Wie Aktivisten in der Ukraine gegen Korruption kämpfen
Aktivisten in der Ukraine prangern immer wieder Korruption in den Behörden an. Auch die Rolle mancher Rüstungsunternehmen ist unklar. Könnte ein stärkerer internationaler Druck helfen?
Proteste in Sichtweite des Präsidialamtes in Kiew: In der Ukraine gingen im Sommer Tausende, vor allem junge Menschen, gegen ein umstrittenes Gesetz von Präsident Wolodymyr Selenskyj auf die Straßen. Sie sahen die Unabhängigkeit wichtiger Behörden im Kampf gegen die Korruption bedroht.
Nach wenigen Tagen wurde das Gesetz korrigiert - doch der Druck der Regierung auf die Anti-Korruptionsbehörden NABU und SAPO halte bis heute an, sagt die Aktivistin Darja Kalenjuk und erhebt schwere Vorwürfe.
Risiko Korruption
Generalstaatsanwalt Ruslan Krawtschenko sei in dieser Sache direkt zuständig. Er gebe den Ermittlern Anweisungen, wie sie gegen die Behörden vorzugehen haben. Er genehmige Maßnahmen wie Festnahmen und Durchsuchungen. "Und er tut das mit dem Einverständnis von Präsident Selenskyj und Präsidialamtschef Jermak", sagt Kalenjuk.
Kalenjuk ist eine der Mitbegründerinnen des Zentrums zur Korruptionsbekämpfung, einer der bekanntesten Nichtregierungsorganisationen in der Ukraine. Heute betrachtet die Aktivistin besonders den Verteidigungssektor mit großen Sorgen. Vor allem in der Rüstungsindustrie und im Beschaffungswesen der Armee sei das Risiko zur Korruption enorm.
Angst, sich einzumischen
"Wir haben keinen Einblick. Das Parlament funktioniert nicht. Die staatliche Finanzaufsicht und die Rechnungskammer sind nicht reformiert. Sie haben Angst, sich einzumischen und etwas zu überprüfen", sagt die Aktivistin. Internationale Partner würden ebenfalls nicht zugelassen, weil es sich um Staatsgeheimnisse handle.
Bleiben also nur die beiden unabhängigen Anti-Korruptionsbehörden NABU und SAPO. Also ausgerechnet die Institutionen, die laut Kalenjuk noch immer von der Regierung unter Druck gesetzt würden.
Im Zuge der Proteste hatte der ukrainische Präsident sein Vorgehen gegen die Institutionen mit russischer Unterwanderung begründet. Doch Aktivistin Kalenjuk meint, das Anti-Korruptionsbüro sei der Regierung zu unbequem.
Firma in der Kritik
Sie verweist auf jüngste Ermittlungen des NABU. Die betreffen das Rüstungsunternehmen Fire Point. Aufnahmen eines staatlichen ukrainischen Fernsehsenders zeigen die Herstellung der Langstreckenrakete "Flamingo". Die sei die "erfolgreichste Rakete im ukrainischen Arsenal", sagt Präsident Selenskyj . Auch Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj lobt die Waffe.
Doch in der Ukraine schauen viele kritisch auf die Firma. Erst 2023 gegründet erhielt das Unternehmen laut Recherchen des Online Mediums Kyiv Independent große Fördersummen aus dem Verteidigungsministerium. Das Anti-Korruptionsbüro NABU ermittelt in diesem Zusammenhang offenbar auch gegen einen früheren Geschäftspartner von Präsident Selenskyj - heute mutmaßlich Eigentümer des Unternehmens, schreibt der Kyiv Independent. Fire Point weist die Vorwürfe gegen das Unternehmen zurück.
NABU und SAPO sind die einzigen Behörden, die unabhängig sind und die Befugnisse haben, auf Staatsgeheimnisse zuzugreifen, wenn es Anzeichen für eine Straftat gibt. Und sie haben angefangen, sich mit Rüstungsaufträgen zu beschäftigen. Aber sobald sie bei ihren Recherchen auf Freunde des Präsidenten gestoßen sind, wurden sie zu einem Problem für den Präsidenten selbst.
Aktivistin wünscht mehr Druck auf Selenskyj
Kalenjuk sorgt sich um das Vertrauen europäischer Partner in die Ukraine. Und um die Verteidigungsfähigkeit ihres Landes. Noch immer führt die Ukraine einen kräftezehrenden Kampf ums Überleben. Von den europäischen Partnern wünscht sich Kalenjuk zwei Dinge: eine klare europäische Perspektive für die Ukraine - und gleichzeitig mehr politischen Druck seitens der Partner auf die Regierung Selenskyj.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke