Wie eine Gaza-Hilfsflotte Italiens Politik spaltet
Nach mutmaßlichen Drohnenangriffen auf eine private Hilfsflotte hat Italien zwei Marineschiffe geschickt. Sie sollen die Sicherheit gewährleisten. Zugleich spaltet der Gaza-Hilfseinsatz die italienische Politik.
Es ist dunkel. Man kann das Gesicht von Benedetta Scuderi von den italienischen Grünen kaum erkennen in dem Video, in dem sie von einem nächtlichen Angriff auf die Global Sumud Flotilla berichtet - die Europaparlamentarierin ist direkt vor Ort, vor der Küste Kretas, auf einem der Schiffe.
"Es sind diverse Drohnen über unseren Köpfen, aber diesmal sind sie aggressiv geworden", sagt Scuderi. "Sie haben reizendes Material auf einige Schiffe abgelassen. Es sind drei Blendgranaten abgeworfen worden."
Verletzt wurde nach Angaben der Hilfsflotte niemand. Wer hinter den mutmaßlichen Drohnenangriffen steckt, ist unklar - die Aktivistinnen und Aktivisten vermuten Israel oder Verbündete, Israel hat sich dazu bisher nicht geäußert.
Mehr als 50 Schiffe auf dem Weg nach Gaza
Denn die Global Sumud Flotilla will Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen, mit mehr als 50 Schiffen. Unterwegs mit der Flotilla sind neben italienischen Parlamentariern auch italienische Aktivistinnen und Aktivisten. Die Hilfsmission wird in Italien genau beobachtet. Denn die Gaza-Frage spaltet das Land, ist zum Symbol geworden für das, was Rechte und Linke in Italien trennt.
Die - sehr rechte - italienische Regierung ist kein großer Fan der Flotilla. Aber der Angriff hat sie in die Zwickmühle gebracht: Sie wird von der Opposition unter Druck gesetzt, gleichzeitig will man das Verhältnis zu Israel nicht verschlechtern.
Verteidigungsminister Guido Crosetto von der Meloni-Partei Fratelli d‘Italia hat nun trotzdem zwei Schiffe der italienischen Marine zur Flotilla geschickt. Sie sollen im Notfall Hilfe leisten, Menschen, die in Gefahr sind, schützen, erklärt er vor dem italienischen Parlament.
Verteidigungsminister verurteilt Angriff
"Auf der Flotilla sind auch italienische Staatsbürger, darunter Parlamentarier und Europaparlamentarier. Es ist also klar, dass das, was geschehen ist, unser Land direkt betrifft, weil es die Sicherheit unserer Mitbürger in internationalen Gewässern betrifft", sagt Crosetto. "Die italienische Regierung verurteilt das, was passiert ist, scharf. Solche Aktionen gegen die Zivilgesellschaft auf dem offenen Meer sind komplett inakzeptabel."
Crosetto erwähnt, dass er auch israelische Stellen darüber informiert habe, dass Italiens Marine Schiffe schicke, macht aber keine direkten Schuldzuweisungen. Was er aber auch sagt: Sobald die Flotte internationale Gewässer verlässt, sobald sie in israelische Gewässer eindringt - ist es vorbei mit dem italienischen Schutz.
Großen Teilen der italienischen Opposition reicht das alles nicht. Viele linke oder Mitte-Links-Parteien in Italien fordern, die israelischen Angriffe auf Gaza zu stoppen, einen Staat Palästina anzuerkennen, und fühlen sich dabei unterstützt von der öffentlichen Meinung.
Meloni nennt Mission "gefährlich und unverantwortlich"
Tausende gehen für Gaza auf die Straße, schon mehrmals haben Gewerkschaften zu Streiks für Gaza aufgerufen. Dass Ministerpräsidentin Giorgia Meloni am Rande der UN-Vollversammlung in New York die mutmaßlichen Angriffe auf die Flotilla zwar verurteilt, aber die Aktion der Hilfsflotte "gefährlich und unverantwortlich" genannt hat - das ist Wasser auf die Mühlen von Oppositionsführerin Elly Schlein von den italienischen Sozialdemokraten.
"Ministerpräsidentin Meloni greift die Flotilla mit extrem harten Worten an, auf die Verbrechen von Netanjahu reagiert sie nie so", sagt Schlein. "Ich hatte an Giorgia Meloni geschrieben, um Schutz für die Flotilla zu erbitten. Sie hat geantwortet, dass sie die Unversehrtheit der Italiener garantieren werde. Und jetzt schaut euch an, wie Israel reagiert hat, Israel hat in internationalen Gewässern mit Drohnen, Blendgranaten und reizenden Stoffen reagiert."
Flotilla lehnt Alternativroute ab
Ministerpräsidentin Meloni sieht die ganze Angelegenheit völlig anders, das hat sie am Rande der UN-Vollversammlung sehr deutlich gemacht. "Ich bin nicht dumm", sagte sie. "Ich sehe, was da gerade passiert. Das, was da gerade in Italien passiert, hat nicht das Ziel, das Leiden der Bevölkerung in Gaza zu erleichtern. Ziel ist es, die italienische Regierung anzugreifen."
Aber sie schlug dort auch etwas versöhnlichere Töne an. Und machte noch einen Vorschlag, um die verfahrene Situation zu lösen: Die Flotilla solle ihre Hilfslieferungen nach Zypern bringen. Die katholische Kirche, genauer gesagt, das Patriarchat von Jerusalem, das auch für Gaza zuständig ist, soll die Hilfsgüter dann nach Gaza bringen. Die Flotilla hat das Angebot allerdings schon abgelehnt.
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