Frankreichs Präsident Macron hat Verteidigungsminister Lecornu zum Premier gemacht - und die heftige Kritik folgte prompt. Aber mit dem neuen Regierungschef will Macron nun seine Krisentaktik ändern.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat den bisherigen Verteidigungsminister Sebastien Lecornu zum neuen Premierminister ernannt. Der äußerst diskrete Lecornu gilt als enger Vertrauter des Präsidenten. Schon seit 2017 gehört der heute 39-Jährige ohne Unterbrechung Macrons Regierungen an - unter anderem als Staatssekretär, dann als Minister, zuletzt im Verteidigungsressort.

Politisch kommt er ursprünglich aus dem konservativen Lager, wechselte später aber zu Macrons Partei. Es heißt, er habe einen guten Draht zum rechtsnationalen Rassemblement National (RN).

Doch ob ihm das bei seiner schwierigen Aufgabe hilft, einen konsensfähigen Sparhaushalt auf den Weg zu bringen, ist fraglich. Die Fraktionsvorsitzende des RN, Marine Le Pen, schrieb jedenfalls auf X eher feindlich: "Macron verschießt seine letzte Kugel."

Auch von links kommt Kritik

Aus der Opposition links der Mitte kommt ebenfalls Kritik an Macrons Entscheidung. Marine Tondelier von den Grünen sagte am Abend im TV Sender BFM: "Das alles ist eine Provokation. Macrons Partei hat die Neuwahlen letztes Jahr verloren und er ernennt fröhlich immer wieder Premiers aus seinem eigenen Lager." Das werde nicht gut enden, so Tondelier. 

Auch die Linkspartei LFI von Jean-Luc Melenchon ist entsetzt. Er bezeichnet die Ernennung Lecornus als "traurige Komödie". Macron verachte die Wählerinnen und Wähler, meint Melenchon. Die Sozialisten wiederum erklärten in einem Kommuniqué, Macron verschlimmere mit seiner Wahl "die Krise, das Misstrauen und die Instabilität". Und sie warnten: "Macron riskiert den legitimen sozialen Zorn und die Blockade der Institutionen."

"Es ist kein Sozialist geworden. Das begrüße ich."

Regelrecht erleichtert hingegen reagierte Bruno Retailleau. Der konservative Republikaner und jetzt nur noch geschäftsführende Innenminister stellte zufrieden fest: "Es ist kein Sozialist geworden. Das begrüße ich." Die Aufgabe, die Lecornu bewältigen müsse, sei "heftig", stellte Retailleau fest. "Aber wir sind in der Verantwortung. Der Präsident will, dass wir Übereinkünfte finden und ein paar gemeinsame Projekte formulieren." Der Staat müsse den Gürtel enger schnallen und dürfe nicht die Steuern erhöhen, forderte er.

Doch genau hier scheiden sich die Geister. Wie soll Lecornu die diametral entgegengesetzten Vorstellungen der einzelnen Parteien in einen Sparhaushalt gießen und einen Konsens herbeiführen?

Macron will die Taktik ändern

Macron hat ihm den Auftrag gegeben, die Methode zu wechseln: Der neue Premier soll zunächst Beratungen mit den unterschiedlichen Parteien führen, um dann einen Kompromiss zu schließen. Erst wenn dieser Kompromiss gefunden ist, soll Lecornu eine neue Regierung zusammenstellen. Diese Reihenfolge ist im politischen Paris eine kleine Sensation und wird in den Medien schon als "deutsche Methode" bezeichnet.

Zuletzt war es ja stets umgekehrt gelaufen: Zweimal in Folge sind Premiers mit Regierungsmannschaft, aber ohne Programm, daran gescheitert, im tief gespaltenen Parlament Mehrheiten zu organisieren.

Tondelier von den Grünen machte klar: "Wenn wir überhaupt an diesen Gesprächen teilnehmen, werden wir Klartext reden. Sehr klaren Klartext."

Befeuert Lecornus Ernennung die Proteste?

Gebannt blicken nun alle auf den für heute angekündigten Protesttag. Kann die Ernennung Lecornus Druck aus dem Kessel nehmen? Eic Coquerel von der Linkspartei LFI rief alle Teilnehmenden des Protestes dazu auf, friedlich zu bleiben: "Ich appelliere an alle, mit großer Ruhe auf die Straße zu gehen und nicht in die Falle zu tappen, die man ihnen hinhält."

Doch der Unmut eines großen Teils der Bevölkerung richtet sich gegen Präsident Macron. Dass nun jemand aus seinem engsten Kreis zum Premier ernannt wurde, dürfte den Zorn eher befeuern.  

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