Als russische Drohnen in Polens Luftraum eindrangen, ging ein Alarm los - auch bei den NATO-Bündnispartnern, die zur Hilfe eilten. Welche Vorkehrungen hat die Allianz getroffen, um auf russische Angriffe vorbereitet zu sein?

Sechs NATO-Staaten grenzen an Russland. Fast täglich berichten sie von Störungen: GPS Signale, die ausfallen; Flugzeuge, die sich in NATO-Gebiet verflogen haben; Drohnen, die Informationen sammeln.

Wenn so ein Flugobjekt gesichtet wird, geht ein Alarm los. Kampfjetpiloten springen in ihre Anzüge und rasen zu ihren Flugzeugen. So kann man es auf einem Luftwaffenstützpunkt in Litauen erleben - und Ähnliches wird sich auch in der Nacht zum Mittwoch in Polen abgespielt haben, als plötzlich knapp 20 Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen sind. 

Deeskalation funktionierte bei russischen Drohnen nicht

Wenn ein unerlaubtes Flugobjekt in den Luftraum eindringt, wird meist versucht, die Lage zu deeskalieren und die Piloten zur Umkehr zu bewegen. Im Fall der russischen Drohnen hat dies nicht funktioniert: Erstmals wurden drei Flugobjekte abgeschossen. Auch das sei eine gemeinsame NATO-Aktion gewesen, wie NATO-Chef Mark Rutte später aufzählt. Neben den polnischen waren auch niederländische und italienische Kampfjets beteiligt.

Immer wieder bietet die NATO Besuche zu gemeinsamen Stützpunkten an - auch, um die Zusammenarbeit des Bündnisses zu demonstrieren. Weil die baltischen Staaten beispielsweise keine eigene Luftabwehr haben, übernehmen die anderen NATO-Staaten in einem gewissen Turnus die Sicherung des Luftraums. Auch in Polen waren gerade fünf deutsche Eurofighter im Einsatz, um bei einem Alarm sofort zu reagieren. Sie werden "die Polizisten des Luftraums" genannt.

NATO weitete Präsenz durch Ukraine-Krieg aus

Seit dem Angriff auf die Ukraine hat die NATO ihre Präsenz an der Ostgrenze massiv ausgeweitet. In acht Staaten sind internationale Kampftruppen stationiert, die regelmäßig für den Ernstfall trainieren. Deutschland schickt eine Brigade nach Litauen. Die schnelle Eingreiftruppe der NATO - sie muss in zwei bis sieben Tag einsatzbereit sein - ist nach Rumänien verlegt worden.

Erst im vergangenen Jahr hatten 90.000 NATO-Soldaten bei einem Manöver geübt, was passiert, wenn ein NATO-Mitglied durch Russland angegriffen wird. Wer eilt zuerst zur Hilfe, wo kommt der Nachschub her? Eine entscheidende Rolle spielen dabei die USA. Sie haben knapp 80.000 Soldaten in Europa stationiert.

Polen rief Artikel 4 aus

Aber dieser Bündnisfall nach Artikel 5 ist noch nicht eingetreten. Er ist sogar erst einmal in den NATO-Geschichte ausgerufen worden: Als am 11. September die Flugzeuge in das World Trade Center stürzten.

Polen hatte nach dem Eindringen der russischen Drohnen in seinen Luftraum den Artikel 4 ausgerufen. Danach kann ein Land, das sich bedroht fühlt, den Beratungsfall auslösen. Das ist geschehen - und nach den Beratungen der 32 NATO-Vertreter fand Rutte klare Worte: "Eines ist klar: Der Vorfall ist kein Einzelfall. Unser Oberbefehlshaber wird weiter für die Abschreckung entlang der gesamten Ostgrenze sorgen. Die Verbündeten sind entschlossen, jeden Zentimeter des NATO-Gebietes zu verteidigen."

Rutte und auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben die NATO-Mitglieder aufgerufen, noch mehr für ihre Verteidigung auszugeben. Polen ist dafür ein gutes Vorbild: Das Land gibt jetzt schon 4,5 Prozent seiner Wirtschaftskraft für Verteidigung aus. So viel wie kein anderes NATO-Land.

Sabrina Fritz, ARD Brüssel, tagesschau, 10.09.2025 20:48 Uhr

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