Madagaskars Regierung muss gehen
Tagelang haben in Madagaskar vor allem junge Menschen gegen die Regierung protestiert. Mehrere Demonstranten wurden nach UN-Angaben getötet. Nun zieht Präsident Rajoelina Konsequenzen und entlässt die Regierung.
Nach tagelangen Protesten mit zahlreichen Toten hat Madagaskars Präsident Andry Rajoelina die Regierung entlassen. Premierminister Christian Ntsay und andere Mitglieder des Kabinetts würden aber vorübergehend im Amt bleiben, bis eine neue Regierung gebildet sei, sagte Rajoelina in einer Fernsehansprache.
"Ihre Forderungen wurden gehört, und ich entschuldige mich, wenn es Mitglieder der Regierung gibt, die nicht die Arbeit geleistet haben, die das Volk erwartet hat", sagte Rajoelina. Er bemühe sich, Lösungen zu finden und die Situation zu verbessern. "Wenn das madagassische Volk leidet, möchte ich Ihnen versichern, dass ich diesen Schmerz ebenfalls spüre", sagte er.

Die Protestbewegung fordert bessere Lebensbedingungen in Madagaskar.
Berichte über gewaltsame Proteste
Hunderte meist junge Demonstranten hatten seit Tagen gegen Wasser- und Stromabschaltungen protestiert. Sie versperrten Straßen mit brennenden Reifen und Steinen. Es gab Berichte über Plünderungen in Geschäften und Banken in der Hauptstadt Antananarivo. Mehrere Bahnhöfe des neuen Seilbahnsystems von Madagaskar wurden in Brand gesteckt.
Medien berichteten von Angriffen auf Häuser dreier Politiker mit engen Verbindungen zu Präsident Rajoelina. Die Demonstranten hatten den Rücktritt von Premier Ntsay, aber auch Rajoelinas eigenen Rücktritt gefordert.
Einige Demonstranten hielten Schilder mit dem Slogan "Wir wollen leben, nicht überleben" in die Höhe - eine zentrale Forderung der unter dem Namen "Gen Z" zusammengeschlossenen Protestbewegung.
UN sprechen von mehr als 20 Toten
Die Polizei setzte Gummigeschosse und Tränengas ein. Die Regierung verhängte eine nächtliche Ausgangssperre. Nach UN-Angaben wurden seit Donnerstag mindestens 22 Menschen getötet. Außerdem habe es mehr als 100 Verletzte gegeben, teilte das UN-Menschenrechtsbüro mit.
UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk äußerte sich in einer Erklärung seines Büros "schockiert" über die "gewaltsame Reaktion der Sicherheitskräfte" auf die Proteste, die am Donnerstag begonnen hatten. Zu den Opfern zählen demnach Demonstranten und Passanten, die von den Sicherheitskräfte getötet wurden.

Teilweise errichteten die Demonstranten brennende Barrikaden.
Unter den Getöteten waren Türk zufolge aber auch Menschen, "die bei den darauf folgenden gewalttätigen Ausschreitungen und Plünderungen ums Leben kamen". Diese Ausschreitungen seien "von Einzelpersonen und Banden verübt" worden, die "nichts mit den Demonstranten zu tun hatten".
Madagaskars Außenministerin Rafaravavitafika Rasata wies die UN-Angaben zurück. Eigene Opferzahlen nannte sie nicht. Präsident Rajoelina äußerte sein Mitgefühl für alle, die bei den Protesten Angehörige verloren haben, nannte jedoch ebenfalls keine Opferzahlen.

Kritik an Festnahme eines Abgeordneten
Die Polizei nahm während des Marsches in Antananarivo einen oppositionellen Abgeordneten fest, wie Aufnahmen in Onlinediensten zeigten. Kollegen forderten daraufhin seine Freilassung. Mindestens ein weiterer Demonstrant wurde ebenfalls festgenommen. Türk appellierte daraufhin an die Behörden, "die Achtung der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit zu gewährleisten".
Auch aus der Provinz wurden Unruhen vor Büros des nationalen Wasser- und Stromversorgers gemeldet, den viele Menschen für die Probleme des Landes verantwortlich machen. Wohnungen und Geschäfte sind oft mehr als zwölf Stunden ohne Strom.
Rajoelina ist seit 2019 Präsident. Zuvor stand er nach einem Putsch im Jahr 2009 an der Spitze einer Übergangsregierung. 2023 wurde er erneut gewählt - bei einer Wahl, die von den meisten Oppositionskandidaten boykottiert wurde. Das vor der afrikanischen Ostküste liegende Madagaskar gehört trotz seiner vielen natürlichen Ressourcen zu den ärmsten Ländern der Welt. Fast 75 Prozent der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze.
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