Warum die USA vor einem "Shutdown" stehen
Die USA stehen kurz vor dem ersten "Shutdown" seit sechs Jahren: Im Senat ist ein letzter Versuch gescheitert, einen Stillstand der Bundesverwaltung abzuwenden. Worum geht es bei dem Streit?
Worum genau geht es?
Jedes Jahr im September streiten Republikaner und Demokraten im US-Parlament um den Bundeshaushalt für das neue Fiskaljahr, das am 1. Oktober beginnt. Können sie sich nicht auf einen Etat einigen, fehlt der Regierung die Grundlage für die weitere Finanzierung - ein Regierungsstillstand droht - ein "Shutdown". Damit dieser nicht eintritt, müsste zumindest ein Übergangshaushalt beschlossen werden. Oft einigt sich das Parlament erst im allerletzten Moment auf einen Etat. In der Vergangenheit hangelte sich der Kongress vielfach von einem Übergangshaushalt zum nächsten. In diesem Jahr aber ist es dazu nicht gekommen.
Im Repräsentantenhaus wurde ein Entwurf für eine Überbrückungsfinanzierung zwar mit der Mehrheit der Republikaner verabschiedet, der die Finanzierung bis einschließlich 20. November sicherstellen sollte. Im US-Senat, der zweiten Kammer des US-Kongresses, erhielt er aber auch im letzten Anlauf nicht die nötigen Stimmen. Dort müssen mindestens 60 der insgesamt 100 Senatoren zustimmen. Die Republikaner verfügen hier nur über 53 Sitze. Das ist zwar die Mehrheit in der Kammer - aber dennoch sieben Sitze unter der geforderten Marge. Sie sind also auf die Zustimmung von mindestens sieben Demokraten angewiesen. Zugeständnisse, die die Demokraten im Wissen um ihre starke Position von US-Präsident Donald Trump forderten, lehnte dieser ab. So läuft nun alles auf den "Shutdown" ab Mitternacht (Ortszeit) zu.
Was passiert bei einem "Shutdown"?
Wird kein Haushalt oder zumindest ein Übergangsetat verabschiedet, stehen der Regierung zunächst keine Mittel mehr für eine weitere Finanzierung zur Verfügung. Es kommt zu einem Auszahlungsstopp bei den Bundesausgaben in der US-Verwaltung. Behörden, Ämter oder Institutionen, die nicht als essenziell für die Sicherheit und Grundversorgung erachtet werden, müssen dann schließen oder ihre Angestellten in Zwangsurlaub schicken.
Für die Bevölkerung bedeutet das, dass Anträge liegen bleiben oder langsamer bearbeitet werden, Bescheide erst mit Verzögerung ergehen. Regierungsmitarbeiter bekommen kein Gehalt mehr - und ob sie wenigstens nachträglich bezahlt werden, hängt vom jeweiligen Arbeitsvertrag ab. So ist etwa Subunternehmern keine Rückzahlung garantiert. Wer - wie viele Amerikaner - von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck lebt und keine großen Rücklagen hat, kann dadurch schnell in eine existentielle finanzielle Krise geraten.
Möglicherweise kommt es sogar zu Entlassungen bei Bundesbehörden. Das hat jedenfalls schon das Haushaltsamt (OMB) laut US-Medien mehreren Bundesbehörden nahegelegt. Das würde auf der Linie Trumps liegen, der seit Amtsantritt den Staatsapparat massiv verkleinern will. Entlassungen im Zuge des Shutdowns könnte er nun den Demokraten zur Last legen.
Mitarbeiter und Einsatzkräfte in wichtigen Bereichen wie dem Militär, Notfalldienste, die Grenzsicherung oder die Luftsicherung arbeiten während eines "Shutdowns" dagegen zunächst unbezahlt weiter - das Gehalt wird in der Regel nachträglich gezahlt. Kongressmitglieder - und auch der US-Präsident - bekommen weiterhin ihr reguläres Gehalt.
Wer könnte noch betroffen sein?
Touristen aus dem In- und Ausland können ebenfalls betroffen sein. Nationalparks schließen, und in einem Brief an die Parteispitzen im Kongress warnte der US-Reiseverband vor Flugverspätungen und -annullierungen. Die Kosten dieses "völlig vermeidbaren Schlages" bezifferte er auf eine Milliarde US-Dollar pro Woche.
Auch an den Finanzmärkten kann ein "Shutdown" Unruhe stiften. Berenberg-Ökonom Atakan Bakiskan geht davon aus, dass das Weiße Haus eine für Arbeitsmarktstatistiken zuständige Behörde als nicht systemrelevant einstuft und diese ihre Tätigkeiten ab Mittwoch niederlegen müsste. Die Beschäftigungszahlen und Verbraucherpreise könnten dann nicht pünktlich veröffentlicht werden und damit auch die Entscheidung der US-Notenbank beeinflussen. Die Federal Reserve (Fed) überprüft auf Basis der Daten den Leitzins und entscheidet über eine weitere mögliche Zinssenkung.
Ist eine Einigung in letzter Sekunde denkbar?
Darauf deutet nichts hin. Ein Treffen zwischen Trump mit den Parteispitzen aus beiden Kongresskammern ergab keinen Durchbruch. Die Demokraten bestehen auf Zugeständnissen der Regierung im Bereich der Gesundheitsvorsorge. Insbesondere verlangen sie die Rücknahme der jüngsten Kürzungen beim Vorsorgeprogramm für einkommensschwache Menschen (Medicaid). Diese waren Teil von Trumps großem Steuergesetz, das erst im Juli von ihm unterzeichnet wurde.
Trump lehnt es ab, nur wenige Monate nach der Verabschiedung bereits erste Punkte wieder zurückzunehmen. Er behauptet, die Demokraten wollten Millionen für die Gesundheitsversorgung für Migranten ausgeben, die sich illegal im Land aufhalten, und bezeichnet die Forderungen als lächerlich. Die Demokraten weisen das als Unterstellung zurück - Migranten ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung hätten nach geltendem Recht gar keinen Anspruch auf solche Leistungen und sollten sie nach ihren Plänen auch nicht bekommen
Schon einmal kam es unter Trump zu einem Shutdown. In seiner ersten Amtszeit kam der Regierungsbetrieb über den Jahreswechsel 2018/2019 mehr als fünf Wochen lang weitgehend zum Erliegen. Damals stritten Trump und die Demokraten über Milliarden, die Trump für den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko ausgeben wollte. Es war der bislang längste "Shutdown" in der Geschichte der USA.
Wäre ein "Shutdown" auch in Deutschland möglich?
Wenn in Deutschland zu Beginn eines Haushaltsjahres noch kein Bundeshaushalt steht, kommt die sogenannte vorläufige Haushaltsführung ins Spiel. Sie ist im Grundgesetz festgelegt und soll gewährleisten, dass die Bundesregierung handlungsfähig bleibt. "Sämtliche festgelegte Leistungen, wie beispielsweise die Rente, das Kindergeld oder BAföG, werden weiterhin ausgezahlt", heißt es von der Bundesregierung. Auch bereits zugesagte Finanzierungen wie die Militärhilfe an die Ukraine seien dadurch gesichert.
Neue Ausgaben wären indes nur beschränkt möglich - wenn sie "sachlich und zeitlich unabweisbar sind". Die vorläufige Haushaltsführung greift etwa nach Bundestagswahlen, wenn sich eine Regierung erst neu bilden muss und daher die Verabschiedung des neuen Haushaltes ins kommende Jahr verschoben wird.
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