Der Klub der grössten westlichen Wirtschaftsmächte ist dieses Jahr 50 geworden. Doch zum Feiern war in Kananaskis niemandem zumute. Kanadas Premierminister und Gipfelgastgeber Mark Carney brachte es auf den Punkt: «Nostalgie ist keine Strategie.»

Man müsse nach vorne schauen, denn die Weltordnung verändere sich. Veränderung ist indes für das, was derzeit geschieht, ein beschönigender Begriff. Er lässt einen geordneten Prozess vermuten. Tatsächlich kollabiert die regelbasierte Weltordnung vor unseren Augen und in kürzester Zeit. Oder sie wird gar aktiv zerstört. Dabei schwingen nach Russland und China nun auch die USA unter Präsident Donald Trump die Abrissbirne.

Brennpunkte überall – Donald Trump oszilliert

Die G7, die noch als G6 weiter tagten nach der vorzeitigen Abreise Trumps, haben noch kein Rezept gegen ihn gefunden. Die Doppelstrategie, dem US-Präsidenten einerseits zu schmeicheln und ihm andererseits mit zuvor abgesprochenen gemeinsamen Positionen gegenüberzutreten, funktioniert nicht. Trump lässt sich unmöglich verlässlich einbinden. Er ändert seine Meinung fast stündlich.

Legende: Im kanadischen Kananaskis kamen die Regierungschefs der westlichen Staatengruppe zusammen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Suzanne Plunkett / Pool Photo via AP

Stichwort Ukraine: Obschon er frustriert scheint über Russlands totalen Unwillen einzulenken, ist ihm im Zweifelsfall der Diktator im Kreml immer noch lieber als seine eigenen Alliierten. Wortreich führte er aus, es sei falsch, dass Wladimir Putin nicht mehr an den G7-Treffen dabei sein dürfe. Er lamentierte so lange darüber, bis ihn Kanadas Premierminister energisch unterbrach. Zwar deutete Trump zu Gipfelbeginn an, die USA könnten nun Hand bieten für eine stärkere Unterstützung der Ukraine und härtere Sanktionen gegen Moskau, wie sie auch der US-Senat fordert. Bloss: Am Ende wollte er davon nichts mehr wissen. Die G7-Sitzung zur Ukraine liess er, wegen seiner vorzeitigen Abreise, ganz sausen.

Stichwort Iran: Auf dem Gipfel erklärte Trump, er setze auf ein Abkommen mit dem Iran. Überraschenderweise unterzeichnete er gar eine G7-Erklärung, die Deeskalation zwischen Israel und dem Iran fordert. Bereits auf dem Rückflug nach Washington wurde er aber wieder zum Wutbürger. Er strebe keine Waffenruhe in Nahost an, mit dem Iran möge er nicht verhandeln und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der davon gesprochen hatte, Trump strebe eine diplomatische Lösung an, habe nichts verstanden.

Sechs Mitglieder hätten es gerne anders

So bleibt vom Gipfel am Ende wenig Zählbares: Beschlüsse zu Themen wie Waldbrandbekämpfung, künstliche Intelligenz oder Sicherstellung der Versorgung mit Seltenen Erden. Dazu eine weiche Deklaration zum israelisch-iranischen Krieg. Aber nichts zum Freihandel, zum Klimaschutz, zur Entwicklungspolitik, zur Ukraine oder zu Gaza.

Damit berauben sich die G7 selber eines Grossteils ihres zuvor oft übermächtigen Einflusses auf das Weltgeschehen. Immerhin hat ihr Gipfeltreffen in Kanada einen pädagogischen Effekt. Es führt aller Welt drastisch vor Augen, warum ebendiese Welt aus dem Lot geraten ist. Sechs der G7-Mitglieder hätten es liebend gerne anders. Doch sie müssen, wohl oder übel, einstweilen an diesem Format festhalten und trotz allem versuchen, die USA als immer noch dominierende westliche Macht halbwegs an Bord zu halten. Die G7 sind beschädigt, doch vorläufig fehlt eine Alternative.

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