Aufschrei der "Gen Z" für einen politischen Neuanfang
Aus Wut gegen die Blockade von Social-Media-Plattformen demonstrieren in Nepal Tausende. Doch es geht um mehr: Die meist jungen Menschen fühlen sich als "verlorene Generation". Sie fordern einen politischen Neuanfang.
Die Polizei schießt mit Wasserwerfern in die Menge. Junge Menschen rennen auseinander. Weiße Rauchschwaden ziehen durch die Straßen von Kathmandu. Immer wieder setzt die Polizei auch Tränengas ein. Und es wird vor allem auch scharf geschossen. Mindestens 19 Menschen sind ums Leben gekommen und mehr als 300 wurden verletzt. Der Innenminister trat daraufhin zurück.
Tausende hatten sich zuvor versammelt, und Plakate hochgehalten: "Nein zur Korruption" oder "Unsere Zukunft steht nicht zum Verkauf". Als sie in eine Sperrzone nahe des Parlaments vordrangen, eskalierte die Lage. Es gab Tote und viele Verletzte. Die Behörden reagierten mit Ausgangssperren.

Social-Media-Kanäle als Verbindung zur Heimat
Auch Bidhya Khanal ist auf die Straße gegangen. Sie will Teil dieser Bewegung der "Generation Z, der "Gen Z", sein, sagt sie dem ARD-Studio Südasien: "Es geht darum, dass wir seit unserer Geburt keine Veränderung im Land gesehen haben. Junge Leute in unserem Alter gehen ins Ausland. Im Land gibt es nichts. Wir haben immer nur Stillstand erlebt."
Die Wut hat sich entzündet an der Blockade von mehr als zwei Dutzend Social-Media-Plattformen und Messenger-Apps: Instagram, Facebook, X, WhatsApp - alle sind seit Freitag in Nepal gesperrt. Offiziell, weil die Regierung den Konzernen vorwirft, dass sie sich nicht an nepalesische Gesetze halten. Doch viele glauben: Dahinter steckt der Versuch, kritische Stimmen im Netz zu unterdrücken. Hinzu kommt: Millionen Nepalesen leben im Ausland, soziale Medien sind für sie die wichtigste Verbindung zur Heimat.
Demonstrierende prangern Korruption an
Für die jungen Demonstrierenden geht es aber längst um mehr - viele fühlen sich als "verlorene Generation". Sie wollen einen echten Wandel, sagt die 23-jährige Amrita Ban: "Das Verbot war der Auslöser, aber der Grund für die Bewegung heute ist nicht nur das", sagt sie.
"Wir sind auch hier, um die Korruption anzuprangern: um zu hinterfragen, wohin unser Steuergeld fließt", sagt sie. "Und auch unser Recht auf freie Meinungsäußerung ist uns genommen worden."
Regierung schränkte soziale Medien bereits vorher ein
Die Regierung in Nepal hat schon mehrfach den Zugang zu Online-Plattformen eingeschränkt: Im Juli blockierte sie den Messenger-Dienst Telegram mit Verweis auf Online-Betrug und Geldwäsche. Und ein TikTok-Verbot, das neun Monate lang galt, hob sie erst im August vergangenen Jahres auf - nachdem die Plattform zugesichert hatte, sich an nepalesische Vorgaben zu halten.
Für viele junge Leute ist genau das ein weiteres Zeichen, wie wenig die Regierung auf ihre Bedürfnisse eingeht, sagt Bidhya Khanal: "Wir brauchen keine Partei, keinen König oder sonst etwas. Wir brauchen eine echte Führungspersönlichkeit", findet sie. "Wir sind hier, um zu zeigen, dass unsere Generation etwas bewegen kann. Damit wollen wir Aufmerksamkeit erzeugen. Wir sind hier, um zu zeigen, dass unsere Regierung etwas tun kann - wenn sie es nur will."
Ähnliche Proteste haben sich inzwischen auch in anderen Städten ausgebreitet. Die "Gen Z" in Nepal - sie fordert nicht weniger als einen politischen Neuanfang.
Franziska Amler, ARD Neu-Delhi, tagesschau, 08.09.2025 17:28 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke