Hundemafia" das Handwerk legen.
Krank, abgemagert und voller Würmer - so landete Bella, ein Mini-Malteser, vor ein paar Jahren auf dem Untersuchungstisch von Carlo Pingen. Der Tierarzt aus Pulheim bei Köln prüfte die Papiere des Modehündchens, das angeblich aus Russland stammen sollte.
Der Impfpass ließ ihn stutzig werden - ein gelbes Dokument. Es fehlte der Nachweis über die nötige Tollwut-Impfung. Und: "Es war überhaupt nicht klar - gehört der Impfpass überhaupt zum Hund?"
Kranke Tiere und falsche Papiere - das ist typisch für den illegalen Welpenhandel. Der sei inzwischen ein kriminelles Milliardengeschäft geworden, sagt EU-Parlamentarierin Manuela Ripa (EVP). Die Saarländerin hat am Entwurf der neuen EU-Verordnung mitgearbeitet. Das Problem sei, dass 60 Prozent der Tiere im Internet gekauft werden: "Und hier gibt es eben sehr viele Schlupflöcher, die wir schließen wollen."
Riesenmarkt lockt illegale Händler
Tierschutzorgansiationen schätzen die jährliche Nachfrage nach Hunden in der EU auf knapp sechs Millionen Tiere. Besonders beliebt sind Rassehunde. Der Bedarf könne nicht durch seriöse Züchter gedeckt werden, sagt Jana Hoger von PETA Deutschland. Oft stammten die Welpen aus zweifelhaften Zuchtfarmen in Osteuropa, aber auch aus EU-Drittländern.
Von dort aus werden sie unter dem Deckmantel des Privatverkaufs über die Grenze gebracht, über Online-Plattformen angeboten und aus dem Kofferraum heraus verkauft: "Wir haben hier Schlüsselländer wie Polen, Tschechien, Rumänien, Ungarn", so die Aktivistin - dort würden Hunde zum Teil unter traurigsten Bedingungen gezüchtet. Deutschland sei eines der Hauptabnehmerländer.

Die Tierschutzorganisation PETA begrüßt die geplanten strengeren Auflagen für Züchter.
EU will "Hundemafia" das Handwerk legen
Der Gesetzentwurf, den das Europäische Parlament Mitte Juni auf den Weg gebracht hat, sieht mehr Transparenz vor: Wer einen Hund kauft, soll wissen, woher er stammt. Dafür hat sich auch der Christdemokrat Peter Liese (EVP) stark gemacht: "Wir müssen der Hundemafia das Handwerk legen. Und ein zentrales Element ist, dass jeder Hund gechippt und registriert werden muss."
Solch eine EU-weite Chip-Pflicht gibt es bisher nur, wenn Hunde mit ihren Besitzern im EU-Ausland verreisen. Nun soll sie für alle Hunde in der EU eingeführt werden - und übrigens auch für Katzen. Neu dabei: Die Registrierung soll in einer europaweit kompatiblen Datenbank erfolgen, die von der EU-Kommission betrieben werden soll.
Verkaufsverbot in Tierhandlungen geplant
Doch nicht nur der Onlinehandel, auch der Hundekauf in Tierhandlungen kann problematisch sein. So hat die Tierschutzorganisation PETA Deutschland Verbindungen von zweifelhaften Zuchtfarmen in Osteuropa zu mehreren großen Hundehändlern in Belgien nachgewiesen: "In diesen Produktionsanlagen sitzen die Welpen isoliert, Abteil an Abteil", so Hoger. Medikamente würden verabreicht.
Sie begrüßt deshalb, dass die EU neben höheren Auflagen für Züchter auch ein Verbot des Verkaufs von Katzen und Hunden in Zoohandlungen einführen will: "Denn kein Mensch, der sich in so einem Pet Shop umschaut, rechnet damit, dass die Tiere unter solchen schlimmen Bedingungen produziert wurden."
Nicht nur hier kündigt sich Widerstand an: die European Pet Organization, Lobbyverband der europäischen Zoohandlungen, warnt davor, dass dem illegalen Handel mit einem Verkaufsverbot in Tierhandlungen erst recht Tür und Tor geöffnet werde.

Bei Tierschützern ist die Sorge groß, dass der Gesetzentwurf noch abgeschwächt wird - zum Leid der Tiere.
Wird der Gesetzentwurf verwässert?
Noch ist die neue Verordnung nicht in Kraft. Anfang September haben sogenannte Trilog-Beratungen zwischen EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und EU-Parlament über den Gesetzentwurf begonnen. Im Büro der EU-Abgeordneten Manuela Ripa gibt es die Sorge, dass die starke Tierschutz-Position des Europäischen Parlaments abgeschwächt werden könnte. So wolle die EU-Kommission eventuell Ausnahmen bei den Tierschutzstandards für kleine Züchter machen.
Was die Bekämpfung des illegalen Welpenhandel angeht, könnten Chip-Pflicht und Registrierung nur ein erster Schritt sein, sagt Jana Hoger von PETA Deutschland. Noch effektiver sei es, "wenn wir uns dafür entscheiden, den Onlinehandel von privaten Händlern auf Plattformen zu verbieten".
Tierarzt Carlo Pingen sieht in der geplanten EU-Verordnung einen Fortschritt. Allerdings bleiben auch bei ihm noch Zweifel in Sachen Fälschungssicherheit: "Das ist wie bei vielen Dingen auch. Schwarze Schafe gibt es immer."
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