Vom einst wichtigsten Partner zu einem der größten Unsicherheitsfaktoren für die Ukraine: Auch finanziell hinterlassen die USA ein Loch. Im Haushaltsentwurf für 2026 fehlen mehr als 13 Milliarden Euro.

Es soll eine Woche der Diplomatie werden - so hatte es Wolodymyr Selenskyj noch vor seiner Abreise in die USA genannt. Fast zwei Dutzend Treffen mit Diplomaten, sowie Staats- und Regierungschefs seien am Rande der UN-Vollversammlung in New York geplant.

Eines der drängenden Themen für den ukrainischen Präsidenten: Das Loch im ukrainischen Haushalt für das kommende Jahr - umgerechnet mehr als 13 Milliarden Euro. "Wir bereiten neue langfristige Schritte zur finanziellen Stabilität der Ukraine vor", so Selenskyj. Dabei gehe es vor allem um russische Vermögenswerte. "Diese Vermögenswerte müssen stärker für den Schutz vor der russischen Aggression und für den Wiederaufbau unseres Landes eingesetzt werden."  

Große finanzielle Abhängigkeit von Verbündeten

Die Ukraine ist nicht nur militärisch zu großen Teilen abhängig von ihren westlichen Verbündeten, sondern auch finanziell. Durch den Krieg ist die Wirtschaft eingebrochen und damit auch die Steuereinnahmen. Nun ziehen sich auch noch die USA weitgehend aus der Unterstützung zurück. 

Den größten Posten im Haushalt plant die Ukraine für die weitere Verteidigung gegen Russland ein. Und die wird immer teurer: Mehr als 140 Millionen Euro koste der Krieg - täglich. Doch auch Sozialausgaben beispielsweise im Bildungs- oder medizinischen Bereich sollen steigen.

Priorität hätten dabei unter anderem die Frontregionen, erklärt Finanzminister Serhij Martschenko im ukrainischen Fernsehen: "Es geht um Schutzräume in Schulen. Sogar große Städte liegen bereits in frontnahen Regionen. Sie müssen mit sicheren Schutzräumen ausgestattet sein, um den Unterricht und den Schulbetrieb zu gewährleisten."

"Wo ist das Geld dafür?"

Im Parlament äußert der Abgeordnete Dmytro Rasumkow scharfe Kritik an den Plänen der Regierung. Bis 2021 gehört Rasumkow selbst der Präsidentenpartei Sluha Narodu an, war Parlamentspräsident und galt vor Beginn des russischen Angriffskriegs als Konkurrent von Selenskyj.

"Wir tun so, als würden wir über den Haushalt beraten", sagt Rasumkow. "Einen Haushalt, der erneut nicht nachvollziehbar berechnet wurde, dessen Folgen wir schon nächstes Jahres spüren werden. Auf dem Papier sieht das nach einem tollen Haushalt aus. Aber wenn man genauer hinschaut stellt sich die Frage: Wo ist das Geld dafür?" 

Geld aus eingefrorenen russischen Vermögen?

In seinem Kiewer Büro des Zentrums für Wirtschaftsstrategien winkt Hlib Vyshlinsky ab. Rasumkow sei ein Populist, meint der Finanzexperte. Renten, sowie Gehälter von Lehrern oder medizinischem Fachpersonal seien bereits auf niedrigem Niveau. Bisher hatten die westlichen Partnerländer der Ukraine diese Staatsausgaben gedeckt. Aber Vyshlinsky gibt sich zuversichtlich, dass auch ohne die USA die noch fehlenden 13 Milliarden Euro aufgebracht werden können. 

Er sehe kein Problem darin, dass die EU und andere europäische Staaten wie Großbritannien und Norwegen zusätzlich 0,1 Prozent ihres Bruttoinlandprodukts mobilisieren, um die Lücke zu finanzieren, die die USA hinterlassen haben, so Vyshlinsky. "Vor allem, wenn das Geld aus den eingefrorenen russischen Vermögenswerten kommt. Es bedeutet nur, dass wir dieses Geld nicht in den Wiederaufbau investieren können und nach dem Krieg ärmer sind."

Die USA, das habe man in der Ukraine mittlerweile verstanden, seien kein verlässlicher Partner mehr. Unterstützung aus der Trump-Administration nur noch ein Bonus. Damit rechnen solle man aber besser nicht, meint Vyshlinsky. Er sieht nun die Europäer in der Verantwortung. Die Ukraine vor einem Bankrott zu bewahren, sei schließlich auch im Interesse Europas.  

 

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