Bürgergeld kostete 2024 fast 47 Milliarden Euro
Deutschland hat 2024 knapp 47 Milliarden Euro für Bürgergeld-Zahlungen ausgegeben - mehr als im Jahr davor. Die AfD wertet das als "unkontrollierten" Anstieg. Ein Arbeitsmarkt-Experte widerspricht und sieht einen ganz anderen Trend.
Die Bundesrepublik hat im vergangen Jahr 46,9 Milliarden Euro für Bürgergeld-Zahlungen ausgegeben. Das waren rund vier Milliarden Euro mehr als im Jahr zuvor. Der Anstieg betrug demnach circa 9,3 Prozent. Das geht aus einer Antwort des Bundessozialministeriums auf eine kleine Anfrage der AfD hervor.
Insgesamt gab es im Jahr 2024 etwa 5,5 Millionen Menschen, die Bürgergeld bezogen. Dazu zählen auch Kinder und Jugendliche. Knapp vier Millionen Bürgergeld-Bezieher waren sogenannte erwerbsfähige Personen, also Menschen, die grundsätzlich in der Lage sind, mindestens drei Stunden am Tag zu arbeiten.
AfD hat Ausländer im Fokus
Nach Angaben des Sozialministeriums wurden 52,6 Prozent der Gesamtsumme an deutsche Staatsangehörige ausgezahlt, 47,4 Prozent gingen an Menschen ohne deutschen Pass. Diese Aufteilung liegt in etwa auf dem Niveau des Vorjahres.
In der Gruppe der Bezieher ohne deutsche Staatsbürgerschaft sind mehrere Hunderttausend Ukrainerinnen und Ukrainer und deren Kinder, die seit 2022 vor dem russischen Angriffskrieg nach Deutschland geflüchtet sind. An sie flossen 2024 laut Ministerium rund 6,3 Milliarden Euro. An Menschen aus den acht wichtigsten Asylländern - also etwa Afghanistan oder Syrien - wurden demnach 7,4 Milliarden Euro ausgezahlt.
Der AfD-Abgeordnete René Springer kritisierte: "Die Ausgaben beim Bürgergeld schießen weiterhin unkontrolliert in die Höhe." Springer ist zudem der Ansicht, Menschen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, solle der Zugang zum Bürgergeld grundsätzlich verwehrt werden.
Experte erwartet keinen weiteren Anstieg der Kosten
Der Arbeitsmarkt-Experte Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg widerspricht dieser AfD-Interpretation. Der jüngste Anstieg der Gesamtsumme erkläre sich unter anderem mit einer deutlichen Erhöhung der Regelsätze 2023 und 2024 wegen der Inflation. In diesem Jahr folgte eine Nullrunde, dies wird auch für 2026 erwartet.
"Das ist also kein Trend, der absehbar so weiter gehen wird", sagte Weber. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gehe zudem seit Herbst 2024 zurück. Das sei eine Trendwende, so der Wissenschaftler.
Als weiterer Grund für die gestiegenen Ausgaben werden von Experten die höheren Wohnkosten von Bürgergeldempfängern genannt.
Geflüchtete rutschen oft direkt ins Bürgergeld
Auch dass fast die Hälfte der Bürgergeldbezieher Ausländer sind, nennt Weber plausibel. Menschen, die schon in Deutschland beschäftigt waren, hätten bei Arbeitslosigkeit meist zunächst ein Jahr Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung und fänden oft in der Zeit eine neue Beschäftigung. Geflüchtete kämen hingegen unvorbereitet in den deutschen Arbeitsmarkt und starteten mit erheblichen Nachteilen sowie ohne Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung, sagt Weber.
Deshalb sei es wichtig, dass die Menschen im Bürgergeld-Bezug Hilfen für den Start in den Arbeitsmarkt bekämen, forderte der Arbeitsmarkt-Experte. Im System der Leistungen für Asylbewerber sei dies nicht der Fall. "Wir sollten die Grundsicherung nicht als Problem begreifen, sondern als Fitmacher", sagte Weber. "Wir müssen erst einmal investieren, um die Kosten runterzukriegen." Nichts sei so teuer wie strukturelle Arbeitslosigkeit.
Nach IAB-Ergebnissen bedeuten 100.000 Bezieher weniger rund drei Milliarden Euro mehr für die öffentlichen Haushalte. Unter ukrainischen Geflüchteten wächst die Beschäftigungsquote inzwischen - von 24,8 Prozent im Oktober 2023 auf zuletzt 33,2 Prozent.
Die Integration mit Sprachkursen und Qualifizierung sollte jedoch schneller gehen, sagte Weber. Auch der Bundesrechnungshof hatte zuletzt Defizite in der Vermittlung von Menschen im Bürgergeld moniert.
DGB und SoVD warnen vor Neid und Ausgrenzung
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte die AfD-Forderungen und erinnerte daran, dass Deutschland Einwanderung brauche. "Statt sinnvoller Politik gibt es bei der AfD nur Ausgrenzung und Hass, egal ob es dabei um Migrantinnen und Migranten oder Menschen mit berechtigtem Anspruch auf Leistungen des Sozialstaats geht", sagte Vorstandsmitglied Anja Piel. Der soziale Fortschritt sei "das Fundament unserer funktionierenden Demokratie". Deshalb sei es wichtig, dass alle ein Recht auf Absicherung der Existenz in der Not hätten.
Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) widersprach der AfD. Es sei nicht zielführend, gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auszuspielen - ob nun Erwerbstätige gegen Rentner und Menschen im Bürgergeld-Bezug oder Menschen mit und ohne deutschen Pass, erklärte SoVD-Vorstandschefin Michaela Engelmeier. "Das ist sogar brandgefährlich, denn es befeuert die Spaltung der Gesellschaft und dient als giftiger Nährboden für Neiddebatten, Hass und Hetze."
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