Der Wolf, der jetzt mitheult
Der slowakische Ministerpräsident Fico hat eingelenkt und den Weg für das 18. Sanktionspaket gegen Russland freigemacht. In der EU ist man erleichtert - aber auch unzufrieden mit dem Krisenmanagement.
Nicht wie sonst meist im Anzug, sondern in T-Shirt und mit grimmiger Miene präsentierte sich Robert Fico auf seinem Facebook-Kanal. In einer Videobotschaft begründete er sein Nachgeben: Alle Verhandlungsmöglichkeiten seien vorerst ausgeschöpft. Das Beharren auf ihrer Blockade-Position würde die Interessen der Slowakei bedrohen.
Damit beendete die Slowakei eine wochenlange Blockade bei einer Entscheidung für die neuen Sanktionsbeschlüsse gegen Russland. Nun konnten sich die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten einstimmig darauf verständigen, das mittlerweile 18. Sanktionspaket gegen Russland umzusetzen, bestätigte die Außenbeauftragte Kaja Kallas.
"Eines der stärksten" Sanktionspakete
"Das neue Sanktionspaket ist eines der stärksten überhaupt", heißt es in einer schriftlichen Mitteilung der EU-Chefdiplomatin, die über soziale Netzwerke verbreitet wurde. Der Druck auf Russland werde weiter erhöht, erklärte Kallas. Für Moskau müsse ein Ende der Aggression zur einzig verbleibenden Option werden.
Schon beim Juni-Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel hätte das Sanktionspaket beschlossen werden sollen. Die Slowakei legte jedoch ein Veto ein. Sie berief sich dabei auf eigene Energie-Interessen und vertragliche Abhängigkeiten mit Russland. Gefordert wurden langjährige Ausnahmen von einem kompletten Gas-Importverbot aus Russland für die Slowakei.
Diese Ausnahmen sollten noch zehn Jahre gewährt werden, unter anderem, um möglichen Regressforderungen zu entgehen: "Die EU-Bürger wären in diesem Fall die einzigen, die einen Nachteil hätten, nicht Russland", so argumentierte Regierungschef Robert Fico noch am Rande des letzten EU-Gipfels in Brüssel.
Diplomatischer Nachhall der Verzögerung
Die Blockade wurde auch noch beim EU-Außenministertreffen in dieser Woche aufrecht erhalten. Schon zu diesem Zeitpunkt rechneten aber einige EU-Außenminister mit einem Nachgeben der Slowakei, unter anderem Bundesaußenminister Johann Wadephul. Der weitere Verzug bis jetzt hat aber diplomatischen Flurschaden angerichtet.
Die EU stehe damit nicht gut da, erklärte Luxemburgs Europaminister Xaxier Bettel. Normalerweise sei man Ärger von Ungarn gewöhnt, nun war es die Slowakei. "Aber wie soll man draußen jemandem erklären, dass der Beschluss von einem einzigen EU-Mitglied blockiert werden konnte?"
Es habe dann wohl ein Schreiben von Ursula von der Leyen mit Garantien für die Slowakei gegeben, so Bettel. "Schade, dass wir das nicht schon früher erreichen konnten."
Zugeständnisse an die Slowakei
Bezüglich möglicher Zugeständnisse im Gegenzug für ein Veto-Ende heißt es, der Slowakei sei zugesichert worden, dass das Land "keine schwerwiegenden wirtschaftlichen und finanziellen Konsequenzen" befürchten müsse, wenn nach dem Sanktionspaket auch ein kompletter Importstopp von russischem Gas umgesetzt werde.
Genau das sehen die Planungen vor, gegen die sich die Slowakei mit Blick auf vertragliche Bindungen an Russland und die Furcht vor Regresszahlungen gewehrt hatte. Laut EU-Diplomaten hätte Fico zwar den reinen Importstopp nicht blockieren können, der auch mit einer EU-Mehrheitsentscheidung beschlossen werden kann. Das Sanktionspaket als Ganzes jedoch hing auch von Fico ab, der es als Hebel gegen den unliebsamen Plan für einen Gasimportstopp nutzen wollte.
"Es geht um die Sicherheit aller Europäer"
"Um die Voraussetzungen für einen dauerhaften und gerechten Frieden in Europa zu schaffen, ist es grundsätzlich notwendig, den Druck auf Russland zu erhöhen", erklärte Frankreichs Europaminister Benjamin Haddad. "Es geht um die Sicherheit aller Europäer."
Die neuen Russland-Sanktionen seien überfällig, erklärte auch sein polnischer Amtskollege Adam Szlapka, und begrüßte das Nachgeben der Slowakei, um das Paket doch noch durchzubringen. "Russland ist eine Bedrohung und wird es auch bleiben, solange wir beispielsweise fossile Brennstoffe von dort kaufen. Das muss beendet werden. In diese Richtung sollten wir also gehen."
Keine Nutzung von Nord Stream 1 und 2
Das 18. Sanktionspaket soll nicht nur Druck auf die russischen Einkünfte aus dem Verkauf von fossilen Brennstoffen ausüben. Auch eine denkbare Wiederinbetriebnahme der Ostsee-Gaspiplines Nord Stream 1 und 2 soll für die Zukunft ausgeschlossen werden.
Vor allem aber soll verhindert werden, dass sich Investoren aus Drittstaaten dieser Anlagen bemächtigen könnten, um jenseits aller politischen Entscheidungen später einmal - nach einem möglichen Kriegsende - an der EU vorbei groß ins Geschäft mit dem Gastransport aus Russland einzusteigen.
Eine Befürchtung, die von der EU-Kommission schon früher geäußert wurde. Hier sieht Brüssel dringenden Handlungsbedarf. Zwar sind drei der vier Röhren, die von Russland nach Deutschland verlaufen, durch einen Anschlag zerstört worden. Eine Reparatur gilt aber nicht als ausgeschlossen.
EU-Außenminister beschließen 18. Sanktionspaket gegen Russland
tagesschau, 18.07.2025 20:00 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke