Das Bürgergeld hat 2024 insgesamt 46,9 Milliarden Euro gekostet. Die schwarz-rote Koalition will die Ausgaben dafür senken. Wofür wird das Geld genau ausgegeben? Und welche Vorschläge gibt es? Ein Überblick.

Warum gibt es eine neue Diskussion über das Bürgergeld?

Die Debatte um das Bürgergeld hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder erneut angestoßen. Am Sonntag sagte der CSU-Politiker im ZDF: "Es muss endlich dafür gesorgt werden, dass jeder Arbeit annehmen muss, der arbeiten kann." Söder sprach sich auch dafür aus, Ukrainerinnen und Ukrainern, die bereits in Deutschland sind, kein Bürgergeld mehr zu zahlen.

Kanzleramtschef Thorsten Frei hat sich offen für Söders Vorschlag gezeigt. Bei RTL/ntv sagte Frei: "Tatsächlich hat Markus Söder Recht, wenn er sagt, dass wir hier Leistungen ausbringen, wie es kein anderes Land der Erde tut." Das habe auch zu einer schlechteren Integration in den Arbeitsmarkt als in anderen Ländern geführt, so Frei. So arbeite in Deutschland nur jeder dritte erwerbsfähige Ukrainer.

Wie äußern sich andere Politiker dazu?

Bundespolitiker von Union und SPD kündigten mehr Härte gegen Arbeitsverweigerer an. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF, die Ausgaben von rund 47 Milliarden Euro pro Jahr für Bürgergeldzahlungen seien zu hoch: "Diese Zahl muss runter." Jeder kenne Menschen, die Geld bekämen, es aber nicht bräuchten, so der CDU-Politiker. Das gelte in besonderer Weise für Schutzsuchende.

Der CDU-Politiker verwies darauf, dass Menschen aus der Ukraine in Deutschland seltener in Arbeit seien als zum Beispiel in Frankreich, Polen und Tschechien. Das liege aber nicht an den Ukrainerinnen und Ukrainern, "sondern das liegt an unseren eigenen selbstgemachten Regeln", die für alle geändert werden müssten, forderte Kretschmer.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil verwies im Deutschlandfunk darauf, dass neu ankommenden Menschen aus der Ukraine künftig kein Bürgergeld mehr erhalten sollen. Über weitere einzelne Vorschläge für Einsparungen wolle er nicht öffentlich diskutieren.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche dringt auf eine schnelle Reform des Bürgergelds. Das sei in der Koalition mit der SPD verabredet, sagte die CDU-Politikerin am Rande eines Besuchs des Halbleiterkonzerns Infineon in Dresden. "Es muss gelten, dass sich Arbeiten mehr lohnt als zu Hause bleiben", sagte Reiche. "Diejenigen, die zur Arbeit gehen, müssen das Gefühl haben, sie haben am Ende mehr in der Tasche als die, die das nicht tun." Alle, die dies könnten, müssten am Arbeitsmarkt teilnehmen "und sich einen Teil dessen, was sie zum Leben brauchen, eben auch verdienen".

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban sagte dem Redaktionsnetzwerk, die von der schwarz-roten Bundesregierung geplante neue Grundsicherung könne es nur noch für jene geben, die wirklich auf Hilfe angewiesen sind. "Nicht für die, die nicht arbeiten wollen", fügte er hinzu.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Wer das System ausnutzt, dem muss mit klaren Sanktionen begegnet werden."

Wie viel Geld wird für das Bürgergeld ausgegeben?

Die Ausgaben für das Bürgergeld steigen. Im vergangenen Jahr hat der Bund rund vier Milliarden Euro mehr als 2023 für Leistungsberechtigte ausgegeben, nämlich 46,9 Milliarden Euro. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der AfD im Bundestag hervor.

Im Mai 2025 gab es den Angaben zufolge 2,9 Millionen Bedarfsgemeinschaften und 5,3 Millionen Regelleistungsberechtigte. Von den Ausgaben entfielen demnach im Mai 1,6 Milliarden Euro auf die Regelbedarfe. Rund 1,47 Milliarden Euro wurden für Kosten der Unterkunft ausgegeben. Weitere 656 Millionen Euro gingen auf Sozialversicherungsleistungen, Mehrbedarfe und weitere Zahlungsansprüche der Leistungsempfänger zurück.

Das bedeuten die Begriffe Regelleistungsberechtigte sind Personen mit Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialleistungen. Eine Bedarfsgemeinschaft ist eine Gruppe von Personen, die zusammenleben und gemeinsam wirtschaften. Das Einkommen und Vermögen der gesamten Bedarfsgemeinschaft wird berücksichtigt, wenn Sozialleistungen wie das Bürgergeld berechnet werden. Regelbedarfe sind monatliche Beträge, die laufende und einmalige Bedarfe des täglichen Lebens pauschal abdecken sollen. Ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht.

Warum steigen die Kosten?

Mit mehr als 5,5 Millionen Menschen bleibt die Zahl der Bezieher von Bürgergeld und anderen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II auf hohem Niveau. Nach Jahren sinkender Zahlen gab es erstmals 2023 wieder mehr sogenannte Regelleistungsberechtigte - vor allem wegen der starken Fluchtbewegung von Ukrainerinnen und Ukrainern seit Russlands Angriff auf ihr Land.

Deutschland droht das dritte Jahr ohne Wirtschaftswachstum, 2,9 Millionen Menschen sind arbeitslos. Das Entlastungsprogramm der Bundesregierung dürfte nach einer Prognose der Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, "nicht vor Sommer nächsten Jahres" den Arbeitsmarkt wieder mehr in Schwung bringen. 632.000 offene Stellen waren im Juni gemeldet - nicht mal während der Pandemie war die Chance auf einen neuen Job so klein.

Wie will die schwarz-rote Koalition die Ausgaben senken?

Im Koalitionsvertrag heißt es, dass das bisherige Bürgergeldsystem zu einer "neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende" umgebaut werden soll. Vor einer schwarz-roten Spitzenrunde bei Friedrich Merz im Kanzleramt Anfang Juli machten Zahlen zu möglichen Einsparungen beim Bürgergeld die Runde. Das SPD-geführte Bundesfinanzministerium ging demnach von 1,5 Milliarden Euro im nächsten Jahr aus, später sogar von 4,5 Milliarden.

Warum rechnet die Regierung mit sinkenden Kosten?

Vor allem, weil ukrainische Flüchtlinge mit Einreisedatum nach dem 1. April kein Bürgergeld mehr erhalten sollen, sondern laut Koalitionsvertrag Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Arbeitsagentur-Chefin Nahles rechnet dadurch mit 900 Millionen Ersparnis beim Bürgergeld. Die Leistungen sind etwas geringer, die Kosten werden aber vor allem verschoben - der Bund will die dann bei Kommunen und Ländern anfallende Kosten erstatten.

Geplante Verschärfungen der Sanktionen gegen Bürgergeldempfänger, die sich nicht an die Vorschriften hielten, dürften nach Erwartung der Regierung hingegen nur eine zweistellige Millionensumme einsparen.

Der aktuelle Haushaltsentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas klingt allerdings nicht danach. Die Grundsicherung für Arbeitssuchende ist mit einer Rekordsumme von 51,96 Milliarden Euro eingestellt. Beim Bürgergeld selbst steigen die Kosten laut Entwurf um 3,1 auf 29,6 Milliarden Euro. Mit 13 Milliarden beteiligt sich der Bund an den Kosten für Unterkunft und Heizung, 4,1 Milliarden fließen für Eingliederung in Arbeit.

Welche Schritte plant Arbeitsministerin Bas?

Bas hat in Interviews bislang vor allem über "ausbeuterische Strukturen" gesprochen. EU-Bürger würden dabei in Deutschland mit Miniarbeitsverträgen beschäftigt, sodass aufstockendes Bürgergeld fließt. Vor Jobcenter-Beschäftigten umriss die SPD-Chefin Anfang Juli Grundzüge ihres für nach der Sommerpause erwarteten Reformentwurfs. Ganzheitliche Betreuung und Coaching sollten demnach beibehalten werden. Aber: "Auch einfache Tätigkeiten können ein Sprungbrett sein."

Laut Koalitionsvertrag soll Vermittlung Vorrang haben. Aus Sicht der Ampelkoalition war so ein Vorrang noch verantwortlich für einen "Drehtür-Effekt vom Jobcenter zum Aushilfsjob und zurück", wie Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann damals gesagt hatte. Nun soll es strenger zugehen, auch das Vermögen von Betroffenen soll früher angerechnet werden.

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