Um den Fall ranken sich Gerüchte und Verschwörungstheorien. Nun wird die Frage der Veröffentlichung der Epstein-Akten für US-Präsident Trump immer mehr zum Problem. Warum ist die Sache so brisant?

Die Ausgangslage

Der Finanzinvestor Jeffrey Epstein ist seit sechs Jahren tot. Doch noch heute beschäftigt der Fall des Sexualstraftäters Medien, Justiz, Politik - und ist Motiv zahlreicher Verschwörungserzählungen. Auch US-Präsident Donald Trump muss sich derzeit vermehrt damit auseinandersetzen. Schuld ist er daran allerdings selbst. Trump hatte einst versprochen, geheime Ermittlungsakten zu veröffentlichen - ein Versprechen, das tief in die Welt seiner verschwörungsgläubigen Basis hineinreichte. Doch nun, zurück an der Macht, will er davon nichts mehr wissen. Der Aufschrei unter seinen Unterstützern ist groß.

Trump reagiert wie Trump reagiert: erratisch. Er beschimpft die Basis. Oder klagt. Wegen eines Berichts im Wall Street Journal über seine angeblichen Verbindungen zu Epstein reicht Trump nun eine Milliardenklage ein. Allerdings beantragt das Justizministerium auf Anweisung Trumps auch die Freigabe einiger Unterlagen zur Anklage gegen Epstein im Jahr 2019.

Um was geht es im Fall Epstein?

Der Fall verbindet schwerste Sexualverbrechen mit den obersten Kreisen der amerikanischen Elite. Finanzier Epstein, ein vielfacher Millionär, soll zwischen 2002 und 2005 minderjährige Mädchen mit Geld angelockt und sexuell missbraucht haben. Unterstützt wurde er dabei von seiner langjährigen Partnerin Ghislaine Maxwell. Epstein pflegte enge Kontakte zu Prominenten: Bill Clinton, Bill Gates, Prinz Andrew - aber auch Michael Jackson, Stephen Hawking und David Copperfield tauchten laut Gerichtsakten bei zumindest einer Veranstaltung von ihm auf. Videos zeigen auch Epstein und Trump beim Feiern.

Bereits 2008 hatte Epstein durch einen für ihn vorteilhaften Deal ein Bundesverfahren in Florida umgangen - was ihn für viele zum Symbol einer moralisch und juristisch unantastbaren Elite machte. Der Fall eskalierte 2019, als Epstein nach seiner erneuten Verhaftung tot in seiner Gefängniszelle in New York aufgefunden wurde.

Die Ermittlungen ergaben, dass es sich um Suizid handelte. Die Untersuchung der New Yorker Gerichtsmedizin stützte dies. Minister und hohe Beamte von drei US-Regierungen bekräftigten immer wieder, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass andere Personen an Epsteins Tod beteiligt waren.  Dennoch halten sich Spekulationen hartnäckig. Die Umstände nährten das Misstrauen: In der Todesnacht versäumten Wärter ihre Kontrollgänge, obwohl Epstein einen Monat zuvor bereits einen mutmaßlichen Suizidversuch unternommen hatte.

Was hat das mit Trump zu tun?

Trump und Epstein feierten gemeinsam in den 1990er-Jahren, wie Videoaufnahmen zeigen. Laut Protokollen flog Trump mindestens siebenmal in Epsteins Privatjet. In einem Interview von 2002 nannte er Epstein einen "großartigen Mann" - und sagte über ihn: "Es wird sogar erzählt, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich. Und viele von denen sind eher von der jüngeren Sorte."

2019 distanzierte sich Trump als Präsident von Epstein und erklärte, nichts vom Missbrauch gewusst zu haben. Epstein bezeichnete Trump laut Journalist Michael Wolff später als seinen ehemals "besten Freund" und erhob schwere, aber unbelegte Vorwürfe. Die Mischung aus reichen und mächtigen Männern, einer offenbar laschen Strafverfolgung und einem dubiosen Tod erhöhte den Argwohn.

Was versprach Trump vor der Wahl?

Nach Epsteins Tod zweifelte Trump immer wieder öffentlich an der Suizid-Version - obwohl er als Präsident Zugang zu allen Ermittlungsergebnissen hatte. Vor der Wahl 2024 zeigte er sich dann grundsätzlich offen für eine Freigabe der Akten, was viele Verschwörungstheoretiker in seiner Anhängerschaft begeisterte. Dass er mit Kash Patel und Dan Bongino zwei Anhänger unbelegter Theorien an die Spitze des FBI berief, wurde als Signal gewertet. Doch dann kam die Kehrtwende: Patel und Bongino bestätigten die offizielle Version vom Suizid, Akten würden nicht freigegeben.

Auch Justizministerin Pam Bondi ruderte zurück - obwohl sie zuvor behauptet hatte, eine "Kundenliste" Epsteins liege auf ihrem Schreibtisch. Das Weiße Haus erklärte das mit einem Missverständnis. Trump selbst forderte seine Anhänger derweil auf, Epstein zu vergessen, und nannte den Fall einen "Schwindel".

Wieso hat Trump seine Meinung geändert?

Das ist unklar - und genau das befeuert Spekulationen. Unter Trumps Anhängern fragen sich nun viele, ob ihr Präsident selbst etwas zu verbergen hat. Nach dem Bruch zwischen Trump und Berater Elon Musk schrieb dieser vor einigen Wochen auf X: "Zeit, die wirklich große Bombe platzen zu lassen: @realDonaldTrump ist in den Epstein-Akten." Belege lieferte er nicht.

Dass Trumps Name als Bekannter Epsteins in Ermittlungsunterlagen auftaucht, ist plausibel - ohne dass daraus automatisch Schuld folgt. So wurde er unter anderem auch in Gerichtsdokumenten in harmlosem Zusammenhang genannt. Ob die geheimen Akten des FBI mehr enthalten, ist offen. Trumps Verhalten trägt jedenfalls nicht zur Entkräftung des Verdachts bei. Manche spekulieren, er wolle womöglich andere mächtige Personen schützen.

Warum ist das so brisant?

Die Affäre um Epstein berührt den Kern des von Trump geschürten Selbstverständnisses seiner MAGA-Koalition (Make America Great Again): Trump als Kämpfer des kleinen Mannes gegen eine korrupte Elite, die das Land ausbeutet. Dieses Narrativ war so wirkmächtig, dass es zu seiner Rückkehr ins Weiße Haus beitrug - seine Anhänger glaubten ihm nahezu bedingungslos. Nun aber steht der Verdacht im Raum, Trump könne selbst Teil jenes Systems sein. Das birgt politische Sprengkraft: Zwei zentrale Antriebskräfte seiner Bewegung treffen aufeinander - die Wut auf die Eliten und die Loyalität zum Präsidenten.

Und wie geht es nun weiter?

Trump hat zuletzt versucht, in die Offensive zu gehen und ordnete die Veröffentlichung bestimmter Gerichtsdokumente zu dem Fall an. Dabei geht es um Unterlagen zur Anklage gegen Epstein im Jahr 2019. Betroffen sind die Protokolle der sogenannten Grand Jury. Angaben zu den Opfern sowie "andere persönliche identifizierende Informationen" sollen geschwärzt werden. Es ist nicht absehbar, wie schnell die Unterlagen veröffentlicht werden könnten. Und ob das reicht, seine Anhänger zu besänftigen, ist ebenso unklar.

Der Druck stieg in den vergangenen Tagen deutlich. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, sowie einige konservative Abgeordnete spüren den Unmut in ihren Wahlkreisen und fordern Transparenz - ebenso zahlreiche rechte Influencer. Angesichts ihrer sonst fast bedingungslosen Loyalität gegenüber Trump ist das bemerkenswert. Der ultrakonservative Kommentator Tucker Carlson hatte davor gewarnt, dass Trump als Vertuscher der Verbrechen der Mächtigen angesehen werden könnte.

Tatsächlich riskiert Trump tiefe Risse im Fundament seiner Bewegung - und seine Partei womöglich eine Niederlage bei den Kongresswahlen und damit einen Machtverlust. Und die Demokraten? Die versuchen die Situation zu nutzen und verlangen von der Trump-Regierung die komplette Veröffentlichung sämtlicher Beweise.

Quellen: dpa, ap und AFP

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