Wenig Trauerfeier, viel Kampfansage
Bei einer Trauerfeier haben Anhänger Abschied genommen vom ermordeten ultrarechten Aktivisten Kirk. Viele Redner machten Kampfansagen an politische Gegner. Nur eine schlug wirklich versöhnliche Töne an.
Etwa 100.000 Menschen hatten sich im und außerhalb des Football-Stadions in Glendale im US-Bundesstaat Arizona versammelt. Viele hielten Plakate mit dem Satz "This is our turning point" ("Dies ist unser Wendepunkt") hoch - in Anlehnung an die Bewegung des ultrarechten Aktivisten Charlie Kirk namens "Turning Point USA". Fast alle waren elegant und patriotisch gekleidet mit roten, weißen oder blauen Elementen. Das war der empfohlene Dresscode für die Trauerfeier.
Mit dabei war auch US-Vizepräsident JD Vance. Er sagte in seiner Ansprache: "Der böse Mörder, der uns Charlie genommen hat, erwartet, dass wir heute eine Beerdigung abhalten. Aber stattdessen, meine Freunde, haben wir eine Erweckung gefeiert, zu Ehren von Charlie Kirk und seines Herrn Jesus Christus."

Auch US-Vizepräsident JD Vance sprach auf der Trauerfeier
Schnell wurde es politisch
Und tatsächlich konnte man schnell vergessen, dass dies eine Gedenkfeier war. Sie begann mit der Nationalhymne, Feuerwerk und einer kurzen Ansprache von Kirks Pastor. Dann wurde es schnell politisch. Zunächst in den Reden von fast ausschließlich jungen Freunden und Anhängern des rechtskonservativen Aktivisten. "Wir werden niemals, niemals zulassen, dass die Linken, die Medien oder die Demokraten den Namen Charlie Kirk vergessen", hieß es in einer Rede.
Die von Kirk ins Leben gerufene Bewegung "Turning Point USA" hatte vor seinem Tod 250.000 Mitglieder. Sie ist praktisch die Jugendorganisation der Bewegung "Make America Great Again" (MAGA) und hatte einen großen Anteil daran, dass US-Präsident Donald Trump 2024 die Wahlen gewonnen hat. Seit Kirks Tod wird daran gearbeitet, diese Bewegung zu erhalten und wachsen zu lassen.
So sagte Stephen Miller, einer der ideologisch einflussreichsten Berater der Trump-Regierung: "Ihr habt gedacht, dass ihr Charlie Kirk umbringen könnt. Ihr habt einen Märtyrer aus ihm gemacht. Und jetzt werden Millionen sein Vermächtnis weiterführen."
USA noch stärker gespalten
Kirk nutzte praktisch alle großen Social Media Plattformen, um junge Menschen für religiös-konservative Werte zu mobilisieren. Er tourte durch Schulen und Hochschulen in den USA. Dort führte er immer wieder öffentliche Veranstaltungen unter dem Motto "Prove me wrong" ("Widerlege mich") durch. Dort polarisierte der 31-Jährige mit seinen konservativ-nationalen Ansichten zu Themen wie Geschlechteridentität, Rassenfragen oder Waffenbesitz ebenso stark wie Trump selbst.
Seit dem Attentat auf Kirk sind die USA noch stärker gespalten als vorher schon. Einige Kommentare auf Social Media hatten den Tod des Aktivisten regelrecht gefeiert. Die Reaktion auf Seiten der Trump-Anhänger auf jegliche Kritik an Kirk war allerdings brachial. Etliche Kritiker verloren ihren Job. Die US-Medienaufsichtsbehörde FCC drohte sogar TV-Sendern wegen dieser Äußerungen, die Lizenz zu entziehen. Ein Schritt, gegen den sich aber auch von republikanischer Seite Widerstand rührt.
Witwe vergibt dem Attentäter
Bei der Trauerfeier war kein einziger demokratischer Politiker zu sehen. Als letztes sprach US-Präsident Trump. Auch er war wenig versöhnlich. "Charles James Kirk wurde auf grausame Weise von einem radikalen, kaltblütigen Monster ermordet. Nur weil er die Wahrheit gesagt hat", sagte er.

US-Präsident Trump und Kirks Witwe Erika bei der Trauerfeier
Die einzige, die bei der Veranstaltung wirklich versöhnliche Töne anschlug, war Kirks Witwe Erika. Sie wird "Turning Point USA" fortführen. In einer sehr emotionalen Rede sagte die 36-Jährige: "Diesem Mann, diesem jungen Mann, vergebe ich. Ich vergebe ihm, weil es das war, was Christus getan hätte. Und weil es das ist, was Charlie tun würde."
Die Jugendbewegung "Turning Point USA" wächst seit dem Attentat rapide. Es gibt 65.000 Anfragen für die Gründung eines neuen Chapters. Bislang haben in den USA sieben von zehn Frauen die Demokraten unterstützt. Bei jungen Männern ist der Trend umgekehrt. Mit der Übernahme von "Turning Point USA" durch Kirks Witwe hoffen die Republikaner, auch mehr Frauen auf ihre Seite zu ziehen.
Anne Schneider, ARD Washington, tagesschau, 22.09.2025 07:02 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke