Die gegenseitigen Angriffe in Nahost markieren laut Politikwissenschaftlerin Scheller eine neue Dimension der Eskalation. Aus ihrer Sicht sind derzeit weder eine israelische "Exit-Strategie" noch diplomatische Bemühungen erkennbar.

Die Lage im Nahen Osten eskaliert weiter - und erreicht aus Sicht der Politikwissenschaftlerin Bente Scheller eine neue Dimension. "Die Massivität, mit der Israel von iranischen Raketen getroffen wurde, aber auch umgekehrt der Iran von israelischen Raketen - die Dimension hatten wir zuvor so noch nicht", sagte sie im Interview mit tagesschau24. "Wir befinden uns weiterhin in einer Eskalation und hören keine Töne, wie diese beendet werden könnte."

Nach den Angriffen auf Atomanlagen sehe es laut Scheller jetzt so aus, als solle die iranische Wirtschaft geschwächt werden. "Wir sehen Angriffe auch auf zivile Infrastruktur."

Bente Scheller, Politikwissenschaftlerin, mit Hintergründen nach den Angriffen zwischen Israel und Iran

tagesschau24, 15.06.2025 08:00 Uhr

Irans Atombedrohung - politisches "Lebensziel" Netanjahus

Eine der zentralen Personen in der derzeitigen Eskalation sei der israelische Premier Benjamin Netanjahu. Die Ausschaltung der atomaren Bedrohung durch den Iran sei für ihn so etwas wie ein politisches "Lebensthema", attestiert Scheller. "Ich denke, in der Art und Weise, wie Netanjahu das als Thema immer angeführt hat, kann man davon sprechen, dass er da einen starken Fokus darauf hatte." Natürlich habe diese Fokussierung einen realen und ernsten Hintergrund. "Was hier aber fehlt, ist die Definition eines erreichbaren und dokumentierten Ziels."

Deswegen könnte Netanjahu - "wie bei Gaza im Grunde auch" - irgendwann die Erreichung eines solchen Ziels selbst festlegen und ausrufen. In der derzeitigen Situation sei eine solche "Exit-Strategie" seitens der israelischen Regierung allerdings noch erkennbar, so die Wissenschaftlerin.

Eine "bittere Zeit" für Zivilisten

Mit Blick auf das weitere Vorgehen Israels in der Region werde es aus Schellers Sicht für Zivilisten im Iran, im Gazastreifen, aber auch in Israel wohl eine bittere Zeit werden. "Ich fürchte, wir haben eine Eskalation, bei der viele Hemmschwellen, die es zuvor gegeben hat, gefallen sind." In dieser Konstellation bräuchte es dringend eine diplomatische Lösung oder zumindest Bemühungen um eine solche. "Aber davon sehen wir derzeit noch nicht einmal einen Schatten."

Als entscheidende Größe in solchen Bemühungen sieht Scheller die USA - auch vor dem Hintergrund der nun abgesagten Atomgespräche mit dem Iran, die eigentlich für den Sonntag angesetzt waren. "Ich glaube, dass US-Präsident Trump Donald wirklich interessiert daran ist, manche Abkommen zustande zu bringen." Angesichts der derzeitigen Eskalation sei an Verhandlungen momentan aber nicht zu denken. "Und auch da stellt sich die Frage, ob Israel damit überhaupt zufrieden wäre."

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