Wer darf Atomwaffen haben - und wer nicht?
Israel und die USA haben ihre Militärschläge gegen den Iran damit begründet, dass Teheran eigene Atomwaffen bauen wolle. Aber warum dürfen einige Staaten Atomwaffen haben und andere nicht?
Tatsächlich gibt es in Sachen Atomwaffen eine Art Zweiklassen-Gesellschaft unter den Staaten: Manche dürfen solche besitzen, andere nicht. Den rechtlichen Rahmen für das Verbot, Nuklearwaffen zu entwickeln, liefert der Atomwaffensperrvertrag.
Was ist der Atomwaffensperrvertrag?
Es handelt sich dabei um einen internationalen Vertrag, den die Atommächte USA, die Sowjetunion und das Vereinigte Königreich im Jahr 1968 initiiert haben. 1970 trat die Vereinbarung unter dem Dach der Vereinten Nationen in Kraft. Inzwischen haben 191 Staaten das Abkommen unterzeichnet.
In Deutschland wird der Atomwaffensperrvertrag auch als Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) bezeichnet. Die internationale Bezeichnung lautet Non-Proliferation Treaty (NPT).
Nicht unterzeichnet haben diesen Vertrag Indien, Pakistan, Israel und der Südsudan. Nordkorea hat seine ursprüngliche Unterzeichnung inzwischen zurückgezogen, ist also ausgetreten.
Wie verbindlich ist der Atomwaffensperrvertrag?
Der Atomwaffensperrvertrag ist ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag. Allerdings gibt der Vertrag selbst seinen Vertragsparteien das Recht, davon zurückzutreten, sofern "durch außergewöhnliche, mit dem Inhalt dieses Vertrags zusammenhängende Ereignisse eine Gefährdung der höchsten Interessen ihres Landes eingetreten ist". Dies muss dann lediglich drei Monate vorab mitgeteilt werden.
"Grundsätzlich führt eine wirksame Kündigung eines völkerrechtlichen Vertrages dazu, dass den kündigenden Staat keine Verpflichtungen mehr aus diesem Vertrag treffen", sagt Professor Pierre Thielbörger vom Bochumer Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht. Wer aber Vertragspartei ist, sei an den Vertrag gebunden.
Worum geht es inhaltlich beim Atomwaffensperrvertrag?
Der Vertrag ist streng genommen ein Abrüstungsabkommen: Er soll die Weiterverbreitung von Atomwaffen verhindern und generell auch deren Anzahl reduzieren. In der Präambel verweist der Vertrag auf die "Verwüstung, die ein Atomkrieg über die ganze Menschheit bringen würde" und spricht von der "Notwendigkeit, alle Anstrengungen zur Abwendung der Gefahr eines solchen Krieges zu unternehmen und Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Völker zu ergreifen".
Der Vertrag unterscheidet zwischen "Kernwaffenstaaten" und "Nichtkernwaffenstaaten". Die erstgenannten sind diejenigen Länder, die vor dem 01.01.1967 einen Kernsprengkopf entwickelt und - auch testweise - gezündet haben. Neben den USA, dem Vereinigten Königreich und der Sowjetunion waren das Frankreich und China, die beide 1992 dem Vertrag beigetreten sind. Diese Atommächte sind gleichzeitig die fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat.
Sie verpflichten sich in diesem Vertrag, anderen Staaten keine Kernwaffen "weiterzugeben und einen Nichtkernwaffenstaat weder zu unterstützen noch zu ermutigen noch zu veranlassen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper herzustellen oder sonstwie zu erwerben oder die Verfügungsgewalt darüber zu erlangen".
Außerdem verpflichten sich die Kernwaffenstaaten, komplett nuklear abzurüsten. Eine Frist ist dafür allerdings nicht benannt, womit sich erklären lässt, dass es dazu auch nach Jahrzehnten noch nicht gekommen ist.
Die Nichtkernwaffenstaaten verpflichten sich, keine Kernwaffen herzustellen, anzunehmen oder zu erwerben. Man könnte auch sagen: Sie sollen Nichtkernwaffenstaaten bleiben.
Die friedliche Nutzung der Kernenergie darf und soll sogar kooperativ gefördert werden, das sei Recht eines jeden Staates. Auch das ist eine wesentliche Säule des Atomwaffensperrvertrags.
Welche Staaten haben Atomwaffen?
Gewissermaßen "offiziell" sind die bereits genannten fünf Kernwaffenstaaten des Atomwaffensperrvertrages: USA, Russland (als Nachfolger der UdSSR), das Vereinigte Königreich, China, und Frankreich.
Daneben besitzen auch Indien und Pakistan Atomwaffen. Diese haben sie außerhalb des Atomwaffensperrvertrages entwickelt, dem sie ja nie beigetreten waren. Laut einem aktuellen Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags vergrößern und modernisieren beide Staaten aktuell auch ihre Arsenale. Obwohl Indien nicht Vertragsmitglied ist, hat sich das Land freiwillig verpflichtet, die Prinzipien der Nichtverbreitung von Atomwaffen einzuhalten und keine sensiblen Atomtechnologien zu exportieren.
Zudem ist auch Israel als Atommacht bekannt, obwohl es den Besitz solcher Waffen nie offiziell zugegeben hat. Dennoch gilt dieser als anerkannt. Das Stockholm International Peace Reserach Institute geht davon aus, dass Israel etwa 30 Atombomben zum Abwurf aus Flugzeugen und 50 nukleare Raketensprengköpfe hat.
Im Jahr 2003 hat Nordkorea seinen Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag verkündet. Seit 2012 bezeichnet sich der Staat selbst als Atommacht. 2017 verkündete das Land, erfolgreich eine Wasserstoffbombe getestet zu haben.
"Das Atomprogramm des Iran ist wohl noch nicht beendet, so dass internationale Experten davon ausgehen, dass der Iran bisher nicht über einsatzbereite Atomwaffen verfügt", sagt Völkerrechtsexperte Pierre Thielbörger. "Wie weit das noch entfernt ist, ist umstritten."
Wer wacht über den Atomwaffensperrvertrag?
Der Atomwaffensperrvertrag verpflichtet die Nichtkernwaffenstaaten dazu, mit der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) zusammenzuarbeiten. Sie wacht also über die Einhaltung des Vertrages. "Die IAEA soll unter anderem mit Nichtkernwaffenstaaten durch neue Abkommen Sicherungsmaßnahmen vereinbaren, um zu verhindern, dass Kernkraft über den erlaubten friedlichen Gebrauch hinaus genutzt wird", sagt Thielbörger.
"In der Regel wird zwischen den Staaten und der IAEA vereinbart, dass sie berechtigt ist, die Atomanlagen zu betreten und zu kontrollieren. Bei festgestellten Verstößen kann die IAEA allerdings keine Sanktionen erlassen." Der Iran hatte jüngst angekündigt, die Zusammenarbeit mit der IAEA auszusetzen.
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