Besseres Klinikessen ist möglich – aber Geld fehlt
- Spärliche Budgets für Essen in deutschen Krankenhäusern
- Tatsächlich sind viele vor allem ältere Patienten mangelernährt.
- Krankenhaus: "Das Highlight am Tag ist das Essen"
Die Universitätsklinik Leipzig (UKL) braucht rund 1.300 Mahlzeiten für ihre Patienten und Patientinnen am Tag. Sie werden nach Angaben des größten Krankenhauses in Sachsen nach Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) von einem Dienstleister im sogenannten Cook-and-Chill-Verfahren hergestellt – also gekocht, innerhalb von 90 Minuten auf drei Grad heruntergekühlt und unter Schutzatmosphäre verpackt. Damit bleiben nach Angaben des UKL das Essen und seine Nährstoffe bis 21 Tage haltbar.
Für den Chef des UKL-Ernährungsteams, Lars Selig, sind die Vorteile klar: "Patienten, die schlecht ernährt sind, sind länger im Krankenhaus", sagte der Arzt bei einem Besuch von MDR AKTUELL: Denn gutes und gesundes Essen im Krankenhaus sei für die Genesung der Menschen mit verantwortlich.
Spärliche Budgets in Krankenhäusern
Selig hat es vor allem mit Kranken zu tun, die nicht mehr genug essen und trinken können, die zu viel oder falsch essen, mit Ernährungstherapien. Ein eigenes Team dafür, wie seines mit inzwischen 20 Leuten, haben nach seinen Angaben aber nur etwa zehn Prozent der Krankenhäuser in Deutschland, denn "damit lässt sich nicht viel Geld verdienen".
Insgesamt, schätzt der Leipziger Arzt, seien die Budgets für Verpflegung in deutschen Krankenhäusern "sehr, sehr spärlich". Weil die Krankenkassen das nicht extra finanzierten, gehörten sie zu den Pauschalen wie für Reinigung und andere Nebentätigkeiten der Kliniken. Deren Leitungen müssten also entscheiden, wie sie diese Mittel verteilen. Und das werde zum Problem, "weil Lebensmittel nicht billiger werden" und frische teurer seien als Konserven.
Selig sprach sich bei MDR AKTUELL dafür aus, dass alle Krankenhäuser in Deutschland solche Ernährungsteams bekommen und Mangelernährung stärker wahrgenommen werde. Es sei nicht sinnvoll, dergleichen immer nur als Projekt zu behandeln. Immerhin sei die Entwicklung aber "schon so weit, dass auch die Regierungsebene gemerkt hat, dass Mangelernährung ein Thema ist". Es gebe sogenannte "Qualitätsverträge zur Mangelernährung", mit denen evaluiert werden solle, ob ein Screening im Krankenhaus sinnvoll sei, das dann auch entsprechend vergütet werden könne, "da wir nach wie vor das Problem haben, dass wir Ernährung nicht gut finanziert haben".
Patienten in Kliniken mangelernährt
Erst kürzlich hatte Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) gewarnt, dass viele Patienten in deutschen Krankenhäusern zu wenig Essen bekommen. So gebe es besonders für ältere Patienten zu wenig eiweißreiche Kost, sagte die Sprecherin der DGG, Kristin Häseler-Ouart, dem MDR. Das Problem sei in den vergangenen Jahren nicht mehr ausreichend beachtet worden. Zwar sei Geld im Gesundheitswesen überall knapp, aber beim Thema Mangelernährung im stationären Bereich lohne es sich zu investieren.
Die Oberärztin der Klinik für Geriatrie am Uniklinikum Jena betonte, das Klinikessen liefere für viele Patienten oft nicht die Energiezufuhr, die vor allem schwer kranke Patienten bräuchten, um sich erholen zu können.
Das, was in Krankenhäusern an Kalorien auf dem Teller landet, ist nicht das, was ein schwer kranker Patient braucht.
Bei der Vorstellung des aktuellen Thüringer Krankenhausspiegels, einer Datenbank zum Vergleich von Behandlungsqualitäten, hatte die Expertin kürzlich dazu gesagt: "Wir sind nicht in der Dritten Welt und trotzdem sind unsere Patienten in den Krankenhäusern mangelernährt." Viele verlieren demnach bei stationären Aufenthalten an Gewicht und Muskelmasse.
Ein Verlust an Muskelmasse erhöht nach Angaben der Altersmedizinerin Häseler-Ouart aber das Risiko für Stürze und sei besonders für alte Menschen gefährlich. Schwache oder nachlassende Muskeln führten dazu, dass sie noch weniger selbstständig leben könnten als oft ohnenin schon.
"Das Highlight am Tag ist das Essen"
Dabei sei das Essen für alle Patienten und Patientinnen im Krankenhaus wichtig, sagte der Ernährungsmediziner Selig in Leipzig: "Das Highlight am Tag ist das Essen", da die Menschen sonst oft den Tag über im Bett nur auf Untersuchungen warten und kaum etwas passiert. Doch alle zufrieden zu stellen, also Essen anzubieten, das jeder möge, sei unmöglich. Das gelinge nicht einmal in der Familie. Trotzdem, sagt Selig, werde regelmäßig, auch mit dem Dienstleister und mit Umfragen nach Verbesserungen gesucht.
dpa, MDR AKTUELL (isc, ksc)
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